Danzig, Pommern und Kaschubei – Sommer 2004

Eine organisierte Gruppenreise, Veranstalter: Nature Travel (aus Bialystok, Polen). Die Fahrräder wurden vor Ort zur Verfügung gestellt.

Die Burg von Bytow

Teilnehmer: Irene, Hannelore, Claudia und Reinhold, Ilse und Inge, Maria und Monika, Verena, Martha, Heinz, Gabi und Wolfgang, Maria und Hans-Werner, Elisabeth und Winfried, Piotr, Marek, Angelika und Claus

Route:
Klick mich groß!

Vorbereitung:
Wegen eines größeren Fests in diesem Sommer konnten wir keine Reise selbst organisieren, also griffen wir auf die bewährten Organisationskünste von Nature Travel zurück.
Beim Blick auf unseren alten Diercke-Atlas fiel mir auf, dass Elblag/Elbing nicht weit vom Startpunkt der Reise (Gdansk/Danzig) entfernt liegt. Ein alter Traum war, einmal auf den Oberland-Kanal zu fahren. Bei Nature Travel per Email nachgefragt, ob dies möglich wäre, gleich eine perfekte Auskunft und später auch die Hotel-Reservierung und die Organisation der Schiffsfahrt auf dem Kanal bekommen. So verlängerten wir die Reise am Anfang um den Oberland-Kanal und die Besichtigung von Malbork/Marienburg. Wer nur den offiziellen Teil der Reise lesen möchte, muss hier klicken.

Mi. 28.7.04 (0 km)
Endlich mal gutes Wetter in diesem verregneten Sommer. Unser Sohn bringt uns zum Bahnhof, in den Zug steigen auch die Pfadfinder, die mit unserer Tochter zum Bundeslager der CPD in die Lüneburger Heide fahren. In Hameln muss man nicht mehr umsteigen, unsere Regionalbahn wird einfach an die Hannoveraner S-Bahn angehängt. In die gleiche Richtung fuhr auch ein Radwanderer, der ab Lüneburger Heide Richtung Ostsee und dann den Ostsee-Radweg radeln wollte. Wir stiegen in Hannover in den ICE nach Berlin, der war warm. Ab Berlin-Ostbahnhof fuhren wir bereits in einem polnischen Zug, neben mir ein Muskelmann mit Glatze, aber gegenüber eine hübsche Polin. An der Grenze war der erste spannende Moment, denn Angelika hatte keinen Reisepass, der bis 1. August zur Einreise nach Polen empfohlen wurde. Aber schließlich war Polen bereits seit Mai in der EU – und ein Pass kostet schließlich 26 Euro.
Wie erwartet reichte ein Personalausweis völlig.
Nun begann unser persönliches Abenteuer, denn wir mussten in Polen noch drei Mal umsteigen, davon einmal in sechs Minuten in Ilawa Glowna. In Poznan/Posen war alles hervorragend beschildert, trotzdem bekamen wir Nervensausen, weil ausgerechnet unter unserem Zug ein unverständliches Wort in roter Schrift eingeblendet wurde. Der Schaffner konnte kein Englisch und kein Deutsch, wies immer nur auf Peron und Uhrzeit, schließlich erklärte uns eine Hotel-Aquisiteurin, dass das Wort lediglich Express bedeutet. Beruhigt setzten wir uns in den pünktlich eintreffenden Zug, sein Fahrplan hatte soviel Puffer, dass er bis zu sechs Minuten vor der Zeit in Bahnhöfen ankam. Auch in Ilawa Glowna war er pünktlich – doch was war hier: kein Schild, keine Ankunfts- und Abfahrtstafel, wie sollten wir ohne Polnisch-Kenntnisse den richtigen Peron herauskriegen? Die erste Schaffnerin zeigte mir eine Uhrzeit, die in meinem Fahrplan allerdings nicht vorkam. Den Peron zeigte mir ein freundlicher Pole, der ein paar Brocken Deutsch beherrschte. Tatsächlich hatte dieser Zug ein paar Minuten Verspätung, das wollte mir wohl auch die Schaffnerin mitteilen. So reichten unsere sechs Minuten Umsteigezeit dicke. Nach diesem Zug waren wir schon in Fahrradnähe zu Elblag/Elbing, nur hatten wir keine Räder. Aber auch der letzte Zug gegen 22 Uhr kam pünktlich, nachdem wir noch im gemütlichen Wartesaal mit Laden in Malbork/Marienburg eingekehrt waren. In Elblag standen genügend Taxis bereit, um uns zum überraschend weit außerhalb liegenden Hotel Europa zu fahren. Dafür war der Fahrpreis geringer als in Paderborn der Buspreis. Leider bekamen wir das Zimmer direkt neben der Rezeption (laut) und die Empfangsdame machte uns wenig Hoffnung, dass die Fahrt auf dem Oberland-Kanal klappen würde, heute hätte sie auch schon welchen absagen müssen. Wenigstens bekam ich ein gezapftes Zywiec, doch selbst das schmeckte nicht (zu hefig). In der Nacht bekam ich Kopfschmerzen.

Do. 28.7.04 (0 km)
Trotz des Lärms lange geschlafen. Vor dem Frühstück bereits nach dem Oberland-Kanal gefragt, es war aber noch keiner erreichbar. Doch bereits während des Frühstücks kam die Dame mit der freudigen Nachricht, dass es geklappt hätte und wir um 13 Uhr in Buczyniec sein müssten. Unser Schiff hieße Pingwin, was mich als Linux-Fan besonders freute. Wir wollten bei ihr ein Taxi für die Anfahrt bestellen, doch zufällig stand der Hotelfahrer neben ihr und sagte, er könne uns mitnehmen, weil er von dort Fahrräder abholen müsse. Der Tag war gerettet!
Die Zwischenzeit verbrachten wir lesend im Schatten vor dem Haus mit kühlen Getränken, denn das Wetter zeigte sich von der besten Seite. Es war eine relativ lange Autofahrt (über 30 km), auch an dem See vorbei, durch den wir mit dem Schiff fahren würden. Der Fahrer konnte zwar fast kein Deutsch, konnte uns aber trotzdem das Spital, seine Wohnung und das drittgrößte Schwimmbad Polens zeigen. Ein Trinkgeld hatte er redlich verdient, obwohl er nichts nehmen wollte.
In Buczyniec kam gerade ein Schiff in einer Lore über den Berg. Wir gingen zur langen Auffahrt dieser Stufe vor, da kam auch schon unsere "Pingwin" den Berg hoch. Als erste wurden wir namentlich ("Schimmer") auf das Schiff gerufen und zum Bezahlen platziert. Zu uns kam eine 39köpfige Reisegruppe aus Lemgo (ich las gerade einen Roman aus Lemgo: "Stürmerfoul").

Der Oberland-Kanal

Nun ging die Schifffahrt nach Elblag los, zunächst im Kanal mit insgesamt fünf "Schleusen"-Stufen, nur das die Schleusen hier schräge Ebenen waren, über die die Schiffe mit Wasserkraft (seit 140 Jahren) in Loren befördert werden. In eine Lore passt ein großes Schiff oder zwei Segeljachten oder viele Paddelboote. Immer wenn eine Lore hinunterfährt, fährt eine andere hinauf. Dazu fährt man durch eine liebliche Hügellandschaft, ein einmaliges Erlebnis. Bei der letzten Stufe "steuerte" Geli das Schiff, ich fotografierte von ganz vorne.
Danach fuhren wir lange duch den langsam verlandenden See, der in der schon tieferstehenden Sonne herrlich glitzerte. Kormorane, Reiher, Schwäne und Möwen glitten vorüber. Am Ende legte das Schiff direkt an der Altstadt von Elblag an. Wir gingen kurz über die Elblag-Brücke, um das Hafenpanorama mit Altstadt zu genießen, dann gingen wir durch die restaurierte, aber sehr offen gestaltete Altstadt. Es war, als wäre nur jede zweite Straße wiederhergestellt worden, die dafür aber wunderschön. Wir entschlossen uns, polnisch-italienisch zu essen, als Aperitiv tranken wir "Silberne Hochzeit".
Anschließend gingen wir zum Hafen zurück, wo in einem Zelt ein Karaoke-Wettbewerb mit z. T. guter Rockmusik lief. Überwiegend jüngere Leute, aber ein Pärchen mittleren Alters bat uns mit an ihren Tisch. Offensichtlich arbeitete ihre Tochter hier, denn verständigen konnten wir uns nicht. Der freundliche (und leicht angetrunkene) Mann gab Geli ein Bier aus und forderte sie zum Tanzen auf – sonst tanzte niemand.
Nachdem das Pärchen gegangen war, waren auch alle Taxis verschwunden, so machten wir uns auf den Weg zu den Bahnhofs-Taxen. Doch den Bahnhof fanden wir nicht (wie auch, ohne Stadtplan?). Zum Glück kam uns ein Taxi entgegen und hielt auch auf unser Winken an. Wir waren statt zum Bahnhof schon in Richtung des Hotels gegangen (das erkannten wir am Fahrpreis).
Vom Hotel riefen wir bei meiner Mutter an und erkundigten uns nach der heutigen Prüfung unserer Tochter, auch dies war rundherum erfreulich! So ertrugen wir das laute Zimmer beim zweiten und letzten Mal mit Gelassenheit.

Fr. 30.7.04 (0 km)
Wieder Kaiserwetter! Gemütlich gefrühstückt, Taxi bestellt, gepackt, eine Fahrerin brachte uns zum Bahnhof. Auf dem Bahnsteig lernten wir eine gut Deutsch sprechende Polin und zwei deutsche Brüder kennen. Gemeinsam fuhren wir nach Malbork/Marienburg (den Bahnhof kannten wir ja). Die Polin half uns noch bei der Gepäckaufbewahrung und zeigte uns den Weg zum Schloss, die Brüder trafen wir im Schloss mehrfach wieder. Den Weg zum Schloss fanden wir perfekt, obwohl er doch nicht ganz so einfach war. Geli kaufte Eintrittskarten (für polnische Führung), man konnte sich im Schloss allerdings frei bewegen. Wir schlossen uns verschiedenen Führungen an, zuerst polnischen, dann auch deutschen (mit hübschen Mädchen), außerdem ist alles gut beschildert. Insgesamt ist das Schloss eine riesige Anlage mit Vorburg, Großremter, Hochmeisterpalast, Hochschloss usw. Den höchsten Turm kann man besteigen, was wir natürlich taten. Von hier bietet sich ein herrlicher Ausblick über die gesamte Anlage, die Nogat und das ganze Umland.
Nach einigen Stunden zwickte der Hunger, doch auch dafür ist gesorgt (leider wieder polnisch-italienisch). Anschließend besichtigten wir noch im Schloss den Rosengarten, eine alte Mühle und eine sehenswerte Bernstein-Ausstellung. Dann verließen wir das Schlossgelände und überquerten auf einer Fußgängerbrücke die Nogat, um das komplette Schlosspanorama noch eimal zu genießen.

Marienburg

In aller Ruhe gingen wir zurück zum Bahnhof, holten unser Gepäck, kauften Fahrkarten nach Gdansk/Danzig, denn nun waren wir im Zugfahren in Polen schon "alte Hasen". Aus dem Zug hat man noch mal eine herrliche Aussicht auf das Schloss Marienburg.
In Gdansk ließen wir uns wieder mit dem Taxi zum Hotel bringen, es war in einer verschlossenen Anlage, ohne Beschriftung und eigentlich nur für Musiker gedacht ("Dom Muzyka"). In dem sehr guten Zimmer etwas ausgeruht, dann ging's zu Fuß in die Altstadt (5-10 Min.). Vom Hotel kommt man über eine Motlau-Brücke durch das "Grüne Tor", sieht aber das Krantor, das Wahrzeichen Danzigs, schon in der Nähe liegen. Die Hauptgasse, die "Dluga Torg", gingen wir ganz entlang, wunderschöne Gebäude, das Rathaus, der Neptunbrunnen. Am gegenüberliegenden (Goldenen) Tor gingen wir kurz raus auf den Theaterplatz, dann im nächsten Tor wieder hinein Richtung Marienkirche. Kurz davor kehrten wir in ein Fischrestaurant ein, es war zwar nicht so gemütlich, aber es gab sehr guten Fisch.
Als wir das Lokal verließen, fielen wir fast in die Marienkirche, wo gerade jetzt ein Orgelkonzert mit einem holländischen Organisten beginnen sollte. In der größten Backsteinkirche der Welt war dies ein eindrucksvoller Genuss.
Nach dem Konzert landeten wir direkt in der berühmten Mariacka, der Frauengasse. Angelika sorgte dafür, dass ein Bernstein-Designerin ihren Laden noch nicht gleich schloss.
Auch die Frauengasse hat wie alle Gassen ein Wassertor. Durch das gelangten wir an die Uferpromenade der Motlau und wanderten am Krantor vorbei zum Hafen, von wo ein Rockkonzert über das Wasser schallte. Auf einer alten Segelkogge ließen wir uns nieder und tranken bei dieser ebenfalls guten Musik noch ein Piwo. Gegen elf Uhr wanderten wir zu unserem ruhigen Hotel zurück, denn (wie in Paderborn) hörte die Open-Air-Musik vor elf Uhr auf.

Sa. 31.7.04 (0 km + viele km zu Fuß)
Heute war es soweit: wir würden unsere Reisegruppe treffen. Die meisten waren mit dem Nachtzug angereist und wurden vom Reiseleiter Piotr am Bahnhof abgeholt. Außer uns hatten noch drei andere bereits eine Nacht im Hotel Dom Muzyka geschlafen – doch die kannten wir noch nicht. Wir brachen ohne Frühstück gegen sieben Uhr im Hotel auf und gingen zu Fuß zu dem Restaurant "NOT", in dem die Gruppe frühstücken sollte. In der Meinung, dass wir die ersten wären, staunten wir nicht schlecht, als alle schon mitten beim Frühstück waren. Auch später sollte sich diese Gruppe als überaus pünktlich erweisen.
Das NOT hatte den Charme früherer DDR-Kulturhäuser und auch das Frühstück war das einfachste der gesamten Reise, obwohl es nicht schlecht war. Auch Piotr konnte noch keine Stimmung vermitteln, das schaffte aber unser bald eintreffender Stadtführer, ein alter lustiger Kaschube, umso besser. Eine hochinteressante Stadtführung gespickt mit persönlichen Erlebnissen und Ansichten brachte uns zum Altstädter Rathaus und Brigittenkirche in die Rechtstadt mit Wochenmarkt, Nikolaikirche, Bernsteinschleiferei (er schliff selbst einen Rohling), Marienkirche, Grünes Tor auf die Langgasse (Dlugi Targ) mit Rathaus und Brunnen. Hier waren drei kurzweilige Stunden vergangen und wir waren von der Geschichte und Schönheit Danzigs beeindruckt. Das besonders lebendige Treiben in der Stadt war auf das heute beginnende dreiwöchige Dominikaner-Fest zurückzuführen.
Der Nachmittag stand zur freien Verfügung, wir bestiegen erst mal den Rathausturm, um das Ganze von oben zu betrachten. Dann kauften wir ein paar Lebensmittel auf dem Markt (u. a. im Brotlaib), denn heute gab es noch nichts zu Mittag.
Nach einem kurzen Mittagsschlaf gingen wir auf die Motlau-Insel gegenüber vom Stadthafen, auch hier viele Vorbereitungen zum Fest. Mit einer kleinen Fähre setzten wir auf die Stadtseite über, da kam gerade die Kogge, auf der wir gestern ein Bier getrunken hatten, angefahren, wendete vor dem Krantor und legte wieder an. Man konnte bereits für die nächste Rundfahrt einsteigen, was wir auch taten. Die Rundfahrt führte zweimal vor der Rechtstadt entlang und vorbei an der Danzig-Werft (Geburtsort des Solidarnosc-Aufstands) durch den kompletten Danziger Hafen. Auf der Rückfahrt durfte Geli auch mal steuern.
Nun gingen wir durch das Krantor (das nur tagsüber geöffnet ist) vorbei an hunderten von Kirmes-Buden quer durch die Innenstadt bis zum Theaterplatz, wo ebenfalls eine Rockkonzertbühne aufgebaut war. Doch unser Gruppentreffen und gemeinsames Abendessen stand an.
Treffpunkt war vor dem Rathaus, dabei lernten wir auch Marek, unseren Fahrer, kennen. Piotr führte uns vom Rathaus zur Marienkirche und steuerte genau unser Fischlokal von gestern an, ging dann aber doch etwas weiter zu einem noch viel schöneren Restaurant (möglicherweise der "Hecht"), wo bereits eine tolle Tafel auf uns wartete. Natürlich gab es vier Gänge (Forelle) und noch viele Kleinigkeiten (Vodka, Kaffee, Süßigkeiten) zusätzlich. Hier stellten sich die einzelnen vor, es waren auch zwei gebürtige Paderbornerinnen dabei, die beide auf dem Michaelskloster zur Schule gegangen waren.
Danach trennte sich die Gruppe, wir gingen runter zum Hafen, wo bereits das nächste Rockkonzert begonnen hatte. Diesmal war die Bühne jenseits des Flusses auf der Insel, natürlich auch mit großen Leinwänden, so daß noch mehr Zuschauer in den Genuss kamen. Obwohl die Musik nicht ganz so gut wie gestern war (eine modische Boy-Group), herrschte eine tolle Atmosphäre.
Da bei den gewaltigen Menschenmassen auf der Uferpromenade kein Durchkommen mehr war, gingen wir in der zweiten Reihe (hinter den Wassertoren) am Ende zurück. Als wir gerade am Grünen Tor über die Brücke gingen, begann im Stadthafen das Eröffnungs-Feuerwerk. So kamen wir noch eine halbe Stunde später ins Bett.

So. 1.8.04 (48 km + 6 km zu Fuß)
Bereits um 7:30 Uhr trafen wir uns zum Frühstück, danach gaben wir unser Gepäck bei Marek ab und wanderten gemeinsam ein letztes Mal durch die Innenstadt von Danzig zum Bahnhof. Mit dem Zug reisten wir nun über Sopot/Zoppot, Gdynia/Gdingen nach Lebork/Lauenburg, wo vor dem Bahnhof Marek mit den Rädern auf uns wartete. Bei der Zugfahrt hatte es den einzigen Schwund auf der Reise gegeben: im Gedränge beim Einsteigen war einer Mitreisenden die Gürteltasche geöffnet und die Geldbörse entwendet worden. Durch schnelles Sperren der Karte konnte hoffentlich ein größerer Schaden verhindert werden.
Nach dem Regenschauer heute morgen war es auch schon wieder sehr heiß. Nachdem alle Räder angepasst und eingestellt waren, radelten wir durch die Stadt über Kisowo nach Swartowo. Hier war auf einer Wiese das erste Picknick für uns aufgebaut. Wir kannten das ja schon, die anderen waren total überrascht.
Dann ging die Fahrt weiter nach Sasino, dem Ort, wo wir schlafen sollten. Ausgesprochen viel Verkehr herrschte im Ort und auf der darauffolgenden Zufahrt zum Leuchtturm (Laternia), zum Glück ging es die ganze Zeit bergab. Am Fuß der Düne, auf der der Leuchtturm stand, stellten wir alle Räder an einen Zaun. Mit einigen anderen bewachten wir die Räder, währen Piotr mit den anderen zum Turm ging und Eintrittskarten kaufte. Hier machte ich die Bekanntschaft einer netten Eberswalder Familie, die in Leba im Urlaub war und heute einen Ausflug zum Leuchtturm machte.
Kurze Zeit später kam Marek (per Rad) und übernahm den Wachdienst. Wir stiegen den Dünenweg hoch zu dem enorm hohen Leuchtturm (doppelt so hoch wie die umstehenden Bäume). Von oben hat man eine tolle Aussicht auf Wald, Dünen und Ostsee bis nach Leba.
Nun folgte der "anstrengende" Rückweg, doch der war viel kürzer als erwartet: nach kurzer Zeit bog Piotr links ab und wir standen vor einem schönen Schloss, das für heute und morgen unsere Unterkunft sein sollte.

Das Schloss von Sasino

Nach dem Auspacken ruhten wir ein wenig, umrundeten das Schloss, vor dem Schloss war nicht nur ein Brunnen, sondern auch ein Mast mit einem gut bestzten Storchennest. Einige guckten aus ihrem Zimmer direkt auf das Nest. Pünktlich waren auch alle unten im Restaurant, wo es wieder ein üppiges Menü mit Schnitzel und warmem Apfelkuchen mit Eis gab.
Noch einmal beobachteten wir vor der Tür die Störche in ihrem Nest, bevor wir mit den Essenern die Bar des Hotels im Obergeschoss aufsuchten. Hier lief zwar gerade ein Ayurveda-Kurs und wir kamen uns ein wenig deplatziert vor, doch anschließend konnten wir uns noch nett unterhalten und Erfahrungen über Heisingen austauschen.

Mo. 2.8.04 (40 km + 8 km zu Fuß)
Da ich früh aufwachte, wollte ich die Störche vom Balkon des Schlosses fotografieren, doch leider war er verschlossen. So ging ich um das Schloss, besichtigte das Gestüt und den Lagerfeierplatz, den wir heute Abend beleben sollten. Das Frühstück war spät, denn heute hatten wir nicht weit zu fahren: von Sasino über Sarbork nach Leba. Am Bahnhof von Leba erwartete uns Marek mit Getränken und einem Verpflegungsbeutel, dann radelten wir durch die Stadt Richtung Nationalpark/Wanderdüne, auch Marek radelte mit. Am Eingang zum Nationalpark holte Piotr uns Eintrittskarten und hielt uns einen Vortrag. Endlose Menschenmassen hatten offensichtlich das gleiche Ziel wie wir.
Bis zur Wanderdüne war es immer noch recht weit (ca. 6 km), doch ab hier fuhren keine Autos mehr, nur noch Fußgänger, Radfahrer und Elektromobile. Plötzlich tat sich eine weiße Wand vor uns auf, Bäume steckten bis zur Krone darin und waren z. T. schon lange abgestorben. Hier mussten auch die Räder zurückgelassen werden (unter Bewachung) und die Düne wurde bestiegen. Von der ersten Anhöhe sah man schon die eigentliche Wanderdüne, die sich mit einer Höhe von über 40 Metern und einer Breite von ca. 200 Metern (und einer endlosen Länge) ca. 10 Meter im Jahr nach Osten bewegt. Über den Kamm der Wanderdüne geht man zum Ostseestrand, doch viele schienen sich an dieser spektakulären Stelle auch den ganzen Tag aufzuhalten oder den Abhang runter zu kugeln oder rauf zu krabbeln.

Wanderdüne von Leba

Wir gingen nach gebührender Bewunderung weiter über einige bewachsene Dünenkämme zum Strand und badeten (das einzige Mal) in der Ostsee. Das Wetter war nicht ganz einwandfrei, Sonne und Wolken, aber angenehme Temperaturen.
Nach einem langen Strandspaziergang folgte der Rückweg über den hohen Wanderdünenkamm, auf dem sich immer noch Hunderte von Menschen tummelten. Pünktlich waren alle wieder bei den Rädern, keiner war von der Wanderdüne begraben. So ging es gemütlich zurück zum Nationalparkeingang, wo noch Postkarten und Andenken gekauft wurden. Freudig wurde ich an dieser Stelle von den Eberswaldern begrüßt, die heute ebenfalls im Nationalpark waren.
Am Bahnhof verluden wir die Räder auf Mareks Anhänger und bestiegen einen gecharterten Reisebus, der uns zu Schloss von Sasino zurückbrachte. Hier wurde das Abendessen bereits am Lagerfeuer-Platz serviert, ein großer Teil dieses Platzes ist überdacht. Beim Essen traf auch der Musiker ein, ein echter Kaschube in Tracht mit Ziehharmonika. Er unterhielt uns bereits beim Essen und gab zwischendurch eine Runde echten kaschubischen Schnupftabaks aus. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, dass trotz des üppigen Menüs am Lagerfeuer Vorbereitungen zum Würstchengrillen getroffen wurden. Und so kam es auch: nach dem Essen zogen wir an das brennende Lagerfeuer um und jeder bekam einen Stock mit einem dicken Würstchen in die Hand gedrückt. Dazu sangen der Musiker, Piotr und Marek polnische Lieder, nachdem wir vorher (am Esstisch) ein paar deutsche Weisen zum Besten gegeben hatte (die zweite Strophe lautete immer: la, la, la ...).
Als wir draußen saßen, begann es zu regnen, und wir zogen uns wieder unter das Dach zurück, ein Pärchen wagte ein Tänzchen. Schnupftabak, Bier und Vodka machten noch mal die Runde, doch der arme Musiker musste noch 100 km bis nach Hause fahren. Nachts hatte es noch viel und stark geregnet.

Di. 3.8.04 (55 km)
Morgens war natürlich kein Regen mehr, denn heute war unser Silberhochzeitstag! An unserem Feiertag wurde früh gefrühstückt. Der Reisebus stand bereits vor der Tür. Das Gepäck kam in Mareks Transporter. Über Lebork/Lauenburg und Koscierzyna (hier wohnt der Musiker) brachte uns der Bus nach Wdzydze, wo uns ein kaschubisches Freilichtmuseum erwartete. Auf dem Parkplatz des Museums stand bereits Marek und bereitete das Picknick unter freiem Himmel vor, obwohl sich an demselben finstere Wolken ballten.
Piotr hatte am Vortag ein Museum mit "alten Hüten" angekündigt, was unsererseits heftiges Gelächter auslöste. Wir sahen aber keine alten Hüte, sondern alte Hütten. Erst jetzt begriff er seinen Versprecher. Besonders interessant waren neben den Hütten die alte Schule, die Kirche und ein schöner Blumen- und Kräutergarten.
Dann gab es Happi-Happi auf dem Parkplatz direkt vor einer Bäckerei, die auch leckeren Kuchen zum Nachtisch lieferte. Nun ging die Radfahrt los, zuerst ein wenig die Straße zurück, dann in ein Feriendorf hinein. Hier verfuhr sich Piotr auf einer höchst interessanten Strecke: viele waren mit den Rädern einen steilen Wanderweg zum Seeufer hinuntergefahren. Doch der See lag auf der verkehrten Seite, so lautete das Kommando: alle wieder hoch und zurück zur Straße. Hier fanden wir auch nach kurzer Strecke den richtigen Abzweig. Zum ersten Mal ging es auf eine Sandpiste, für die man durch eine schöne Landschaft entschädigt wurde. Durch Czarina führte eine Straße, dann folgten nur noch Sandwege durch einen großen Wald. Aufgrund des gestrigen Regens war der Weg gespickt mit riesigen Pfützen, die je nach Temperament mit Karacho durchfahren oder elegant umrundet wurden. In Piechwice hatte uns der feste Asphalt wieder.
Im nächsten Ort, Dziemiany, stand Marek mit Wasser und Schokopflaumen bereit und verschaffte uns neue Kräfte für die letzte, lange Etappe, die aber ausschließlich aus gut befahrbaren, verkehrsarmen Straßen bestand. Zwei oder drei Mitradlerinnen, die die lange Sandfahrt nicht gewohnt waren, konnte er auch in seinem Transporter mitnehmen.
Der Rest fuhr sich im Prinzip sehr leicht, es ging lange etwas bergab, so dass wir sehr schnell vorankamen. Doch ab Sludzienice hatte sich die Farbe der Wolken vor uns in ein tiefes Schwarz verwandelt, entgegenkommende Autos fuhren nur mit Licht, so dass wir uns auf das Schlimmste gefasst machten. Als wir dann mitten im Schwarzen waren, kamen tatsächlich ein paar mickerige Tropfen und fast noch trocken rollten wir in Bytow/Bütow ein, wo wir in der zweitgrößten Ordensburg Polens (nach Malbork/Marienburg) wohnten. Piotr kannte eine elegante Abkürzung für die Anfahrt, im Burg-Vorhof luden wir die Räder auf Mareks Anhänger und erst, als wir alle unsere Zimmer bezogen hatten, goss es so richtig los. Das störte keinen mehr, zumal dies der letzte Regen für uns in Polen war.
Beim Abendessen im Hotel-Restaurant gab es dann den Silberhochzeitssekt (aus Polen, süß, aber lecker). Uns wurde gratuliert und für uns wurde ein Glückwunsch-Ständchen (sogar als Kanon) angestimmt. Auch das Essen war erstklassig: eine kaschubische Spezialität (gefüllte Fleischkugel) als Hauptgang. Wir saßen noch lange an dieser Tafel, bis auch der Letzte (Heinz) gegangen war, zumal das Bett zwar sehr schön, aber nicht besonders gut zum Liegen geeignet war.

Mi. 4.8.04 (40 km)
Burgmauer in Bytow Heute war es wieder sonnig und warm, so sollte es auch den Rest der Zeit bleiben. Nach dem späten gemütlichen Frühstück trafen wir uns im Burginnenhof zum Besuch des kaschubischen Heimatmuseums. In so einer großen Burg ist natürlich nicht nur Platz für ein Hotel. Das Museum liegt im ältesten Teil der Burg, der früher mal ein Kloster gewesen ist. Eine nette Führerin erklärte uns auf Deutsch viele Dinge, die wir z. T. auch schon gestern im Freilichtmuseum gesehen hatten. Zum Museumsrundgang gehört auch die Besichtigung eines Turms und die Begehung eines Wehrgangs auf der hohen Burgmauer. Unten im Burghof liefen derweil die Vorbereitungen für ein mittelalterliches Burgfest, das wohl am Wochenende stattfinden sollte, akkustisch untermalt von Saxophon und Posaune, auf denen junge Musiker gekonnt probten.
Vor dem Picknick im Burghof blieb noch ein bisschen Zeit, die Burg einmal von außen zu umrunden. Hier konnte man auch gut den Abtritt erkennen, der uns im Museum von innen gezeigt worden war.
Marek hatte wieder einen leckeren Salat bereitet, so konnten wir gut gestärkt um 13 Uhr zu einer Radtour in die Umgebung Bytows aufbrechen. Zuerst ging es Richtung Krosnowo, dann zu einem See zum Baden. Das saubere und klare Wasser lud zum kompletten Durchqueren des Sees ein, doch so groß war der See auch nicht, dass das Probleme bereitete. Die Radtour ging anschließend weiter nach Struczewo, hier verteilte sich die Gruppe auf eine kürzere und eine längere Strecke. Wir fuhren über Modrzejewo und Tuchomko nach Dabrowka, das die anderen von Struczewo auf direktem Weg erreicht hatten. Entlang einer stillgelegten Bahnlinie näherten wir uns wieder Bytow, die Burg konnte man schon von weitem im Stadtzentrum erkennen.
Nachdem die Räder auf dem Hänger verstaut waren, genehmigten wir uns erst mal ein Bier im Burginnenhof, auch Piotr trank schon eines mit. Die Festvorbereitungen mit musikalischer Unterhaltung hoben unsere Laune weiter an.
Beim Abendessen kam die Kaschubische Volkstanzgruppe (vier Frauen, vier Männer und viele Musiker mit alten Instrumenten). Wir wurden häufig zum Mitmachen animiert, selbst der Verkauf der CDs und Cassetten wurde uns Gästen übertragen. Die Kostüme (wahrscheinlich auch der Tanz) waren wirklich erstklassig. Auch Piotr war in Hochstimmung, besass aber immerhin doch noch die Coolness, uns vom Sammeln für die Gruppe abzuhalten, da sie wohl schon sehr viel für diesen Auftritt kassiert hatten.

Die Kaschubische Volkstanzgruppe

Piotr lud uns (Geli und mich, die anderen waren keine Nachteulen) auch später noch ein, ein typisches Bierlokal in der Stadt zu besuchen (ganz nah bei der Burg). Es war (wie die meisten jungen Gäste) gut gefüllt und ein Bier kostete nur 2,80 Zloty. Wir probierten zwei verschiedene Sorten und unterhielten uns über Gott und die Welt und das Alter. Bestens gelaunt mussten wir uns auf dem Rückweg doch unterhaken, damit der Weg nicht zu lang wurde. Das Burgtor war bereits verschlossen – bis auf eine kleine Öffnung, das von einer Art Concierge überwacht wurde.

Do. 5.8.04 (65 km)
Schon früh wachte ich mit leichtem Kopfbrummen auf, die Sonne lachte darüber vom wolkenlosen Himmel. Piotr kam spät zum Frühstück. Wir verluden unser Gepäck, denn nächste Nacht waren wir in einem anderen Quartier. Ein Bus brachte uns aus Bytow heraus nach Süden. Kurz hinter Upilka setzte er uns mitten im Wald ab, doch Marek fand uns wieder und brachte auch unsere Räder mit. Vor uns lag eine ruhige lange Asphaltstraße durch endlose Wälder, ideal zum Unterhalten mit den anderen Gästen. Marek gab Wasser aus und am Rande eines Naturschutzgebietes gab es auf einem Lagerplatz das berühmte Picknick. Nebenan spielte eine polnische Kindergruppe auffällig brav mit ihren Betreuern. Auch sie waren mit dem Fahrrad da, teilweise äußerst klapprige und verkehrsuntüchtige Kinderräder, wie wir später beim Überholen feststellten.
Beim Picknick kletterte eine schwangere Eidechse auf die Riemchen meiner Wandersandalen. In die Riemchen sind Eidechsen eingewebt und die Rückenstruktur der Eidechse war der Gewebestruktur der Riemchen sehr ähnlich, Zufall?
Der nächste größere Ort war Czarne (kein sehenswertes Stadtbild). Kurz hinter dem Ort ging es bei einem Denkmal für 65000 Gefallene noch einmal auf eine Sandpiste, um die Gwda ud Osoka zu überqueren. Ab Drawien ging es wieder auf der Straße bis Czeczinek/Neustettin, wo wir erst auf der Hauptstraße, dann lange am See entlang zu unserem Hotel (direkt am See) radelten. Hier kamen die Räder in den Keller, wir bezogen die Zimmer, machten einen verspäteten Mittagsschlaf und gingen noch ein wenig am See entlang. Hier liefen viele farbig markierte Radwege entlang, entsprechend viele Radler trafen wir auch.
Nach dem wie immer üppigen Abendessen verabredeten wir uns mit Piotr und Heinz für ein empfohlenes Strandlokal, verpassten uns aber zunächst und gingen mit den Essenern los. Als wir bei Bier und Mücken saßen, kamen Heinz und Piotr noch einzeln nach. Heute war Schule das große Thema (wir hatten einige Lehrer dabei und Piotr ist schließlich auch Lehrer).

Fr. 6.8.04 (65 km)
Hier am See konnte man ausgezeichnet schlafen, es wurde auch etwas später gefrühstückt (mit Würstchen). Mit den Rädern fuhren wir am See entlang zurück, bis er südlich von Czeczinek endete, hier folgte das erste schöne Waldstück. Dahinter wurde die Bahn und eine größere Straße überquert, dann ging es wieder auf einen schönen Waldweg.
Marek stand mit seinem Transporter vor einem Badesee und fast alle gingen baden. Weiter ging's auf sandigen Waldpisten, bis es Heide-artig wurde und Truppenübungsplatz-Spuren auftauchten (wie in der Senne). Wie aus dem Nichts tauchte die "verlassene" Stadt Borne Sulinowo auf. Riesige verlassene Kasernen und Wohnblocks bilden hier eine Art Touristen-Attraktion. Je nach Dauer des Leerstands wuchsen bereits Bäume aus den leeren Fensterhöhlen heraus. Auch halbfertige Hochhäuser ware zu sehen, eine echte Geisterstadt. Viele Radwege führen durch Borne Sulinowo.
Nach dem Ort radelten wir wieder durch schöne Wälder. Ein merkwürdiges Denkmal mit einer übergroßen Kalaschnikow (oder so ähnlich) sowie ein Soldaten- und Angehörigenfriedhof unterbrach unsere Fahrt, dann machten wir Picknick an einem See (leider heute nur mit Lunchpaket). Ich ging auch baden, er war aber etwas morastig. Später gab es noch ein weiteres Denkmal bestehend aus einer Heckflosse einer MIG (an einer Absturzstelle). Noch ein bedeutendes Hindernis baute sich vor uns auf: bei einem Fluss, den wir unbedingt überqueren mussten, war die Brücke abgerissen, die neue aber noch nicht vorhanden. So mussten wir die Räder das steile Ufer hinunterschieben und den Bach auf einem kleinen Behelfssteg überqueren. Martha wurde dabei von ihrem eigenen Rad überholt, es passierte aber nichts weiter.
Noch wenige Kilometer Sandpiste zwischen einigen Seen, dann kamen wir auf eine schmale asphaltierte Straße bis kurz vor Czaplinek/Tempelburg. In "Gänsefahrt" radelten wir durch den dichten Verkehr in der Stadt und auch ein gutes Stück wieder hinaus, da bog endlich eine kleine Straße von der Hauptstraße ab und führte zu unserer Hotel/Pension, ein renoviertes Betriebsferienheim mit drumherum liegenden Einzelbungalows. Zur Abkühlung wurde gleich noch im angrenzenden See baden gegangen, geduscht und schon stand das Abendessen auf dem Plan.
Nach dem wie immer sehr leckeren Essen holten wir uns gezapftes Bier an der ein Stockwerk tiefer gelegenen Bar und setzten uns draußen mit Seeblick unter einen großen Sonnenschirm (die Sonne war allerdings schon untergegangen). Wir sprachen viel über Berlin und hörten zum Schluss noch eine wilde Stasi-Geschichte. Nachts ließ uns ein Hund nicht gerade ruhig schlafen.

Sa. 7.8.04 (45 km + 2 km Schwimmen)
Nach einem gemütlichen Frühstück begaben wir uns mit den Rädern wieder auf die schreckliche Hauptstraße, auf der heute am Samstag Morgen offensichtlic halb Polen mit dem Auto ans Meer wollte. Als wir die Straße endlich wieder (nach links) verlassen wollten, kam es zu mehreren Beinahe-Unfällen. Polnische Autofahrer sind auch nicht rücksichtsvoller als deutsche, wenn sie in ähnlichen Massen auftreten.
Nun folgten aber ruhige Straßen über kleine Dörfer, wir sahen viele Störche und sogar zwei Kraniche, die sich auf einer Feuchtwiese in angemessener Entfernung aufhielten. Plötzlich kreuzten wir einen frisch geteerten Radweg, der auf einer stillgelegten Bahnlinie entlang führte. Ein kurzes Stück konnten auch wir darauf fahren, dann ging's wieder links ab in die Natur. Nach dem Überqueren einer anderen Hauptstraße folgte noch ein Sandpistenstück, doch Marek hatte uns mit frischem Wasser versorgt. Wir überquerten noch kurzzeitig die Bahn, dann führte die Straße in schönen Bögen wieder nach Czaplinek hinein. Am Ortsanfang stand Marek und wollte uns mit dem Transporter vorausfahren, doch mitten im Ort riss die Gruppe auseinander und der Rest wusste nicht, wohin. Schließlich fand man sich doch wieder und ging (statt Picknick) in ein Restaurant, wo es ein "einfaches" Mittagessen geben sollte. Natürlich gab es Suppe und Nachtisch und als Hauptgericht leckere mit Pilzen und Kraut gefüllte Pfannkuchen.
Beim anschließenden Stadtbummel (letzte Gelegenheit, polnische Zloty auszugeben) landeten wir schnell in einer Eisdiele mit kühlendem Eiskaffee, es wurde aber auch Vodka und Danziger Goldwasser gekauft. Aus der Stadt heraus hatten wir noch einmal die sieben Kilometer Hauptstraßenfahrt.
Gleich nach der Ankunft hatten Verena, Heinz und ich uns eine größere Aufgabe vorgenommen: wir wollten den angrenzenden See (Jez. Zerdno) durchschwimmen, also bis ans andere Ufer – und natürlich auch zurück, nach unserer Schätzung jeweils ein knapper Kilometer. Gesagt, getan, und mit einer kurzen Pause auf der anderen Seite klappte alles prima. Die Mitradler, die sich an unserem Ufer sonnten, begrüßten unsere Rückkehr mit Beifall.
Nach einer Ruhepause probierte ich den Capuccino (2 Zloty), schließlich gehörte das Hotel Polens größtem Kaffeeröster, entsprechend gut waren Kaffee und Capuccino. Auch nach dem Abendessen gab es sehr starken Kaffee, dementsprechend wach war ich in der Nacht. Zum Glück hatte Irene eine Flasche Vodka gekauft, die sie abends unterm Sonnenschirm der Allgemeinheit zur Verfügung stellte. Mit dem Vodka konnte ich mir doch etwas Bettschwere erkämpfen. Auch der Hund verhielt sich diese Nacht ruhig.

So. 8.8.04 (53 km + 15 km Paddeln)
Nach dem Frühstück folgte ein überraschend langer Bustransfer, den wir waren ja schon an der Drawa und sollten auch in der Drawa paddeln. Doch die Drawa ist lang, bevor sie in die Notec/Netze fließt, die dann über Warta/Warthe in Oder/Odra und Ostsee fließt. Wir verließen kurz hinter Kalisz Pomorski den Bus und stiegen (immer zu zweit) in Paddelboote um. Die Drawa hat an dieser Stelle eine wunderbar gleichmäßige Strömung und viele Schlingpflanzen (Seerosen). Erst paddelten wir durch Schilf zwischen Wiesen, dann folgte auch Wald mit Prallhängen und vielen abgestorbenen Bäumen im Wasser, die wir mehr oder weniger elegant umkurvten.

Paddeln auf der Drawa

Auf halber Strecke entdeckte ich einen blinden Passagier in unserem Boot: ein dicker Frosch, der erst nach der Ankunft befreit wurde. Ein Party-Service, der zum Bootsverleih gehörte, baute an der Anlegestelle (nach ca. drei Stunden Fahrt) auf Holztischen ein komplettes Mittagessen mit Suppe und Kompott auf.
Nach dem Essen ging's per Rad weiter durch Drawino und Dominikowo, ab dort verwandelte sich die Straße in eine Schotter- und Sandpiste, aber immer noch ganz gut befahrbar. Hinter Krepa Krajenska kamen wir von der geplanten Route ab, weil ausgerechnet hier Piotrs Karte endete. Nach einem langen, äußerst anstrengenden Stück auf einer sehr schlecht befahrbaren Sandpiste (viel Treibsand) bekamen wir erst in Plociczno wieder Asphalt unter die Räder. Inzwischen waren wir auch völlig aus dem Zeitplan, so dass uns Marek vor Tuczno noch eimal mit frischem Wasser versorgen musste. Ein Glück, dass es Handys gibt!
Statt von Nordwesten näherten wir uns von Nordosten (allerdings auf einer gut befahrbaren Straße) der Stadt. Wir mussten noch durch das Stadtzentrum, da lag auf einer kleinen Anhöhe das Schloss von Tuczno. Völlig vergessen war diese Strapaze, als wir am Schloss eintrafen und Nature Travel (heute mal wieder "Nature Trouble") uns auf das Gelingen der Reise und der guten Ankunft nach der letzten Radtour ein Gläschen Sekt ausgab – das Ganze stilvoll auf der Freitreppe im Schlosshof.
Dann bezogen wir die urigen Zimmer, vorbei am riesigen Stammbaum der ehemaligen Schlossherren. Die Duschen blieben zunächst kalt wurden dann aber doch noch warm.
Das letzte Abendmahl gab es in einem Rittersaal an einer riesigen Tafel (die Ritter müssen lange Arme gehabt haben) und auf Stühlen mit extrem hohen senkrechten Lehnen. Nach dem Hauptgericht überreichten wir unsere Dankesspende an Piotr und Marek, da Marek bereits direkt nach dem Essen mit dem Transporter und dem Radanhänger nach Bialystok zurückfahren musste (gegen Morgen würde er wohl da sein).
Piotr lobte unsere Gruppe und Marek sprach einen Toast auf die deutsch-polnische Verständigung aus. Heinz lobte die tapferen Frauen und diese die hilfsbereiten Männer. Monika lobte ausdrücklich die tolerante und verständnisvolle Gruppe, die keinen zurückließ. Ja, es gab auch wirklich nichts auszusetzen.
Am großen Tisch wurden dann noch Landkarten nachgezeichnet und Adressen ausgetauscht, doch wie immer ziemlich früh waren wieder alle in ihren Betten verschwunden.

Mo. 9.8.04 (0 km)
Obwohl es schon um halb acht Frühstück gab, waren Geli und ich so früh wach, dass wir noch vorher einen Rundgang im Schlosshof machten, auch Heinz schloss sich an. Beim Frühstück verteilte Piotr Lunchpakete, die Brötchen hatte er selber seit sechs Uhr frisch geschmiert. Es folgte das letzte Packen und Gepäck in einen Bus einladen.
Kurz hinter Tuczno ging es bei Czlopa auf eine Art Bundesstraße über Gorzow/Landsberg nach Kostrzyn/Küstrin. Da wir (wie immer) sehr früh ankamen, erreichten wir noch einen früheren Zug. In nur fünf Minuten schafften wir Bus ausladen, den Weg durch den Bahnhof (mit Gepäck), Ausweiskontrolle, Sperrgitter, nochmals Ausweiskontrolle und Einsteigen, der Zug war inzwischen natürlich auch schon da. In einem Zug kann man sich prima unterhalten und alle waren überrascht, dass wir schon um 12:30 Uhr in Berlin-Lichtenberg eintrafen. Claudia und Reinhold brachen von hier gleich nach Usedom auf. Noch einmal stiegen alle anderen zusammen in die S-Bahn zum Ostbahnhof, doch Hannelore und Irene konnten schon am Ostkreuz zu ihren Zielen (in Berlin) umsteigen. Der Rest ging am Ostbahnhof (immer noch mit Piotr) zur Gepäckaufbewahrung, da unsere Züge erst viel später fuhren. Hier trennte sich dann der Rest, die Bonner Ecke, die Essener, Hannoveraner und die Bremen/Bentheimer (nach Paderborn wollten nur wir).
Noch immer ahnten wir nicht, dass dies heute unser Strandtag werden würde. Der Stadtplan zeigte, dass sich der Ostbahnhof dicht bei der Spree befindet. Wir wollten dahin, liefen jedoch vor eine Mauer, die sich als East Side Gallery und Bestandteil der ehemaligen Berliner Mauer herausstellte. Wir bestaunten also die aufgemalten Kunstwerke, in der Mitte der (sehr langen) Mauer war aber eine Lücke. Und dahinter fühlte man sich an Ostsee oder Karibik versetzt, ein großflächig aufgeschütteter Strand mit Liegestühlen, Sonnenschirmen und Strandbar: der "Oststrand". Dafür holte ich noch mal den Fotoapparat aus dem Gepäckschließfach (3 Euro). Gabi und Wolfgang tauchten auch noch auf, sie hatten den Strand vom Dach des Energie-Forums entdeckt.

Der Oststrand in Berlin

Nach drei Stunden Faulenzen im Liegestuhl (mit Getränken) gingen wir über das Energie-Forum zum Ostbahnhof zurück, trafen auf dem Bahnsteig ein letztes Mal Piotr, Maria und Monika sowie Gabi und Wolfgang.
Piotr fuhr nach Osten, die anderen in verschiedenen Zügen und Wagen Richtung Hannover. Doch kurz hinter Wolfsburg blieb der ICE zunächst auf freier Strecke stehen, um dann über Braunschweig nach Hannover zu fahren, wobei er sich eine Verspätung von über einer Stunde zuzog. Die Deutsche Bahn ist nicht in der Lage, uns einmal pünktlich in und aus dem Urlaub zu befördern, wie man in meinen anderen Reiseberichten nachlesen kann. Bei unserer so sehr späten Ankunft in Paderborn fuhr natürlich fast kein Bus mehr, so dass wir (wenigstens bequem und pünktlich) mit dem Taxi nach Hause fahren mussten. Zu Hause sah alles bestens aus, denn auch hier hatte sich in unserer Reisezeit das Wetter von der schönsten Seite gezeigt.

Fazit:
Mit Nature Travel zu reisen ist immer ein Genuss, dazu trug auch die sehr homogene Gruppe wesentlich bei. Besondere Höhepunkte der Pommerntour sind die einmalige Wanderdüne von Leba, die alte, aber lebendige und schöne Stadt Danzig, die Fahrt auf dem Oberland-Kanal (persönliche Verlängerung) sowie die Ordensburgen von Marienburg und Bytow. Die liebliche Landschaft, die man dazwischen durchradelt, ist ideal zum Erholen – und um das gute Essen wieder abzuarbeiten.


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