Münsterland-Radtour – Ende Juni 1998

Teilnehmer: Michaela, Otto (zum größten Teil), Susanne, Angelika, Stefanie und Claus

100-Schlösser-Route Mi. 24.6.98 (28 km)
Letzter Arbeitstag und letzter Schultag (Zeugnistag), ich bin nach dem Essen gegangen. Stefanie kam früh aus der Stadt, die letzten Sachen gepackt und nach Verabschiedung durch Anja zum Bahnhof gefahren. Michaela war schon da (Otto hatte noch keinen Urlaub bekommen), mit Brötchen vom Bahnhofsbäcker konnten wir uns gerade noch vor dem Hungertod retten. Susanne stand in Salzkotten auf der richtigen Seite, sie paßte auch noch gut mit Fahrrad in den Zug. Beim Lösen ihrer Fahrkarte bemerkten wir, daß wir für die Fahrradkarte den doppelten Preis bezahlt hatten, worauf der Zugschaffner sofort per Handy in Paderborn anrief und fragte, was das denn zu bedeuten hätte. Leider wurde bei der Antwort die Verbindung unterbrochen und er schrieb unsere Fahrradkarten auch gültig für die Rückfahrt um. In Drensteinfurt stiegen wir als einzige aus und befanden uns bereits am richtigen Ortsausgang. Erst ging's ein bißchen Schlösserroute, dann ganz lange an der Bahn entlang, teils im Wald, teils mit freier Sicht und immer bretteben. Nach einem Schlenker kamen wir an den Dortmund-Ems-Kanal, einem Treffpunkt für Liebespaare und Jugendgruppen, an dem wir fast bis in die Innenstadt von Münster fuhren. Eine kurze Fahrt auf stark befahrenen Straßen führte uns auf die Promenade, die wir dann (zu früh) Richtung Diakonissenmutterhaus (modernes evangelisches Kloster) verließen. Das Haus lag ganz ruhig und hatte große, gemütliche Zimmer (mit Kreuz) und eine Fahrradgarage. Nach dem Beziehen der Zimmer fuhren wir in die Innenstadt und promenierten zu Fuß. Am Rathaus (Prinzipalmarkt) fegte einer die Rathaustreppe und wir unkten schon, ob er ein Jungfrau benötige, um erlöst zu werden, und ob wir wohl eine dabei hätten. Als wir später wieder vorbei kamen, sprach er uns direkt an, ob unsere Tochter ihn nicht mit einem Kuß erlösen könnte. Stefanie stimmte zu, wir wurden mit je einer Flasche Bier belohnt. Danach gingen wir über den Domplatz zum "Pinkus", wobei die ganze Kreuzstraße aus netten Lokalen bestand. Wir blieben aber beim Original, tranken Jubiläumsbier und aßen was leckeres (teueres). Beim Aufbruch trafen wir den Polenheimkehrer Martin Löcke. Auf dem Rückweg zu Fuß kamen wir am "Kiepenkerl" vorbei, wo wir unseren Absacker tranken. Der Rückweg mit dem Rad war kurz (mit Treppe).

Do. 25.6.98 (60 km)
Als wir zum Frühstück kamen, hatte Susanne schon die Morgenandacht hinter sich ("kostete nichts") und die gesamte Anlage besichtigt. Nach einer Stunde Frühstück rollten wir wieder los, erst zum Schloß, dann auf dem R1 aus Münster raus zur Drei-Schlösser-Ecke "Rüschhaus", "Vögeding" und "Burg Hülshoff", wo gleichnamige geboren wurde. Das wurde auch besichtigt, dann kamen die urigen Radstrecken ("Pättkes"), mal geteert, mal holprig, mal Waldweg, mal moorartig. In einem Wald mit riesigen Bäumen und einem tief eingegrabenen Bachbett machten wir eine kurze Rast. In Havixbeck kauften wir ein, "Haus Havixbeck" war nur vom Tor aus anzugucken. Es wurde heißer und die Baumberge lagen vor uns. Kurz vor Billerbeck an einer Steigung auf freiem Feld mußte Susanne das letzte aus sich herausholen, doch dann rollten wir gemütlich nach Billerbeck hinab. Wir hatten gerade unseren Milchshake ausgetrunken, da setzte das Gewitter ein. Erst flüchteten wir in den Dom, dann in die Ausstellungsbaracke davor, denn der Dom war gerade hundert Jahre alt geworden. Dann besichtigten wir auch noch die andere, viel ältere Kirche mit einer schönen Rundling-Anlage. Da Michaela keine neuen Schuhe bekam, machten wir uns auf die letzte Etappe, obwohl es immer noch ein bißchen tröpfelte. Unterwegs hörte es dann ganz auf, aber der Himmel drohte immer noch ein wenig. Kurz vor Schloß Darfeld verzichteten Stefanie und Susanne auf den Abstecher; Michaela, Angelika und ich fuhren hin, obwohl es erst wie eine riesige Baustelle aussah (die Gräfte wurde neu ausgebaggert). Von der anderen Seite (Kapellenseite) war das Schloß aber wunderschön, so daß sich der Abstecher doch gelohnt hatte.

Schloß Darfeld

Nachdem wir die anderen beiden wieder eingesammelt hatten, kürzten wir auf dem R1 etwas ab, kamen in einen dunklen Wald an "Haus Varlar" vorbei, wo wir die letzte Rast machten, und rollten dann von Norden nach Coesfeld ein. Auch Coesfeld hatte eine Promenade am Stadtgraben entlang, was einen guten ersten Eindruck hinterließ. Von hinten rollten wir dann die Kupferstraße in die Innenstadt, wo uns gleich der "Anker" (garni) ins Auge sprang. Nach Beziehen der Fahrradgarage und der Zimmer und gründlichem Duschen begaben wir uns auf den "Historischen Stadtrundgang", der aber nur herben westfälischen Charme verbreitete, eine schönes Stadttor mit einem Edelrestaurant davor ausgenommen. Langsam wurde es Zeit, den Bahnhof zu orten und das "richtige" Restaurant zu finden, da entdeckten wir direkt vor dem Bahnhof einen schönen Mexikaner, der auch einen Fernseher hatten (denn heute spielte Deutschland gegen Iran). Nachdem Susanne auf ihre erste 60-km-Tour eine Runde ausgegeben hatte, ging Michaela zum Bahnhof rüber: Otto kam auch pünktlich (mit Geldbörse) an. Nachdem wir uns durch einen Berg von Vorspeisen und wenige Hauptgerichte hindurch gegessen hatten, ging's an der Theke mit Altbier und Fußball (2:0) weiter. Nach Spielende hatten alle die nötige Bettschwere und Otto schob sein Rad mit uns zum Anker.

Fr. 26.6.98 (75 km)
Der Frühstückstisch war um 8 Uhr schön gedeckt und wir räumten ihn in einer knappen Stunde kräftig ab. Kurz nach 9 fuhren wir vom Hof, zuerst zum "Haus Lohburg" dicht am Stadtrand. Dann streiften wir Coesfeld wieder, bis es über langgezogene, ruhige geteerte Feldwege über Stevede durchs "Weiße Venn" ging. Leider war der Abstecher zur Merfelder Wildpferdefangbahn vergeblich: die ist im Sommer geschlossen. Dafür wurden wir kurz danach mit dem urigsten Stück R27 belohnt, es ging nur über Baumwurzeln und Hochmoorpfützen, wobei jedes Fahrrad ein völlig neues Profil bekam. In Maria-Veen am Kloster vorbei waren wir wieder ein kurzes Stück auf der Schlösserroute, dann bogen wir ab in die "Hohe Mark" und es wurde auch sofort bergiger. Mitten im Wald machten wir eine Rast, kurz danach war der größte Anstieg auf einer gut befahrenen Autostraße zu bewältigen, für den wir dann aber auch mit einer langen Abfahrt belohnt wurden. Diese Abfahrt wurde abrupt gestoppt durch einen Sturz Stefanies, der auf eine Kette von Mißverständnissen zurückzuführen war. Zum Glück hielt sich der Schaden in Grenzen (Schürfwunden, verbogener Lenker und Bremse) und wir kürzten dann auf direktem Weg nach Haltern ab. Zwei Fahrradstraßen und ein schöner Brunnen begrüßten uns in Haltern und wir richteten uns in einem Eiscafè auf dem Marktplatz häuslich ein (der Markt wurde gerade abgebaut). Nach der Siesta fuhren wir zum Stausee und Strandbad, das wg. Blaualgen äußerst geringen Besuch hatte, obwohl es über einen schönen Sandstrand mit Strandkörben verfügte. Auf dem Rückweg passierte die zweite Katastrophe: Michaela war verloren gegangen! Doch nach etwas Suche tauchte sie wohlbehalten wieder auf. Auf einer Hauptstraße überquerten wir die Lippe (eine der ältesten Lippebrücken) und konnten dann auf einem schnurgeraden Weg entlang des Wesel-Datteln-Kanals wieder richtig Kilometer machen. Susanne wurde immer schneller und mein gelbes Trikot war lange in Gefahr. In Ahsen verließen wir den Kanal und legten im Ortsmittelpunkt die letzte Rast ein. Hier trafen wir auch ein älteres Radlerpärchen, das bereits seit drei Wochen unterwegs war. Vor dem nächsten Ort (Olfen) wurden wir durch eine absolute Wiesenstrecke (kaum erkennbarer Weg) überrascht. Nach der Ortsrundfahrt, die uns die Beschilderung aufnötigte, fuhren wir Richtung Selm unter einem Kanal ("Alte Fahrt") hindurch. Hier wollte Susanne schon auf dem direkten Weg nach Lüdinghausen entlang der B235 fahren, zumal auch schon wieder eine dunkle Wolke drohte. Aufgrund des kaum längeren schönen Radweges konnte ich die anderen aber doch überzeugen weiterzufahren. Vor der zweiten Kanalunterführung ("Dortmund-Ems-Kanal") bogen wir ab auf schöne Radwege. Kurz bevor die beiden Kanäle zusammen kamen, überquerten wir den Dortmund-Ems-Kanal auf einer Brücke mit toller Aussicht auf den regen Schiffsverkehr und Bade- und Grillgruppen am Ufer. Michaelas Knie hielt dann auch noch die restlichen Kilometer bis Lüdinghausen durch, obwohl Otto sich schon nach der Adresse erkundigt hatte, falls sie nicht mithalten könnten. In Lüdinghausen fuhren wir auch genau auf unser Hotel ("Zur Post") zu, wo wir freundlich mit Speisekarte empfangen wurden. Doch die größte Überraschung war unser Abendmenü, daß wir stilvoll im Reichssaal zu uns nahmen. Das Essen war ein Gedicht: Käsecremesuppe mit Croutons, Schweinelendchen mit Pfifferlingen, Kroketten und Salat und als Nachtisch Tartufo-Eis mit leckeren Soßen. Mühsam rafften wir uns zu einem Stadtrundgang auf; über Innenstadt, einer schönen Wassermühle kamen wir zur Burg Lüdinghausen, in der gerade ein Konzert aufgeführt wurde. Den Höhepunkt, "Burg Vischering", hoben wir uns für morgen auf. Unsere letzten Getränke nahmen wir dann in der Gaststube unseres Hotels zu uns, wobei wir uns langsam reduzierten. Unser Frühstückstisch ("Gruppe Schirmer") im Anbau direkt über der Stever war bereits eingedeckt.

Burg Vischering Lüdinghausen Sa. 27.6.98 (40 km)
Das Frühstück dauerte wieder über eine Stunde. Eine andere Radlergruppe aus älteren Damen gab uns noch den Tip, die Kirche zu besichtigen, weil sie die dicksten Säulen Europas enthält. Danach ging's über Burg Lüdinghausen zur Burg Vischering, was wirklich eine echte Perle ist. Zudem waren die Vorbereitungen zu einem mittelalterlichen Spektakel in vollem Gange. Doch vor diesem Großereignis konnten wir die Burg in aller Ruhe besichtigen und umrunden. Danach war es etwas schwierig, aus Lüdinghausen herauszufinden und über ruhige Pättkes den nächsten Höhepunkt anzusteuern: Nordkirchen, das "Versailles des Münsterlandes". Die Kirche von Nordkirchen war zwar gerade belegt, aber das Schloß lag da in voller Pracht und konnte von allen Seiten und Innenhöfen besichtigt werden (auf die Führung verzichteten wir). Auf einer wunderschönen Allee (alte Schloßzufahrt) entfernten wir uns vom Schloß und wünschten uns Rückspiegel. Nachdem wir ein wenig über eine Straße abgekürzt hatten, kauften wir in Capelle beim Bäcker für ein Picknick ein, denn wir hatten ja schließlich einen Wasserkessel und einen Kocher mitgenommen. Am Picknickplatz hatte Michaela genau 1000 km erreicht. Den Mücken gefiel unser Picknick auch prima, aber auch einer Eidechse. Dann lag auch schon Schloß Westerwinkel vor uns, das mit uns auch viele andere Radler (von außen) besichtigten. Direkt dahinter fuhren wir durch Herbern, das man auf einem absolut einspurigen Radpfad verläßt. So kam man mit dem Gegenverkehr gut ins Gespräch. Überraschend wurde es noch einmal bergig, aber dann in der Ebene und mit Rückenwind konnten wir gut auf einer Straße abkürzen und noch Haus Venne besichtigen, was Michaela von Otto zum nächsten Geburtstag als Geschenk erhält. Wir anderen würden dann die Nebengebäude beziehen. In Drensteinfurt besichtigten wir als erstes "Haus Steinfurt" und den Markt und kehrten dann im Cafè gegenüber der "Alten Post" ein, wo auch die Damengruppe von heute morgen eintraf.

Alte Post in Drensteinfurt

Um 15:48 standen wir auf der richtigen Seite auf dem Bahnsteig und verbrachten die Rückfahrt im Fahrradabteil des sehr vollen (Wochenendticket-) Zuges. Alles klappte aber wie am Schnürchen und Susanne stieg in Salzkotten wieder aus, die anderen in Paderborn.
Mit einem Treffen im Biergarten des "Schinken-Willi", der berühmtesten Pizzeria Elsens, ließen wir die Tour gemütlich ausklingen.


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