Bei dieser Reise handelte es sich um eine organisierte Gruppenreise. Veranstalter: Nature Travel (aus Bialystok, Polen), Vermittler: Rückenwind Reisen, Oldenburg. Die Fahrräder wurden vor Ort zur Verfügung gestellt.
Teilnehmer: Doris, Helga und Rosel, Ines, Rotraud und Uschi, Barbara und Helga, Gesine und Boris, Helga und Manfred, Fritz, Ingrid und Horst, Margarete, Adelheid, Roger, Tschischek, Angelika und Claus
So. 19.7.98
Nach dem Abendessen kam unsere Nachbarin Helga und hat uns zum Bahnhof
gebracht. Gemütlich rollte die Sennebahn durch Paderborn, Neuhaus,
Hövelhof, Sennestadt, Brackwede nach Bielefeld. Dort das Gepäck
ins Schließfach gebracht und Bummel durch die Fußgängerzone
gemacht, die Richtung Sparrenburg noch richtig schön wird. Eis gegessen
und Bier für den Schlafwagen gekauft. Kurz bevor der EN (Europa-Nachtzug
Köln-Warschau mit Kurswagen nach Gorki und Moskau) ankam, kam auch
der letzte Zug aus Paderborn pünktlich, während der, den wir
genommen hatten, sehr unpünktlich war. Im Schlafwagen war es sehr
gemütlich, nur mit dem Licht haperte es – und Hannover war sehr unerotisch.
Ab Braunschweig bestens geschlafen bis zur Paßkontrolle.
Mo. 20.7.98
Erst deutsche, dann polnische Paßkontrolle, dann Zollkontrolle,
auch Soldaten standen herum. Dann weiter geschlafen bis halb acht; noch
nie sind wir so gut ausgeschlafen im Urlaub angekommen! Das kostenlose
Frühstück: Schokoladenhörnchen mit Tee. Zähne geputzt
in unserem Abteil-Waschbecken und dann auf die Ankunft gewartet. Vor Centralna
hielt der Zug länger im Tunnel, danach kam der Schaffner und fragte
uns mit entsetztem Gesicht, wo wir aussteigen wollten. Bei "Centralna"
zeigte er schräg nach oben, von wo der Zug gerade wegrollte. Angelika
bekam Panik. In Warschau-Ost hielt er aber schon wieder und mit Hilfe des
Schaffners und eines freundlichen Mannes auf dem Bahnsteig stiegen wir
in den richtigen Gegenzug und kamen eine Minute vor zehn bei unserer Gruppe
vor Kassa 2 an, wo wir auch schon (als letzte) erwartet wurden.
Unsere Reisegruppe: nur vier Männer und der Reiseleiter "Roger",
fast alle im Rentenalter oder kurz davor. Da war ich anfangs schon etwas
enttäuscht, doch das sollte sich noch gründlich ändern.
Es folgte die Busfahrt nach Masuren in einem modernen Reisebus. In Ostroleka
gab es das erste masurische Mittagessen mit Rote-Beete-Suppe, Frikadellen,
Kuchen und Kaffee (nachträglich besehen nichts besonderes).
In Heiligelinde wartete bereits der Fahrradwagen auf uns. Wir besichtigten
aber erst die Barock-Kirche und den Kreuzgang mit einer sehr netten Führerin,
einem netten Pfarrer (Jesuit) und hörten natürlich ein Orgelkonzert
mit den bewegten Figuren. Dann wurden die Räder ausgesucht und eingestellt
(Sechsgang) und nach Ketrzyn (Rastenburg) gefahren, einige Kettenabsprünge.
Unterwegs konnten wir auch die ersten Storchennester in Augenschein nehmen
- es ist kaum zu glauben, wieviele Störche es in Masuren gibt. In
Polen gibt es ca. 70000 Storchenpaare, davon leben die Hälfte in Masuren.
In ganz Deutschland gibt es nur etwa 4000 Storchenpaare.
In Ketrzyn führte uns Roger zum Hotel, Fahrräder in den Keller,
duschen und dann gab es ein tolles Abendessen mit vielen Gängen, tollen
Vorspeisen, Braten, flambiertem Eis und Wodka. Uschi fragte mich: "Ißt
Du denn immer so viel?" Anscheinend hatte sie mich bis dahin noch nicht
richtig angeguckt. Nach dem Essen haben wir uns alle vorgestellt, geduzt
und Namen eingeprägt. Anschließend noch ein Stadtbummel, der
zwar abkühlte, aber sonst nicht viel hergab. Bei Straßenlärm
relativ schlecht geschlafen.
Di. 21.7.98
Nach einem tollen Frühstück ging's mit den Rädern nach
Gierloz zur Wolfsschanze, dem ehemaligen Führerhauptquartier, in dem
am 20. Juli 1944 das mißlungene Attentat auf Adolf Hitler stattfand.
Durch dieses Gelände sowie durch die Geschichte führte uns ein
sehr netter Pole, der zudem noch heute Geburtstag hatte und von uns ein
Ständchen bekam. Er hatte schon die Söhne von Graf Stauffenberg
sowie Rita Süßmuth geführt. Fast jeder hat anschließend
einen Reiseführer von ihm gekauft.
Dann weiter geradelt in einem Bogen bis zu einer Windmühle (Str.
Rozanka), in der wir zu Mittag aßen – natürlich drei Gänge.
Nach dem Essen warteten unten schon die Kutschen auf uns, die uns in fast
zwei Stunden über die Felder nach Ketrzyn auf ihr Gestüt brachten.
Auf diese Weise kann man die liebliche Landschaft, leicht hügelig
mit bunten Feldern, Wiesen mit Störchen, noch viel besser genießen
als auf dem Rad, man kommt natürlich auch nicht besonders schnell
voran. Der Direktor des Gestüts machte eine Führung und zeigte
uns viele Trakehner und noch mehr Kaltblüter. Dann zu Fuß durch
die Innenstadt, noch die Georgskirche (eine Wehrkirche) und die Burg besichtigt.
Im Hotel geduscht und zum Essen getroffen: wieder sehr gut! Anschließend
privater Stadtrundgang mit beleuchteter Burg und Georgskirche. Als wir
zurückkamen, saßen alle hinter dem Hotel, viel gelacht beim
R-Rollen.
Mi. 22.7.98
Die Sonne weckte uns früh und Angelikas Mückenstich wurde
dick. Nach dem Frühstück bekam jeder einen Überlebensbeutel
und wir bestiegen einen Bus, der uns nach Gizycko (Lötzen) brachte.
Dort bestiegen wir ein kleines Schiff, gerade groß genug für
unsere Gruppe. Die Sonne brannte sehr und zudem war es windstill (Rückenwind).
Im Jez. Dobskie umrundeten wir eine Insel, die Hunderte von Kormoranen
in Besitz genommen hatten.
In Steinort verließen wir das Schiff und besichtigten (von außen)
das verfallende Schloß des Grafen Lehndorff mit Eichen und Linden.
Dann gingen wir kurz baden und fuhren danach mit einem Bus nach Banie Mazurski,
wo Tschischek schon mit den Rädern auf uns wartete. Inzwischen hatte
aber ein Gewitter eingesetzt, das wir zum Glück noch im Bus abwarten
konnten. Danach wurde es wieder schön (heiß) und wir radelten
los nach Rapa, wo wir kurz vor dem Ort ein pyramidenförmiges Mausoleum
mit einer echten mumifizierten Leiche besichtigten. Dann über Zabin
nach Rogale, wo Angelika wg. des Mückenstichs nicht mehr weiterfahren
konnte.
Die nächste Rast war in Makulcie direkt an der russischen Grenze,
die wir zu Fuß besichtigten. Die Grenze zwischen Polen und Rußland
hat sich mittlerweile zur Grenze zwischen West und Ost entwickelt, da Polen
inzwischen stark westlich orientiert ist und der EU beitreten möchte,
während Rußland noch seinen eigenen Weg sucht.
Dann rollten wir in Goldap ein, um die schöne Kirche herum, auf
einen bewachten Parkplatz und bezogen das Hotel zu Fuß. Geduscht,
Angelika fuhr mit Roger zum Arzt und bekam Antibiotika. Dann humpelten
wir zum Abendessen, das wieder herrlich anzusehen und zu genießen
war. Nach dem Essen ein Rundgang zum Kriegerdenkmal und durch den Park
mit langgezogener Brücke, Betonreiher und Springbrunnen. Dann noch
in fast kompletter Runde auf der Terrasse Bier getrunken.
Do. 23.7.98
Die Überraschung nach dem Frühstück war ein Fototermin,
anschließend etwas spazieren, Geldtausch (im Möbelgeschäft),
Treffen beim Fahrradparkplatz. Von Goldap nach Osten geradelt, bei Botkuny
nach Gorne (Angelika alles mit dem Auto), Wasser nachgekauft.
Fr. 24.7.98
Heute war der "Tag der Wahrheit"! Früh (acht Uhr) gefrühstückt
und dann lange auf der Hauptstraße nach Osten bis Blakaly geradelt,
dort zum Viadukt abgebogen, dabei ging Barbaras Rad kaputt. So fuhren Barbara
und Ingrid im Wagen mit, Ingrids Rad war zwar heile, aber sie wollte die
"Wahrheit" nicht wissen. Roger hatte sich eine Freundin aus dem Hotel mitgebracht.
Noch interessanter für mich war ihr Mointain-Bike.
Das Viadukt von oben und unten besichtigt, dann über einen schönen
Sandweg oberhalb eines Sees nach Przerosl, weiter nach Kruski und im Suwalskie
Park an einem See gebadet und gepicknickt.
Sa. 25.7.98
Aus der Stadt heraus zum Jez. Krzywe geradelt. An einer Badebucht empfing
uns ein Nationalparkwart, der uns Biberkanäle, -burgen und -restaurants,
schwarze Seen und seltene Pflanzen zeigte.
Dann Picknick an der Badebucht, die sich mittlerweile mächtig
gefüllt hatte, und eine Radtour am Rande des Nationalparks (ich wäre
gern noch tiefer hinein gefahren). Mit einem Bogen wieder nach Suwalki
geradelt. Als wir zum Stadtrundgang bereitstanden, traf gerade Manfred
Wünnemann ein. Daran hatten wir eigentlich schon nicht mehr geglaubt.
Zwei Kirchen, ein Denkmal und eine sehr schöne Ausstellung von
Stasys (Plakatmaler) besichtigt. Beim Essen unsere Route in fremde Karten
gemalt.
Sowohl in der Kirche als auch in einem anderen Hotel als auch in unserem
Hotel wurde eine Hochzeit gefeiert. Wir wollten dann in eine Bar mit Dachterrasse,
aber auch da wurde Hochzeit gefeiert. So gingen wir dann ins China-Restaurant,
wo Uschi einen ausgab – dann schloß es. Wir schauten noch bei unserer
Hochzeit rein, wo geschunkelt und getanzt wurde, und versuchten zu schlafen.
So. 26.7.98
Nach dem Frühstück Gepäckverladung und Bustransfer nach
Ruine Dowspuda, Besichtigung, es stand praktisch nur noch das Eingangstor.
Dann noch mit dem Bus nach Cinochy, wo die Räder warteten.
Die Radtour führte zunächst über Kalinowo, Borzymy,
Romanow zu einem Bad und Picknick bei einem wilden Campingplatz an einem
kleinen See. Viele Kinder schauten uns beim Essen zu und bekamen dann,
was wir nicht schaffen konnten.
Mo. 27.7.98
Nachts einen Wadenkrampf gehabt (vom Tanzen?), Frühstück
mit Pilzomelett. Danach Radtour erst auf der Hauptstraße Richtung
Elk, dann rechts in den Wald, entlang der Bahn auf einem Sandweg nach Lipinski.
Dort eine echte Ostpreußin getroffen, die ohne Männer glücklicher
war.
Di. 28.7.98
Auch morgens regnete es, als drei Züge der Prozession nach Tschenstochau
vor unserem Hotel entlang zogen (zu Fuß, aber es war ja auch noch
bis Mariae Himmelfahrt Zeit). Uns fuhr ein Bus über Grajewo, Bialogrady,
Wolka Pias. nach Goniadz zu unserem Hotel, wo wir das Gepäck schon
abstellten.
Es folgte eine Fahrradtour gegen den Wind über Owiezki, Mroczki,
Triczianne nach Gugny, wo wir einen Aussichtsturm über das Sumpfgebiet
des Nationalparks bestiegen (die Fahräder mußten wir mitnehmen).
Zwischendurch regnete es immer wieder. Kurz vor Budy Rast und Picknick
in einem Häuschen mit Schauer, danach regnete es richtig los, doch
Gesine und Ines trotzten dem Regen im T-Shirt.
Zu Hause zum Paddeln umgezogen (neun kamen mit) und bei strömendem
Regen (mit Uschi) losgepaddelt – ein toller ruhiger Fluß mit schönem
Uferbewuchs. Dann kam ein richtiger Gewitterschauer, so daß man Wasser
und Luft nicht mehr genau unterscheiden konnte. Anschließend hörte
es auf zu regnen und Uschi paddelte ruhiger. In Osowiec wartete Tschischek
mit dem Auto, trockenen Sachen und Süßigkeiten.
Im Hotel blitzschnelles Duschen, wie immer üppiges Abendessen
mit gefülltem Fisch und mit Pilzen gefüllten Kartoffeln. Roger,
Tschischek und ich mußten Karten zeichnen, noch gut unterhalten –
und eine wohltuende Massage von Margarete bekommen.
Mi. 29.7.98
Morgens Bustransfer über die gleiche Strecke nach Grajewo (auffällige
moderne Kirche), von dort über Szczuczyp, Biala Piska nach Pisz (Johannisburg).
Hinter Snopki standen die Räder bereit. Hinter Weisuny im Wald (Johannisburger
Heide) standen plötzlich Wildpferde auf unserem Weg.
In Popielno gepicknickt und auf den größten See Masurens
("Spirding-See") geguckt. Danach überquerten wir mit einer Autofähre
bei Wierzba eine Verbindung zwischen zwei Seen und folgten einem Waldweg
bis kurz vor Mikolajki. Die Fahrräder auf einem Fahrschulplatz "Super
Mädchen" abgestellt, Stadtbummel: Hafen, Einkaufsstraße und
evangelische Kirche besichtigt. Mikolajki ist das touristische Zentrum
Masurens: ideale geografische Lage am und zwischen Seen, der Segelboothafen
zieht sich kilometerlang durch die Stadt, nachteilig: Rummel, Buden wie
am Drachenfels, häßliche Hotelbauten.
Danach folgte eine tolle (Fahrrad-) Fahrt über Talty, auf Sandwegen
durch bunte Felder nach Mateuczek; der Besitzer schnitzt, auch sonst alles
sehr künstlerisch – und total einsam, natürlich mit Storchennest.
Nach dem Essen Führung über sumpfige Wiesen zum Kanal mit Mücken.
Dann noch Kartenrouten gezeichnet und lange unterhalten.
Do. 30.7.98
Letzter Fahrradtag. Fast den gleichen Weg (verfahren) nach Mikolajki,
noch einen Hafenrundgang und es regnete ...
Bei der Abfahrt mit den Rädern bekrabbelte sich das Wetter aber
wieder. Wir fuhren erst sehr diszipiniert, doch dann preschte Uschi wieder
vor, so daß wir zuerst alleine in Bobrowka ankamen. Malerischer See,
was Geli wörtlich nahm. Adelheid, Ingrid, Barbara, Uschi und ich gingen
baden, anschließend Picknick.
Weiter ging's über Ukta (Rast) nach Wojnowo, wo wir eine orthodoxe
Kirche besichtigten sowie ein orthodoxes Kloster mit echten Ikonen und
zwei über 80jährigen Nonnen.
Fr. 31.7.98
Nach dem reichhaltigen Frühstück wartete der Bus auf uns.
Wir verabschiedeten uns von der netten Familie, den beiden kleinen Hunden
und von Tschischek und begannen die lange Fahrt nach Warschau. Ich nutzte
die letzte Gelegenheit, mich mit Uschi ausführlich zu unterhalten.
Wo wir auf der Hinfahrt gegessen hatten, machten wir eine Pause, dann noch
eine an dem künstlichen See vor Warschau.
Eine unheimlich nette ältere Warschauerin übernahm die Stadtführung,
bei der ich wieder Schüttelfrost bekam. Wir fuhren erst durch das
Warschauer Ghetto, besichtigten das Mahnmal, vor dem Willy Brandt damals
den ergreifenden "Kniefall" machte, und unternahmen einen Rundgang durch
die wunderschöne Altstadt. Mittendrin war der Schüttelfrost plötzlich
wieder weg. Auf der Busfahrt durch die Warschauer Prachtstraße saß
ich wieder bei Uschi, die mich auf viele architektonische Prunkstücke
aufmerksam machte.
Dann besichtigten wir einen tollen Park (Lazienki-Park) mit wunderschönen
Schlössern, Pavillions, Chopin-Denkmal und -konzertplatz.
Sa. 1.8.98
Einigermaßen ausgeschlafen kamen wir pünktlich in Hannover
an. Die lange Wartezeit verbrachten wir weitgehend im Stehen, da der Bahnhof
außer auf den Bahnsteigen keine Sitzplätze besitzt. Der Stadt-Express
nach Paderborn war fast leer (wer will da schon hin?), zwischendurch kam
Nebel auf. In Paderborn waren leichte Wolken und es war merklich kühler.
Zuhause alles gut vorgefunden, beide Kinder waren bei der Oma. Angelika
fuhr auf den Markt und ich wollte gerade in die Stadt fahren, da bekam
ich wieder Schüttelfrost: diesmal so schlimm, daß ich es gerade
noch bis ins Bett schaffte. Als Angelika wiederkam, hatte ich über
39° Fieber. Von der Krankheit sollte ich noch lange etwas haben ...
Fazit: Tolle Reise, perfekte Organisation, ideale Mitreisende; das beeindruckendste war jedoch die polnische Gastfreundschaft. Im Nachhinein waren wir jedoch froh, daß die Reise organisiert war. Alleinreisen in Masuren erfordert gute Sprachkenntnisse und erheblichen Organisationsaufwand.