Eine organisierte Radtour der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), übernachtet wurde in Hotels
Teilnehmer: Susanne und Christian, Angelika und Claus sowie 13 weitere Teilnehmer, Tourenleiter Rainer und drei Begleiter
Vorbereitung:
Fast nicht erforderlich: Susanne war bereits einmal mitgefahren und hatte uns
geworben, wir brauchten uns also nur anzumelden. Und schließlich mussten
wir noch (mit Rädern) zum Startpunkt Dortmund sowie am Ende von Duisburg
nach Paderborn kommen. Da es jeweils einen durchgehenden IC (ohne Umsteigen)
gab, vertrauten wir uns wieder einmal der Deutschen Bahn an.
Um Routen mussten wir uns nicht kümmern, ich nahm trotzdem den "Clausigator"
mit, um die gefahrenen Strecken aufzuzeichnen. Damit können nun weitere
Touren geplant werden.
Mo. 17.7.17 (6 + 40 km)
Um 10:10 Uhr fuhr unser IC in Paderborn ab, eine sehr praktische Zeit, bei
schönem Wetter radelten wir zum Bahnhof. Um 11:14 Uhr sollten wir in Dortmund
ankommen. Da wir beide je ein Buch mit hatten, sollte die Wartezeit bis zum
Treffen dort um 12:30 Uhr kein Problem sein. In Lippstadt stiegen Susanne
und Christian zu, alles klappte prima – bis Hamm. Weit nach der Abfahrtszeit
standen wir immer noch, aber warum? Natürlich hatten wir das Glück, dass
genau in unserem Wagen die
Lautsprecheranlage nicht funktionierte. Keine halbe Stunde später kam der
Zugschaffner und wunderte sich, warum wir noch im Zug saßen. Dieser
Zug würde nicht weiter fahren, wir sollten schnellstmöglich zu Gleis 10
gehen, dort stände ein ICE bereit. Na toll, und was ist mit den Rädern?
Wir gingen dann erstmal auf
Gleis 10, aber ein ICE hat keinen Platz für Räder. Nach dem ICE war ein
IC angekündigt, den wir jedoch verschmähten, weil nebenan ein RE angekündigt
war, der leichteren Einstieg versprach. Er sollte um 11:58 Uhr in Dortmund
sein, also kein Problem. Im Zug erfuhren wir dann erst, dass die Strecke
Hamm-Dortmund komplett gesperrt war und alle Züge über eine eingleisige
Strecke über Hamm-Uentrop umgeleitet wurden. So zockelte der RE mit Tempo
20 bis 50 über die Umleitung und hielt dazu noch ca. fünfmal auf freier
Strecke an. Um 12:35 Uhr waren wir endlich in Dortmund, die Begrüßungsrede
der KAS war bereits verklungen, doch Tourenleiter Rainer stellte nun noch
die Tour vor und erläuterte uns die Regeln beim Radfahren. Dann
startete der Radlertross ...
Heutige Route:
Erstes Ziel war der Phoenixsee, doch dazu mussten wir erst die Innenstadt
durchqueren. An Kreuzungen konnte die gesamte Gruppe zusammenbleiben, da zwei
der Helfer die anderen Fahrzeuge (i. d. R. Autos) anhielten, eine sehr
bequeme Einrichtung! Südlich der zweiten Bahnlinie kamen wir auf einen
schönen Radweg und hatten auch die erste Begegnung mit der Emscher, die
hier noch ein schmaler Bach ist (Quelle in Dortmund-Holzwickede). Dann
lag er vor uns, der See, auf der Nordseite (Südhanglage) mit exklusiver
Villenbebauung, u. a. sollen hier etliche BVB-Profis und -Funktionäre
wohnen. Kaum zu glauben, dass dieser See auf einem ehemaligen
Stahlhüttengelände angelegt worden ist.
Auf der Südseite, wo es eine Flaniermeile gibt und auch Wohnblocks stehen, kehrten wir im Lokal "Wurst mit Soße" ein. Renner war hier die Currywurst. Ich bestellte mit dazu Fritten mit Parmesan und Trüffel-Rahm-Soße, lecker! Bei strahlendem Sonneschein ging es dann weiter, vorbei an der Hörder Burg und der Phoenixhalle, entlang der Emscher. Die A40 wurde unterquert (jetzt wieder Nordseite). An der Emscher tauchte jetzt ein kleines Denkmal für den in diesem Bach ertrunkenen Autor Michael Holzach auf. Drastisch wird einem hier vor Augen geführt, dass die Emscher der Abwasserkanal des Ruhrgebiets war. Die Ufer waren so steil und glitschig, dass sich der Autor nicht mehr aus der Emscher befreien konnte.
Hinter der A45 in Lütgendortmund liegt ein verwunschenes Schloss, Haus Dellwig, unsere nächste Station. Nach einer Umrundung ging es weiter zum Höhepunkt des heutigen Tages: Zeche Zollern, sicherlich die schönste Zeche der Welt! Symmetrischer Aufbau des Geländes einschließlich symmetrischer Fördertürme, Zwiebeltürme mit glasierten grünen Dachziegeln, Zinnen, vergrößerte Giebel, aus Backsteinen gemauerte Verzierungen, dazu zentral eine Maschinenhalle mit einem eindrucksvollen Jugendstilportal: Ästhetik pur!
Hier lernten
wir Anne kennen, die uns durch die Zeche führte und uns die Arbeiter-
und Angestelltenbedingungen lebhaft näher brachte. U. a. wurde uns die
Förderturm-Steuerung erläutert. Nach getaner Arbeit zog sich Anne kurz
um und begleitete uns den Rest der Woche auf unserer Tour.
Jetzt war es nicht mehr weit bis zu unserer heutigen Unterkunft:
Schlosshotel Goldschmieding (Vienna House) in Castrop-Rauxel. In dieser
edlen Herberge haben schon die besten Vereinsmannschaften Europas
übernachtet (u. a. der SCP, BVB, FCB), wie man an den signierten
Vereinswimpeln ablesen konnte. Im Schloss selbst, Haus Goldschmieding,
gibt es einen Rittersaal, der war für unser Abendessen und den anschließenden
Foto-Vortrag reserviert.
Beim anschließend geplanten gemütlichen Beisammensein waren aber alle irgendwie müde, so dass wir beide nach kurzer Zeit als Letzte allein übrig blieben.
Di. 18.7.17 (41 km) Heutige Route:
Der Tag begann mit einem hervorragenden Frühstück
(wiederum im Haus Goldschmieding) – passend zum
gestrigen Abendessen! Da die Abfahrt bereits für 8:30 Uhr angesetzt war, musste
es allerdings sehr früh stattfinden. Die Abfahrtszeit wurde
problemlos eingehalten, zunächst fuhren wir zurück durch den Stadtgarten,
umrundeten Castrop-Rauxels Zentrum und gelangten auf der anderen Seite
direkt auf das Gelände der ehem. Zeche Erin (Irland), das jetzt halb Park,
halb Gewerbegebiet ist.
Kurz dahinter ist bereits die Stadtgrenze zwischen Castrop-Rauxel und Herne.
Und gleich auf Herner Gebiet liegt die nächste ehem. Zeche: Teutoburgia.
An dessen (erhaltenen) Förderturm probte die Feuerwehr gerade einen Höheneinsatz.
Der Zeche Teutoburgia gegenüber liegt auch unsere erste besuchte Arbeitersiedlung:
Siedlung Teutoburgia mit dem fast komplett geschlossenen Teutoburgiahof.
Nach einer weiteren kleinen Siedlung (Voßnacken) näherten wir uns von hinten einem merkwürdigen riesigen Glasgebäude: der Akademie Mont-Cenis, erbaut auf der ehem. Zeche Mont-Cenis. In der quaderförmigen äußeren Glashülle sind mehrere Gebäude untergebracht, die nicht gegen Regen geschützt werden müssen, i. d. R. aus Holz gebaut sind (Tagungsräume, Hotel, Geschäfte ...).
Die Akademie Mont-Cenis
liegt im Stadtteil Sodingen, im anschließenden Volkspark Sodingen steht der
Kaiser-Wilhelm-Turm, ein Wasserturm, der die Zeche Mont-Cenis einmal versorgt
hat.
In Gerthe befanden wir uns bereits auf Bochumer Gebiet, hier passierten wir
die ehem. Zeche Lothringen, auf dessen (kleiner) Halde gibt es
eine Landmarke aus drei Schornsteinskulpturen:
die "drei großen Herren", die uns ein Stück begleiteten. Auf dem Weg zum
Zentrum von Bochum, das südlich der A40 liegt, passiert man das Deutsche
Bergbaumuseum, das auf dieser Tour nicht besucht wurde. In der Nähe des
Bochumer Rathauses (modern) besuchten wir die Christuskirche, von der
nur noch der Turm steht. Im Inneren des Portals sind (in Mosaik) die Länder
aufgeführt, gegen die Deutschland Krieg geführt hat (25). Zur Kulturhauptstadt
2010 wurde dagegen der Platz vor der Kirche zum Platz des europäischen Versprechens
gestaltet, indem große Tafeln mit Namen ihren Willen zum europäischen Frieden
bekunden.
Von der Stadtmitte ging es in den Bochumer Westpark, der auf dem Gelände
des früheren Stahlwerks "Bochumer Verein" entstanden ist. Das längst
stillgelegte Stahlwerk ist berühmt für den erstmalig hergestellten
Gussstahl. Das imposanteste
Gebäude ist die "Jahrhunderthalle" (frühere Gebläsemaschinenhalle für die
Hochöfen), in der wir eine kleine Führung bekamen.
Klein deshalb, weil ein großer Teil der Halle im Sommer von der
Ruhrtriiiennale belegt ist und nicht besichtigt (und fotgrafiert) werden
darf. In der zugehörigen "Künstlerkantine" gab es einen leckeren Mittagsimbiss
und auch Zeit zum Ausruhen.
Dann ging's ab auf die Erzbahntrasse, früher eine Eisenbahnstrecke, heute ein
wunderschöner Radweg. Von dieser gab es einen Abstecher zu einer weiteren
berühmten Arbeitersiedlung: Dahlhauser Heide. Hier wohnten jedoch nicht Arbeiter
des Bochumer Vereins, sondern bereits Beschäftigte der Krupp-Zechen. Es gibt
einfache Häuser mit kleinen Nutzgärten, aber auch Mehrfamilienhäuser mit
Komfort ("Beamtenhof").
Die erste Krupp-Zeche lernten wir gleich im Anschluss kennen: die ehem. Zeche
Hannover. Der Museumsdirektor führte uns persönlich das Gelände. Das besondere
an der Zeche ist der gemauerte und geschlossenene Förderturm, ein sogenannter
Malakow-Turm. Ebenfalls auf dem Zechengelände ist eine Kinderzeche: die Zeche
Knirps mit einem Malakow-Turm aus Holz.
Anschließend fuhren wir wieder auf die Erzbahntrasse. Und schon nach kurzer
Zeit lag sie vor uns, die berühmteste Bude des Ruhrgebiets: "Holgers Erzbahnbude",
der Treffpunkt aller Radfahrer des Ruhrgebiets. Hier gibt es alles, was
das Radlerherz begehrt, Essen und Trinken sowieso, aber auch Fahrrad-Ersatzteile
und notfalls auch fachkundige Hilfe.
Nachdem wir uns hier ausgiebig gestärkt
hatten, bogen wir ab auf eine andere Bahntrasse: die Kray-Wanner-Bahn,
auf der wir bis hinter Ückendorf (Gelsenkirchen) blieben. Jetzt waren wir
schon dicht bei unserer Unterkunft, besichtigten aber vorher noch den
Wissenschaftspark Gelsenkirchen, der auf dem Gelände eines ehemaligen Gußstahlwerks
entstanden ist. Das 300 m lange Gebäude hat auf der Westseite eine schräge
Glasfront, die für wunderbare Lichtverhältnisse sorgt. So war gerade auf
der gesamten Länge eine interessante Fotoausstellung zu bewundern.
Nun ging's zur 500 m entfernten Unterkunft, dem Tagungshotel "Lichthof", dessen
Foyer seinem Namen Lichthof alle Ehre machte. Für das Abendessen (externer Caterer)
wurden wir vor die Wahl gestellt: erst duschen und dann essen – oder umgekehrt.
Es hätte uns stutzig machen sollen, dass alle erfahrenenen Reisetelnehmer erst
zum Essen gingen ...
Als wir nach dem Duschen zum Essen kamen, gab es nur noch vegetarische Spaghetti und
Salatreste, alles andere war aufgegessen. Gut dass wir bereits mittags was ordentliches
hatten.
Trotzdem ließen wir uns nicht abhalten, mir Rainer eine Wanderung durch den
Gelsenkirchener Urwald zur Halde Rheinelbe (110 m) zu machen. Gekrönt wird die
Halde durch die Landmarke "Himmelstreppe", die malerisch vom warmen Abendsonnenlicht
angestrahlt wurde. Von der Halde hat man eine herrliche Rundumsicht: man kann sowohl
den Dortmunder "Florian" sowie (in der entgegengesetzten Richtung) den Oberhausener
Gasometer erkennen. Dazu viele Landmarken, Zechen mit Fördertürmen und sonstige
Industrieanlagen. Und ganz leichte Schleierwolken bescherten einen herrlichen
Sonnenuntergang.
Als die Sonne ganz verschwunden war, machten wir uns auf den Rückweg, passierten
dabei die Forststation Rheinelbe und trafen kurz danach sogar den Förster, der
ein alter Bekannter von Rainer ist. Die Lichthof-Terrasse war zum Glück auch noch
offen, so dass wir uns noch ein Abschlussbier (König Ludwig Hell) gönnen konnten.
Mi. 19.7.17 (40 km)
Heutige Route:
Heute war die Abfahrt für 8:45 Uhr vorgesehen. Als wir allerdings gegen 7:15 Uhr
frühstücken wollten, erlebten wir eine Überraschung: Frühstück gibt es erst ab 7:30 Uhr
und der Raum war noch verschlossen. Zeit für einen kleinen Spaziergang durch den
Rheinelbe-Park bis hin zum Wissenschaftspark. Nach dem mageren Abendessen gestern
erwarteten wir beim Frühstück auch nichts besonderes, doch diesmal wurden wir
angenehm überrascht: es gab sowohl leckeres Müsli als auch gut gewürztes
Rührei und auch sonst alles, was das (Frühstücks-) Herz begehrt. Nach der
Abfahrt ging es als erstes wieder auf die Radweg Kray-Wanner-Bahn und darauf
zur ersten Zeche für heute: Zeche Zollverein Schacht 3/7/10.
Auf dem Nordsternweg ging es weiter zu deren nächsten Schächten: Schacht 1/2/8,
hier ist auch das pact Zollverein sowie ein Museum. Aus diesem stürmte
wutentbrannt Frau Richter und wollte uns samt Rädern von dieser Stelle
vertreiben. Warum blieb völlig unklar. Wir zogen uns ein wenig zurück
und entschärften so die Situation.
Jetzt lag auch schon das Hauptgelände der Zeche Zollverein mit Schacht 12,
Ruhrmuseum und Kokerei vor uns. Rainer gab uns als erstes eine Einführung in die
Ähsthetik der Gebäude. Dann gaben wir unser Gepäck ab und guckten im Ruhrmuseum
den 360°-Imagefilm für das Ruhrgebiet. Durch die hochautomatisierte Kohlewäsche
querten wir das Gebäude und stiegen auf die Panorama-Dachterrasse. Nach Osten
ist die Himmelstreppe erkennbar, der Gasometer im Westen war bereits deutlich näher.
Auch die Skyline der Essener Innenstadt ist eindrucksvoll. Am auffälligsten ist
jedoch, dass jedes Gebäude, jede Halde aus üppigem Grün heraus ragt. Beim
Abstieg warfen wir noch einen Blick auf das Kunstprojekt Treppenbeleuchtung.
Von hier gingen wir zur Sonderausstellung "Essen, Grüne Hauptstadt Europas 2017" in der ehem. Mechanischen Werkstatt, in der uns Prof. Grütter, der Leiter des Ruhrmusums, einen launigen Vortrag über den Strukturwandel Essens hielt. Mit den Rädern fuhren wir anschließend rüber zur Kokerei, wo wir dann in der "kokerei" unser Mittagessen unter der Druckmaschine (drückt den Koks aus den 304 Öfen) einnahmen. Dabei bot sich auch Gelegenheit zur Besichtigung des (oder Baden im) "Werksschwimmbad" oder auch des Sonnenrads, einem Riesenrad auf dem Gebäude.
Da inzwischen die Hitze unerträglich geworden war, wurde auf das Besteigen der Schurenbachhalde verzichtet, auf der eine Bramme als Landmarke steht. Während sich der Himmel langsam zuzog, steuerten wir ein weiteres Kunstobjekt an: "Warten auf den Fluss" (Emscher), das zur Ruhrhauptstadt 2010 entstanden war. Eshandelt sich um eine S-förmige Brücke mit drei Auslegern, in denen man übernachten kann (bis 8 Personen). Küche, Bad und Arbeitszimmer sind auch vorhanden. Und alles ist komplett aus Holz. Hier erzählte uns Essens Umweltdezernentin, wie es ihr gelungen war, Essen zur Grünen Hauptstadt Europas zu machen.
Während ihres Vortrags brach das Gewitter los. Wir retteten die letzten
Wasser-empfindlichen Sachen und warteten im Arbeitszimmer (mit Bibliothek)
das Unwetter in Ruhe ab. Als das Gedonner aufgehört hatte (aber noch nicht
der Regen), fuhren wir weiter zu einem Kunstwerk, dem Karbon-Obelisk, der
direkt am Emscher-Radweg steht. Hier nahmen wir auch noch eine Geruchsprobe
der Emscher, die hier derzeit noch als Abwasserkanal dient. Wir fuhren jedoch
weiter am Rhein-Herne-Kanal, der Regen hatte inzwischen auch aufgehört. Den
Bottroper Hafen muss man großzügig umfahren, dabei kommt man durch den
Berne-Park, einer renaturierten Kläranlage. In einem der Klärbecken ist
jetzt das "Theater der Pflanzen" und an dessen Rand kann man in Röhren
übernachten. An einem Infostand informiert über eine "Notrufnummer" Herbert
Knebel über die Möglichkeiten im Park.
Der Rhein-Herne-Kanal musste nun umständlich überquert werden und wir kamen
immer mehr in Zeitverzug, wollten wir uns doch heute Abend mit unseren
Freunden aus Essen treffen. Auf vielen Radwegen im Grünen näherten wir uns
der Essener Innenstadt, ein platter Reifen hielt uns zusätzlich auf, so dass
wir unser Treffen telefonisch nach hinten verschoben.
Den schönen Radweg Rheinische Bahn erreichten wir an der Stelle, wo der Niederfeldsee überquert wird. Auf den neuen Krupp-Park (rechterhand) warfen wir nur einen kurzen Blick, und bald waren wir im Stadtkern. Hier hat Essen keine Radwege und ist zudem ziemlich hügelig. Der Hauptbahnhof wurde unter- und die A40 überquert, dann ging es über viele kleine Straßen noch ein gutes Stück bis zu unserem Hotel "Franz" in der Steeler Straße. Diese Straße hat die traurige Berühmtheit, die höchste Feinstaubbelastung in Essen zu haben (allerdings nicht hier draußen, sondern näher zur Innenstadt). Weil wir so hungrig waren und auch nicht mehr viel Zeit bis zu unserem (privaten) Treffen hatten, aßen wir gleich als erstes. Hier gab es alledings keinen Mangel und alles war sehr lecker. In Windeseile wurde dann noch geduscht. Kaum wieder im Hotelfoyer angekommen tauchten auch schon unsere Freunde auf und wir setzten uns in den gemütlichen (offenen) Innenhof des Hotels – bei Bier und Cocktails. Ein schöner Abend, u. a. wurde eine Männer-Radtour geplant. Die anderen Teilnehmer sahen zu der Zeit den Film "Grüne Hauptstadt Essen", den unsere Freunde auf DVD haben. Wir verpassten also nichts.
Do. 20.7.17 (38 km) Heutige Route:
Und wieder gab es Frühstück vom Feinsten! Und die Abfahrt war auch erst um 9 Uhr,
so dass wir in aller Ruhe genießen konnten, zumal es nach dem zweiten Gewitter
heute Nacht noch kräftig regnete. Bei der Abfahrt erwarteten uns allerdings
zwei Überraschungen: kein Regen mehr, dafür
ein weiterer Plattfuß, diesmal bei einem Tourbegleiter. Nach
etwas Watezeit konnte sich der Tross in Bewegung setzen, der Stadtkern wurde
südlich umrundet. Noch weiter südlich stießen wir auf den Radweg Annental, der
in den Radweg Gruga-Heißen überging und uns zu unserem ersten Ziel, der Siedlung
Margarethenhöhe (Stiftung von Margarethe Krupp), führte. Über
Brückenkopf, Steile Straße und Trautes Heim fuhren
wir bis zum Kleinen Markt, an dessen Kopfende ein Edeka am Fußende ein repäsentatives
Gasthaus liegt. Die Seiten sind durch hübsche Einfamilien-Reihenhäuser gerahmt.
Die Siedlung verließen wir über das Tal des Kesselbachs und des Borbecker Mühlenbachs, beides bereits renaturierte Zuflüsse der Emscher. Der Radweg Gruga-Heißen heißt jetzt Grugaradweg und brachte uns im Bogen wieder auf den Radweg Rheinische Bahn, den wir gestern an anderer Stelle befahren hatten. Nur hier ist der Radweg bereits als erster deutscher Rad-Schnellweg ausgebaut und wird auch als RS1 bezeichnet. Es handelt sich sozusagen um eine kreuzungsfreie "Fahrrad-Autobahn". Das Ziel ist, dass Studenten der Uni Dortmund, die in Duisburg wohnen, mit dem Rad zur Uni fahren können.
In Mühlheim-Zentrum ist der Ausbau zu Ende, doch die Eröffnung des nächsten Abschnitts steht unmittelbar bevor. Über die Bedeutung des RS1 und die Innenstadtentwicklung der Stadt Mühlheim hörten wir hier einen Vortrag und besichtigten auch einige bereits veränderte Stellen. Jetzt stand das Mittagessen an, und zwar beim Italiener "Mezzomar" (Spaghetti und Pizza mit Salat).
Schön ist Mühlheim nicht, doch es hat eine Schokoladenseite: das Ruhrufer mit Ruhrinsel und MüGa-Gelände. Hier trifft der Ruhrtal-Radweg (später) auf den RS1. Über die Styrumer Brücke überquerten wir die Ruhr, dabei hat man die Friedrich-Wilhelms-Hütte und Thyssen-Krupp im Blick. Etwas fürs Auge ist auch der Aquarius Wasserturm, hinter dem der Schlosspark Styrum mit zugehörigem Schloss beginnt. Nun waren Bahn und A40 zu überqueren, und wir fuhren weit bis in den Oberhausener Norden. Von der sogenannten "Henkelmann-Brücke" – hier ließen die Arbeiterfrauen ihren Männern das Essen herunter – hat man den Ausblick über das Gelände der ehem. Gutehoffnungshütte, nur wenige Eckpunkte sind noch erkennbar: Wasserturm, Turbinenhalle und Gasometer. Dieser Gasometer war unser nächstes Ziel.
Nachdem Räder und Gepäck verstaut waren, erläuterte uns Rainer zunächst den Aufbau und das Prinzip des Gasometers. Auch im Erdgeschoss waren bereits Teile der Ausstellung "Wunder der Natur" zu bewundern. Eine Treppe hoch im 1. Stock war der Hauptteil der Ausstellung sowie auch die schwebende 20 Meter große Erdkugel. Diese Etage hoben wir uns für später auf und fuhren mit dem innen liegenden, gläsernen Lift an der Erdkugel vorbei zum Dach des Gasometers, auf dem uns natürlich wieder eine herrliche Aussicht erwartete. "Alles wasse siehs iss Oberhausen" stimmt natürlich nicht, auch Essen und Duisburg sind wunderbar zu sehen, beeindruckend aber auch die stark genutzten Verkehrswege (Bahn, A42, Rhein-Herne-Kanal) am Fuße des Gasometers. Die Veränderung der Gutehoffnungshütte ist mit der "Neuen Mitte" (Centro, Abenteuer-Park usw.) ebenfalls gut nachzuvollziehen.
Nun blieb noch viel Zeit für die Ausstellung. Auf einer breiten Treppentribüne unterhalb der Erdkugel waren Liegesäcke verteilt, von denen man die Projektion der verschiedenen Tages- und Jahreszeiten (mit Erdatmosphäre) auf diese "Erde" wie ein Beobachter aus dem Weltraum verfolgen konnte. Ob ich das aber komplett verfolgt habe, kann ich nicht sagen, dazu waren die Liegesäcke einfach zu gemütlich.
Als wir weiter fuhren, steuerten wir zunächst die "Neue Mitte" an. Rainer
erläuterte uns, welche Probleme durch eine Verschiebung der Mitte entstehen.
Auf der anderen Seite des Rhein-Herne-Kanals fuhren wir nun zum einzigen
Bauernhof auf dem Gelände der ehem. Gutehoffnungshütte, in dem sich
heute ein Info-Zentrum des Emscher-Landschaftspark befindet. Nach dessen
Besuch ging es auf ziemlich direktem Weg zu unserem (NH-) Hotel.
Nach einer Duschpause trafen wir uns wieder, um zu Fuß zum Restaurant Gdanska
am Altmarkt zu gehen. Hier gab es leckeres polnisches Essen (Bigos und Pirogen)
sowie leckeres polnisches Bier (Zywiec und Tyskie).
Wir belegten drei große Tische draußen und ließen uns auch nicht von
einem kurzen Schauer vertreiben (Sonnenschirme). Als wir den Fußweg
zurück auch noch geschafft hatten, sanken wir müde und zufrieden ins Bett.
Fr. 21.7.17 (34 + 6 km) Heutige Route:
Auch im NH-Hotel gab es ein ausgezeichnetes Frühstück – und keinen Platten, als
wir los wollten (8:30 Uhr). Auch das Wetter zeigte sich wieder von seiner
besten Seite. Erstes Ziel war noch einmal die "Neue Mitte", die wir nun von unten
anschauten und erklärt bekamen (unser Tourenleiter kommt aus Oberhausen). Dann
ging's über den Rhein-Herne-Kanal und vorbei am Klärbecken der Zeche Osterfeld
zum Olga-Park (Oberhausener Landesgartenschau). Mitten drin ein moderner
Aussichtsturm, den wir natürlich bestiegen. Und nicht weit von hier
liegt die Siedlung Eisenheim, unser nächster Programmpunkt.
Über schöne Radwege verließen wir dann die Nordseite der Emscher und radelten ein Stück am Rhein-Herne-Kanal, als plötzlich eine ungewöhnliche Brücke über den Kanal auftauchte: die "Sinky Springs to Fame", eine komplett in eine Spirale gepackte Brücke mit farbigen, weichen Belägen. Beim Darübergehen fängt die Spirale an zu schwingen.
Vermutlich auf dem Emscher-Radweg ("Grüner Pfad") ging es nun nach Westen, die Grenze zwischen Oberhausen und Duisburg wird unmerklich passiert. Direkt am Radweg liegt hier der Landschaftspark Duisburg-Nord, rund um ein stillgelegtes Hüttenwerk. Hier stehen noch zwei Hochöfen, die zunächst erklärt wurden (u. a. "Hochofenabstichlochbohrer" und "Stichlochstopfmaschine"), dann wurde der westlichere Hochofen bestiegen (Hochofen 5). Da man auf der Außenseite über Treppen bis in 70 Meter Höhe steigt, ist dies nur etwas für Schwindelfreie. Von oben konnten die anderen Einrichtungen (Kraftzentrale, Winderhitzer, Schrägaufzug, Möllerbunker) gut erklärt werden, aber die Aussicht reicht bis weit hinter den Rhein.
Und der Rhein wurde jetzt auch per Rad angestrebt, zunächst über den Sinterweg, später entlang einer Bahnstreche bis Duisburg-Beeckerwerth. Hier gelangt man auf den Rheindeich. Dadurch dass der Rhein hier gerade einen Bogen macht, hat man eine weite Aussicht auf den Strom und den regen Schiffsverkehr. Auf dem Deich fuhren wir nun flussaufwärts und überquerten dabei bereits den ersten Hafen: den Eisenbahnhafen. Am Hafenmund de Südhafens gab es die nächste Erklärung. In der Hafenstraße passierten wir das Wohnhaus von Franz Haniel (kein Vergleich zu der protzigen Villa Hügel von Herrn Krupp), heute ein Museum, bevor wir den Südhafen hinter dem Haus der tausend Fenster überquerten. Es folgt der Hafenkanal mit den meisten Hafenbecken und direkt danach wird die Ruhr überquert, die hier in den Rhein mündet. Jetzt war es nur noch ein kurzes Stück bis zu unserem heutigen Mittagsziel, doch dabei wird noch ein weiterer Hafen überquert, der Innenhafen. Das Mittagessen gab es im integrativen Restaurant "Der kleine Prinz" und war überaus lecker.
Die letzte Etappe der Tour führte uns noch einmal zum neu gestalteten
Innenhafen zurück, Strukturwandel zum Erleben! Nachdem das Gelände jahrelang
brach gelegen, brachte ein namhafter britischer Architekt den Wandel zu
einem Dienstleistungs- und Erholungszentrum nahe der Duisburger Innenstadt.
Und sowohl ein Bürogebäude als auch die neue Synagoge wurden fünffingerig
gestaltet. Beim Halt im Hafenforum wurden alle Teilnehmer zu einer Touren-
und Lehrgangskritik aufgefordert – es gab ausschließlich
(verdientes) Lob! Doch vor dem Bahnhof gab es noch einen weiteren
Höhepunkt: das Museum Küppersmühle für Moderne Kunst. In einem ehemaligen
Getreidespeicher ist hier ein Kunstmuseum entstanden, das mit dem MoMA in
New York konkurriert.
Nun waren wir fast am Bahnhof. Dort wurde noch ein Erinnerungsfoto
geschossen und das Reisegepäck verteilt, bevor Abschied genommen werden
musste ...
Susanne und Christian fuhren nicht mit unserem IC zurück, da die
Haltepunkte zu weit in der Ferne von Verne liegen. Wir sahen beide
noch auf dem Nachbarbahnsteig.
Im Gegensatz zur Hinfahrt war der IC pünktlich und gab das auch bis
Paderborn nicht auf. Gut dass wir reservierte Sitzplätze hatten, denn
der Zug (Freitag Nachmittag) war sehr voll. Bei der Fahrt vom Bahnhof
nach Hause merkten wir, dass nach fünf Tagen Radfahren
im Ruhrgebiet das Radfahren in Paderborn durchaus
nicht besser ist (spricht für die Rad-Infrastruktur im Ruhrgebiet).
Fazit:
Die Tour war perfekt organisiert, ein Lob und Dank an die vier
Ausrichter von der KAS! Unterkünfte und Essen waren ausgezeichnet
(letzteres mit einer kleinen Ausnahme), die Radstrecken waren toll
ausgewählt, wobei ich mich immer noch wundere, dass Rainer jeden Weg
gefunden hat. Dem Charakter des Bildungsurlaubs bleibt geschuldet,
dass keinerlei Freizeit übrig blieb. Aber was wir alles gesehen und gelernt haben, ist
kaum zu fassen und muss noch in Ruhe verarbeitet werden (u. a. durch
diesen Bericht). Wunderbare fünf Tage liegen hinter uns!