Hessische Bergstraße und Oberrheinische Tiefebene - April 2003

Frohe Ostern in Jugenheim Eine selbstorganisierte Kombination aus Radreise und Besuch bei Freunden mit Zugan- und -rückfahrt, übernachtet wurde in Pension/Hotel und privat

Teilnehmer: Angelika und Claus

Vorbereitung:
Zur Kur fahren und außergewöhnlich nette Menschen kennen lernen, Zimmer buchen (Januar) und rechtzeitig Fahrkarten mit Fahrradreservierung kaufen (8 Wochen vorher).
Als Kartenmaterial wurden die Aldi-Karten verwendet (das sind die alten ADFC-Radwanderkarten ohne Kartondeckel, 1:150000).

Di. 22.4.03 (32 km)
Seit Beginn der Osterferien war bestes Wetter in Deutschland, so hatten wir doch Bedenken, dass wir mit der zweiten Woche diesmal die falsche Woche gewählt hatten. Aber auch am Dienstagmorgen war es in Paderborn schön, als wir zu unserem IC zum Bahnhof radelten. Einige wenige Radler waren mit im Zug, einer gab uns noch die letzten Hinweise zur Hessischen Bergstraße (Botanischer Garten in Weinheim). Trotz dreimaligem Umsteigen klappte alles gut, erst der Bummelzug ab Frankfurt kam nicht in Gang. Da es sich sowieso zugezogen hatte, stiegen wir nicht wie geplant in Darmstadt, sondern erst in Eberstadt aus. Es war schwül und tröpfelte hin und wieder. Jugenheim war der erste hübsche Ort an der Bergstraße. Hier konnte man auch die Hauptstraße verlassen und durch ruhige Nebenstraßen fahren. Kurz vor Zwingenberg erreichten wir die Hauptstraße wieder, um dann nach links in die am Hang liegende Altstadt abzubiegen. Ein italienisches Cafe lud zu einem Capuccino ein. Währenddessen ging aber ein Gewitterguss hernieder und wir schoben noch einen Eisbecher nach.
Als es wieder trocken war, gingen wir zu Fuß zur Altstadt hoch. Direkt neben der evangelischen Kirche verfehlte uns plötzlich ein Blitz um nur etwa 10 Meter. Rasend flüchteten wir wieder in die Unterstadt. Es begann zwar wieder ein wenig zu tröpfeln, doch wir hatten keine Lust, noch länger herumzustehen/sitzen.
Der nächste schöne Ort war Bensheim, in dem wir ebenfalls die Altstadt zu Fuß erforschten. Als wir dann weiterfuhren, hörte der Regen ganz auf und die Sonne kam wieder heraus.
Jetzt war es auch nicht mehr weit zu unserem heutigen Ziel: Heppenheim. Links von der Hauptstraße fährt man erst durch die Fußgängerzone, um dann in die steil aufsteigende Altstadt zu gelangen. Unser ausgesuchtes Quartier, die "Gut Stubb", lag direkt neben dem Dom, doch zum Glück schlugen die Glocken nur ein Mal in der Stunde. Wir bekamen auch das schönste Zimmer, ganz oben mit Balkon, auf den wir uns auch erstmal in die Abendsonne setzten.
Danach der übliche Rundgang durch die niedliche Altstadt, Essen bekamen wir in einem Bistro, in dem der Spargel alle war (den sollten wir auf dieser Reise aber noch bekommen). Auch nach dem Essen bummelten wir noch etwas, um dann in einer Einheimischen-Gaststätte mit Wasser, Bier und Wein den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Mit vier alleinreisenden Mädchen kamen wir zusammen wieder in unserer "Gut Stubb" an.

Mi. 23.4.03 (61 km)

Schloss von Weinheim Weinheim

Das Frühstück war einfach. An der B3 fuhren wir dann bis Weinheim, vielleicht die sehenswerteste Stadt an der Bergstraße. Eine sehr schöne Altstadt mit Schloss, Türmen, Plätzen, Gerberviertel (Judengasse) und ein botanischer Kräutergarten.

Judengasse im Gerberviertel

Anschließend fuhren wir auf Empfehlung eine schöne Nebenstrecke halb am Hang bis Hirschberg, dann folgten Radwege durch die (ebenen) Felder bis Ladenburg. Durch diese 1900jährige Stadt machten wir einen langen Rundgang, auch diese Stadt ist eine echte Perle.

Gasse in Ladenburg Marktplatz von Ladenburg

Anschließend stärkten wir uns mit Kaffee und Kuchen (natürlich im Freien), bevor wir über die Eisenbahnbrücke den Neckar überquerten.
In Friedrichsfeld am Eisenbahnkreuz kamen wir mit der Richtung völlig durcheinander. Kurz vor Heidelberg bemerkten wir den Irrtum und legten uns in eine scharfe Rechtskurve über Grenzhof nach Schwetzingen. Als wir vor dem Schloss standen, hatten wir die Wahl, für den Park Eintritt zu bezahlen oder weiterzufahren. Gut, dass wir Eintritt bezahlt haben. Unser Barockgarten in Schloss Neuhaus ist ein Kleingarten gegen diesen Park.

Schlosspark Schwetzingen

In dem Park gibt es auch noch eine ausgewachsene Moschee (derzeit in Renovierung). Völlig verstaubt flüchteten wir noch mal in die Fußgängerzone, um einen Sonnenhut nachzukaufen.
Altpörtel in Speyer Um den Schlosspark herum führte dann der Radweg über Ketsch und lange ruhige Feldwege zur Speyerer Brücke, von der man eine herrliche Aussicht über die Stadt und Hafenanlage hat. Direkt am Hafen sind wir dann auch eingekehrt, kompensierten unseren Flüssigkeitsverlust und zitterten mit unserer Tochter, die zeitgleich in der Vordiplom-Matheprüfung saß.
Unsere Unterkunft war die "Grüne Au", offensichtlich einer der ältesten Gasthöfe in Speyer. Nach einer Ruhepause machten wir unseren ersten Stadtbummel (Fischmarkt, Alte Münze, Altpörtel, Judenviertel). Im Ratskeller (auch eine Besichtigung wert) bekamen wir den gestern vermissten Spargel lecker zubereitet. Anschließend führte uns der Spaziergang um den Dom, das (blau beleuchtete) Dommuseum bis hin zum Biergarten im Domhof, wo man immer noch gut im Freien sitzen konnte.

Do. 24.4.03 (58 km)
Das Frühstück war nur wenig besser. Die Räder konnten wir noch innen stehen lassen (mit Gepäck) und so unbeschwert den zweiten Stadtbummel unternehmen. Vor Öffnung des Altpörtel standen wir vor der Tür, so gingen wir noch in die Gedächtniskirche, die Kirche mit dem höchsten Turm in Speyer. Dann ging's rauf auf den Altpörtel, um die Sache gelassen von oben zu betrachten. Vorbei an der Alten Münze, Rathaus und Jacobspilger gingen wir zum Dom: wg. Probe für Weißen Sonntag bis 12 Uhr geschlossen. So lange wollten wir nun doch nicht warten. Also Räder holen! Gerade kam ein anderer Liegeradler an, der die "Spezi" am Wochenende in Germersheim besuchen wollte.
Unser Weg aus Speyer raus führten noch mal zur Fußgängerzone und am Dom vorbei. Und siehe da: jetzt war der Dom offen (kurz nach elf). So mussten wir (in kurzer Hose, peinlich) den Dom besichtigen (wenn man schon mal da ist). Dem Alter angemessen ist sehr schlicht (romanisch). Auch die Krypta war geöffnet.

Dom zu Speyer

Hinter Speyer begann der lange Rheinauen-Radweg. 12 Km hinter Speyer fuhren wir plötzlich wieder auf die Stadt zu, solche Schleifen machen hier die Altarme des Rheins. Ein Bruchwald war schöner als der andere, aber ausgerechnet gegenüber vom KKW Philipsburg machten wir unsere erste Rast.
Erst nach ca. 30 Km kamen wir wieder in einen Ort, wo wir in der sehr empfehlenswerten "Bauernschenke" (Radlertreff) einkehrten. Angelika probierte ihren ersten elsässischen Flammkuchen, ich grübelte lange über den Saumagen, nahm dann aber doch nur Pfälzische Bratwürste (grob) mit Weinkraut. Sicher wäre hier auch der Saumagen ausgezeichnet gewesen.
Der größte Ort heute war Germersheim, das wir ein wenig durchwanderten. Von der Spezi war noch nichts zu merken, dafür aber von der Uni - und vom hohen Ausländeranteil. Auch ein Jakobspilger stand auf einen Stadtplatz.
Hinter dem Ort ging es wieder durch die endlosen Rheinauen (Naturschutzgebiet). Am Leimersheimer Fähranleger mussten wir noch mal rasten, weil es unerträglich heiß geworden war.
Am Wörther Altrheinarm ging es dann nach Wörth. Nach einem kurzen Stück Hauptstraße fanden wir auch schnell unser Hotel und bekamen genau das Zimmer, das im Prospekt abgebildet ist.
Die Wirtin gab uns auch noch eine prima Empfehlung für ein Restaurant: "Zum alten Bahnhof", wo es sehr gut schmeckte. Anschließend erkundeten wir das lauschige Wörth am Rhein (Bürgerpark, Skulpturengarten) zu Fuß, was aber sicher keinen vom Hocker reißt. So ging es heute mal ganz früh schlafen.

Fr. 25.4.03 (48 km)
Das Frühstück war nicht außergewöhnlich, aber sehr reichlich. Neben der Hauptstraße konnten wir bis zur Rheinbrücke vorfahren, wo der deutsch-französische Rheinauen-Radweg begann. An einer Verzweigung nahmen wir versehentlich den falschen Weg, der zuerst durch die schönen Bruchwälder und dann auf der (holprigen) Uferbefestigung direkt am Rhein entlang führte, während der eigentliche (geteerte) Weg einen Altrheinarm umrundete. Doch irgendwann kamen beide wieder zusammen und das Geholper war vorbei. Kilometerweit hatten wir das Gefühl, die einzigen Menschen weit und breit zu sein.
An der Rheinfähre bei Neuburg (fährt nur nachmittags) trafen wir mal wieder einen, dann ging's an einem Altarm etwas weg vom Rhein und hin zur Grenze in Lauterbourg. Hier tranken wir unseren ersten Cafe au Lait draußen vor einem Cafe am schönsten (aber befahrenen) Platz in Lauterbourg. Hinter dem Ort tauchten wir wieder in die Einsamkeit. Entlang an Seen, Altarmen und Rhein selbst ging es vorbei an Munchhausen und Seltz Richtung Beinheim. Kurz vor dem Ort verließen wir den Rheinauen-Radweg, weil er auf unserer Karte bei Iffezheim auf die deutsche Rheinseite wechselte (das ist inzwischen geändert, wie sich später herausstellte).
Bis Beinheim war auch noch Radweg, doch dahinter (Roppenheim, Roeschwoog) mussten wir auf der viel befahrenen Straße fahren, das war kein Genuss. Wir waren froh, als wir in Roeschwoog nach Fort Louis abbiegen konnten. Kurz vor dem Ort liegt tatsächlich ein riesiges (französiches) Fort vom Anfang des 18. Jahrhundert, mit mehreren Metern dicken Backsteinwänden, aber mittlerweile schon stark zugewuchert. Das Fort lag damals noch auf einer Rheininsel.
Dann kamen wir noch einmal direkt an den Rhein (auf dem Deich), bevor wir von hinten nach Stattmatten einbogen. Die durch den Rheinbruchwald führende Moder wird zwischen Fort Louis und Stattmatten zweimal überquert.
Brückentor von Hagenau Mit ein wenig Suchen fanden wir auch unser letztes Ziel: unsere Freunde in Stattmatten. Nachdem wir uns ausgiebig auf der Terrasse erholt hatten, machten wir noch einen Ausflug (per Auto) in die Kreisstadt Hagenau, der Geburtsstadt unseres Freundes. Die private Stadtführung zeigte uns die schönsten Punkten der Stadt und auch die Aufteilung in Kernstadt (Handel) und Außenstadt (Herstellung).
Im Hagenauer Forst waren die großen Sturmschäden von vor drei Jahren nicht zu übersehen. In gemütlicher Runde hatten wir an diesem Abend alle viel zu erzählen.

Sa. 26.4.03 (0 km)
Erster Tag mit schlechtem Wetter, doch noch war es trocken. Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir mit dem Auto zu einem P&R-Platz (Parc et Rouler) am Rande Strasbourgs. Für 2,40 Euro Parkgebühr bekommt man hier Straßenbahnkarten für alle Insassen, egal wie viele im Auto saßen. In der Innenstadt (am Maison Kammerzell) kauften wir zuerst einen Schirm, denn inzwischen hatte es begonnen zu regnen. Das berühmte eintürmige Münster schloss gerade den Eingang, damit um 12 Uhr mittags die astrologische Uhr von (zahlenden) Besuchern in Ruhe beobachtet werden konnte.
Für uns ein günstiger Zeitpunkt, an der Ill ein Panoramaschiff zu besteigen für eine äußerst sehenswerte Stadtrundfahrt. Enthalten natürlich das Gerberviertel ("Petite France") mit dem schönen Maison de Tanneurs, das Europa-Parlament und verschiedene Schlösser. Besonders eindrucksvoll fand ich auch das Vauban-Wehr mit der gedeckten Brücke und den vier Wehrtürmen (Vauban hat auch Fort Louis gebaut). Einige der Höhepunkte sowie das Straßburger Münster erkundeten wir anschließend noch zu Fuß.

Das Vauban-Wehr

Direkt aus der Stadtmitte (Place Kleber) brachte uns die Straßenbahn wieder an den Stadtrand.
Ein weiterer Höhepunkt (jedenfalls für uns Zugereiste) war am Abend das Elsässer Flammkuchen-Essen in einem Spezial-Restaurant in Sassenheim. Die Einheimischen aßen ihn übrigens ohne Zwiebeln. Wir variierten ihn auch mit verschieden kräftigen Käsesorten und als Nachtisch gab es einen süßen Flammkuchen mit Zimtäpfeln statt Schinken als Auflage.

So. 27.4.03 (34 km)
Nachdem es nachts mehrfach geregnet hatte, war es am Morgen trocken und es blies ein kräftiger Wind aus Südwest. Das gemütliche Frühstück beendete Angelika mit einem ungeduldigen Aufbruchsignal, denn unseren Zug in Rastatt durften wir auf keinen Fall verpassen. Da es immer noch trocken war, verzichteten wir auf das Angebot, gefahren zu werden. Und tatsächlich: ohne dass wir viel treten mussten, blies uns der kräftige Rückenwind durch die Rheinauen bis hin zur ehemaligen Eisenbahnbrücke (heute Autos, aber wenig befahren) zwischen Beinheim und Wintersdorf. In Wintersdorf begann wieder ein Radweg, der uns über Ottersdorf bis ins Zentrum von Rastatt führte. Wg. Weißen Sonntags war großes Gedrängel vor den Kirchen. Die Hauptstraße führt direkt auf das Barockschloss zu. Nach der Hofbesichtigung fuhren wir erst mal zum Bahnhof, um zu sehen, was uns erwartet, dann ging's noch mal über den Friedhof zum Schlosspark. Drohender Regen ließ und die letzte halbe Stunde doch noch im Bahnhof abwarten. Kaum zu erwähnen: der Zug hatte geringfügig Verspätung (15 Min.).
Auf der langen Strecke nach Kassel machten wir es uns richtig gemütlich. In Kassel versuchten wir (wie auf der Rückfahrt aus der Schweiz), die Fahrt durch Umsteigen auf den Bummelzug zu verkürzen. Ein Zug mit zwei Wagen sollte hier Wochenendfahrer befördern, die locker einen ausgewachsenen Zug gefüllt hätten. Nachdem der Sicherheitsdienst der Bahn angerückt war und einen Gang geschaffen hatte, setzte er sich doch noch in Bewegung. Fast alle stiegen auch in Warburg in den Zug nach Paderborn um. Die Flexibilität der Bahn ist immer wieder zu bewundern.
Auf der Radfahrt vom Paderborner Bahnhof nach Elsen erwischte es uns wieder: genau in den Minuten mußte ein Regenschauer runterkommen. Als wir zu Hause im Wohnzimmer saßen, schien wieder die Sonne ...

Fazit: Diese Reise war eine ideale Kombination aus der Besichtigung schönster mittelalterlicher Städte an der Hessischen Bergstraße, dem 1900 Jahre alten Ladenburg und der 2000 Jahre alten Kaiserstadt Speyer und dem erholsamen Radwandern in den menschenleeren Rheinauen der oberrheinischen Tiefebene. An der Hessischen Bergstraße muss man auf schöne Radwege verzichten, was angesichts der kurzen Entfernungen verschmerzbar ist.

Im Gerberviertel von Strasbourg


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