Eine selbst organisierte, 1000 km lange Radtour zu zweit mit Zugan- und -abreise und Unterkunft in Hotels und einem Privatzimmer
Teilnehmer: Angelika und Claus
Vorbereitung:
Festlegen der Route und Tagesetappen (in etwa), Kauf der Veloland-Routenführer Bände
1 und 2 (Routen 1 bis 6), Fahrkarten kaufen, Reservierung für die erste Nacht und
Sachen packen.
Mo. 9.7.01 (19 km)
Dauerregen in Paderborn!
Bereits um 6:10 Uhr mussten wir aufstehen, weil im Interregio nach Kassel schon
alle Fahrradplätze reserviert waren und wir uns so mit Bummelzügen bis dorthin
durchschlagen mussten. Auf dem Paderborner Bahnsteig fiel uns ein merkwürdiges altes
Klapprad mit Federung auf und wir begingen den Fehler, den Besitzer darauf
anzusprechen. Von Paderborn bis Warburg erzählte er uns, wie er das gebaut
hatte und was er sonst noch alles vorhatte zu bauen.
Auch in Kassel regnete es noch, doch zum Glück ist der Bahnhof überdacht. Vor unserem
IC nach Kempten kam der IR aus Paderborn an und spuckte tatsächlich jede Menge Räder
aus. Unser IC fuhr auf der ICE-Strecke nach Würzburg, was bedeutet: 10 Sekunden
Landschaft gucken, eine Minute Tunnel, dann dasselbe
wieder von vorn.
Allmählich hörte der
Regen auf und bei einer längeren Pause in Augsburg veranstaltete eine mitreisende
Jugendgruppe mit Che-Guevara-Fahne eine kleine Demo auf dem Bahnsteig.
In Kempten stiegen wir in einen EC nach Österreich um, eine westfälische Radlergruppe
(aus dem Paderborn-IR) begleitete uns dabei. In Lindau (Bahnhof auf der Insel direkt
am Hafen!) war bestes Sommerwetter mit strahlendem Sonnenschein. Hier war unsere
Zug-Endstation und wir tranken erstmal einen Capuccino in einem Straßencafe direkt
am Hafen mit Bodenseeblick.
Auf dem Bodensee-Radweg rollten wir dann das kurze
Stück bis Bregenz (Österreich), wo wir in der Pension Sonne (in der Fußgängerzone)
reserviert hatten. Nach dem Duschen gingen wir zur Uferpromenade, an der ein reges
Treiben herrschte: Radweg, Inliner, Cabaret-Spiegelzelt, Casino, See-Tribüne der
Bregenzer Festspiele. Auf letzterer
wurde am Abend kräftig geprobt ("La Boheme"),
denn die Eröffnung der Festspiele stand kurz bevor.
Nachdem wir ein bisschen zugeschaut hatten, versuchten wir, im Spiegelzelt einen Platz zu bekommen, doch darin war es wie in der Sauna, so dass wir draußen beim Italiener Platz nahmen und das Aufgeführte durch die dünnen Zeltwände akustisch wahrnahmen. Ruhig, aber sehr warm geschlafen.
Di. 10.7.01 (94 km)
Der Sonnenwirt bot uns ein spärliches Frühstück, aber das Wetter war bestens. Der
Bodensee-Radweg führte uns durch ein sehr angenehmes Naturschutzgebiet über die
Bregenzer Ach zum Neuen Rhein. Leider wäre unsere Tour hier beinahe zu Ende gewesen,
denn Angelika fuhr schnurstracks weiter Richtung St. Gallen, während ich mich kurz
orientierte. In welche der hier abgehenden sechs Richtungen sie gefahren war, konnte
ich nicht mehr entscheiden – und sie hatte die Karte ... und das Geld. Nach über einer
halben Stunde hatte sie sich zur Umkehr entschlossen und der Ärger ging in Freude
über.
Nun ging es tatsächlich rheinaufwärts und die unmerkliche Steigung, dafür ein
starker Rückenwind, ermöglichten ein rasantes Tempo. Wir fuhren jeden Umweg, den die
Velolandroute vorschlug. In Altstätten erwarben wir eine Schweizer Telefonkarte für
20 Franken, weil wir glaubten, wir müssten viel telefonieren. Die nächsten Orte waren
Oberriet, Rüthi, Augustisried, hier verfahren und die Hauptstraße nach
Buchs benutzt. Dort besichtigten wir das total niedliche Werdenberg
(kleinste Stadt der Schweiz, 20 verschiedene Holzbaustile), mit Weiher.
Bei der Ausfahrt aus Buchs hatten wir uns nochmal verfahren und die Rheinbrücke
nach Schaan (Liechtenstein) nicht gefunden, so fuhren wir auf dem hohen Rheindeich
(erste Schwindelgefühle) bis zur schönen
überdachten Holzbrücke nach Vaduz. Das Schloss des Großfürsten bietet einen herrlichen
Anblick, die Stadt selbst ist nichts besonderes, fast nur Banken, und laut. Von
hier Postkarten zu schreiben ist wg. der schönen Briefmarken Pflicht. Als aus der
Eisdiele schon schimpfende Ossis rauskamen, holten wir lieber beim Bäcker leckere
belegte Brötchen, um unseren Kalorienbedarf zu decken.
Weiter ging's auf der Schweizer Rheinseite und auf dem Deich bis Sargans, kurz vorher
war auf der anderen Seite noch die südlichste Liechtensteiner Burg (Gutenburg) zu
sehen. Das Velolandhotel hier war recht laut, die Altstadt lag aber gleich gegenüber
und die Burg bot einen herrlichen Ausblick auf das Rheintal, Seeztal
und die angrenzenden
Alpenberge. Ruhiger hätten wir im Zunfthaus zum Löwen geschlafen, doch immerhin haben
wir dort gut gegessen. In unserem Hotel tranken wir noch ein Bier, um in der Zeit das
Zimmer zu kühlen, es wurde trotzdem eine heiße Nacht.
Mi. 11.7.01 (58 km)
Das Frühstück war sehr gut und wir unterhielten uns noch mit einer Schweizer Familie,
die mit dem Rad von Disentis zum Bodensee fuhr. Im Supermarkt, wo wir unsere
Tagesration ergänzten, trafen wir sie noch mal wieder.
Zuerst ging es noch ein Stück
auf dem Rheindeich weiter, dann rechtsseitig steil hoch nach Fläsch, durch schöne
Weinberge mit guter Aussicht zum Weinort Maienfeld. Nach einem Halt im Schlosshof ging
es wieder bergauf nach Jenins und Malans. Endlich folgte eine steile Abfahrt zum
Rheinknie, wo Bahn, Landquart und Straße überquert werden. Bei Schloss Marschlins, das
nicht zu besichtigen ist, machten wir ein Picknick, kurz danach kamen wir wieder
direkt an den Rhein. Ein anderer Radler mit Gepäck schloss sich uns bis Chur an, er
hatte jedoch keine Zeit, die höher gelegene Altstadt zu besichtigen. Wir besichtigten
dort die Kathedrale und stärkten uns erstmals durch ein echtes Bircher-Müsli.
Nachdem der Rhein wieder erreicht ist, fährt man längere Zeit durch ein
Militärgebiet.
Kurz vor Ende der heutigen Tour gab es wieder zwei Bergwertungen: hoch nach Tamins,
steil runter zum Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein und nochmal tw. steil hoch
auf der Nebenstrecke nach Bonaduz. An der Zusammenflussstelle erwischte uns auch noch
ein Regenschauer, so dass wir froh waren, bereits am frühen Nachmittag in Bonaduz
anzukommen. Das Hotel (Alte Post) hatte zwar Ruhetag, aber für uns extra geöffnet.
Den anschließenden langen Regenschauer überstanden wir bei einem verspäteten
Mittagsschlaf in unserem nett eingerichteten Zimmer.
In der Bahnhofspizzeria konnte
man auch gut essen (noch besser wäre es sicher in der Alten Post gewesen). Am
Nachbartisch unterhielten sich drei auf räteromanisch: wir verstanden nur Bahnhof.
Bei langsam einbrechender Dunkelheit erkundeten wir den kleinen Ort zu Fuß, denn der
Regen hatte aufgehört. Im Stübli des Nachbarhotels tranken wir unser letztes Bier in
sehr uriger Atmoshäre und konnten anschließend auch gut schlafen.
Do. 12.7.01 (57 km)
Tag der Wahrheit! Unerwartet kamen heute ca. 900 Höhenmeter zusammen. Gleich morgens
kam die Sonne durch und es wurde ein wunderschöner Tag. Außerdem gab es das beste
Frühstück bisher mit leckerem Müsli.
Von Bonaduz ging's Richtung Versam,
erst steigend, dann steil (natürlich bergauf). Kurz hinter einer Baustelle war es
soweit: ein atemberaubender Blick von hoch oben auf die Rheinschlucht ("Grand Canyon"
der Schweiz). Wir fuhren etwas abwärts zu einer Nebenschlucht und zum Schluss extrem
steile Serpentinen hoch nach Versam, teilweise mussten wir sogar schieben. Selbst
hinter Versam stieg die Straße noch etwas, doch dann folgte eine tolle und lange
Abfahrt nach Valendas. Hier steht der größte hölzerne Dorfbrunnen Europas.
Weiter ging die Abfahrt nach Castrisch, einem italienisch-sprachigen Ort. Von den
vielen Fledermäusen in der Kirche war am hohen Vormittag natürlich nichts zu sehen.
Für ein Picknick reichte der Kirchplatz allemal.
Bei Ilanz kamen wir wieder direkt an den Rhein, dahinter ging es lange, lange
im Wald weiter – schön, aber anstrengend (ungepflastert) bis
Tavanasa. Zwei weitere Kilometer danach begann ein absolut unzumutbarer Feldweg bis
Trun, hier kann man nur zur Hauptstraße raten.
Der Waldweg danach war etwas angenehmer,
aber unsere Ansprüche waren auch nicht mehr hoch. Nach einer Rast in Surrein folgte
mal ein wirklich angenehmes Stück, bevor man über den Rhein gelenkt wurde, dort steil
hoch und sofort steil wieder runter, dann auf der linken Seite ganz steil (und lange)
hoch nach Cavardiras. Von dort steil bergab zum Rhein und auf der anderen Seite
wieder steil hoch nach Disentis, dessen Kloster man schon von weitem sehen konnte.
Hier waren wir fix und fertig!
In der Touristinformation empfahl man uns das Hotel Sax, 2 km außerhalb zwar, aber
damit schon näher am Oberalp-Pass.
Nach dem Duschen lasen wir in einer herumfliegenden Information, dass täglich um 18:00
Uhr im Kloster Gregorianische Gesänge zu hören seien. Mit einem strammen Fußmarsch
waren wir rechtzeitig da und es war wirklich ein Genuss. Nun meldete sich aber der
Hunger. Im Velohotel Bellavista (an der Straße) aßen wir die Graubündener Spezialität
"Capuns" (in Mangold eingewickelte Nudel-Fleisch-Füllung). In unserem Hotel etwas
abseits der Straße konnten wir sehr gut schlafen.
Fr. 13.7.01 (36 km)
Beim Aufwachen strahlender Sonnenschein! Und wiederum das beste Frühstück bisher,
diesmal mit echtem Bircher-Müsli.
Kurz vor halb neun saßen wir auf dem Rad. Die steil
aus Disentis herausführende Straße wurde noch mal etwas flacher, eine angenehm
gleichmäßige Steigung bis Sedrun (mit einem Tunnel). Im Ort ging es
sogar ein wenig abwärts, danach relativ flach bis Rueras, erst ein Stück dahinter
wurde es steiler. An der (noch wenig befahrenen) Straße oberhalb von Selva rasteten
wir auf einer Bank und schauten Golfspielern von oben zu.
Kurz danach tauchten wir von oben in eine Wolke ein und mussten sogar das Licht
anmachen. Bergab macht das nicht viel aus und mit Licht ging es auch in die ersten
Serpentinen, als wir plötzlich nach unten aus der Wolke herauskamen und Andermatt in
strahlendem Sonnenschein direkt unter uns lag. Diese Blick war wirklich
atemberaubend!
Dass wir uns jetzt im Kanton Uri befanden, war nicht zu überhören, denn in allen Ecken
wurde scharf geschossen. Nach der rasanten Abfahrt waren am Ortseingang die Schilder
"Waffenkontrolle" und "Schießplatz" nicht zu übersehen. Da das Verkehrsbüro noch
Mittagspause machte, fuhren wir weiter nach Hospental, wo jedoch auch geschossen wurde.
In der Pension "Schäfli" bekamen wir auch sofort ein Zimmerli (die sollten heute noch
knapp werden).
Nach einem Mittagsschlaf klapperten wir den Ort ab: Kirche,
Langobardenturm, Säumerbrücke waren die Sehenwürdigkeiten, denn schon in alten
Zeiten wurden von hier aus die drei Pässe begangen: Oberalp-, St. Gotthard- und
Furkapass. Ein Regenschauer scheuchte uns in ein Cafe, Abendessen gab es im "Rössli", es
bediente uns eine junge Schwedin ("Der Fitness-Teller ist sehr gut"). Hier trafen wir
auch eine ältere Radlerin, die bewusst nur Pässe fuhr (mit Gepäck). Morgen
hatte sie St. Gotthard und Nufenen vor.
Unser letztes Bier tranken wir beim Italiener,
die (weibliche) Bedienung las bezeichnenderweise gerade "Tour des Lebens" von
Lance Armstrong. Auch wir hatten das Buch kurz vor unserem Urlaub gelesen.
Vor Aufregung über den morgigen "Pass unseres Lebens" konnte ich nur schlecht schlafen.
Sa. 14.7.01 (38 km)
Der Himmel zeigte Sonne mit Wolken, unsere Passfahrerin war bereits vor uns beim
Fühstück und wir verabschiedeten uns jeweils mit den besten Wünschen.
Schon viertel
nach acht saßen wir auf den Rädern Richtung Furkapass, doch zunächst ging es
flach durch das Urserental (Bärental). Natürlich wurde auch schon wieder geschossen.
Oberhalb der Serpentinen schien es zunächst etwas flacher, doch die Straße führte endlos lange an der rechten Talseite (hoch oben und immer steil aufwärts) entlang. Die Eisenbahn sah man viel weiter unten im Tunnel verschwinden, während die höher liegende Straße bereits die ersten Schneefelder durchquerte. Die Baumgrenze hatten wir längst hinter uns gelassen.
Zum Abschluss gab es noch eine Doppelserpentine und dann waren wir oben! Eine tolle
Aussicht nach beiden Seiten, aber keine Einkehrmöglichkeit direkt auf Passhöhe
waren der Lohn. Viele Motorräder, aber auch ein Skilangläfer auf Rollenski überquerten
den Pass, der auf einer Seite ein meterhohe Schneewand aufwies. Nach einer längeren
Pause machten wir uns an die Abfahrt, doch bereits in der dritten Serpentine von
oben steht das schöne Hotel Belvedere, das diesen Namen zu Recht trägt: die Aussicht
auf das beginnende Rhonetal, den Rhonegletscher, den Ort Gletsch und den Grimselpass
ist unbeschreiblich schön. Und bei guter Fernsicht soll man sogar bis zum
Monte-Rosa-Massiv und Matterhorn gucken können.
An dieser Stelle wird jedes Jahr ein Gang in den Rhonegletscher geschlagen, in den man
so ca. 50 m hinein gehen kann. Der äußerlich schmutzig-graue Gletscher zeigt sich
innen in wunderschönem türkisblau, ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Auf weiteren
Serpentinen und am linken Talrand entlang geht es steil runter bis Gletsch, wo vor
einigen Jahren noch der Rhonegletscher geendet haben soll (Gletscherschliff ist
auf beiden Seiten vorhanden). Hier startet auch die Furka-Museumsbahn mit
Dampflokomotiven, seit 2001 ist sie wieder in Betrieb. Leider war in Gletsch auch
"Töff-Treff", sprich hunderte von Motorrädern. Der Verkehr war auch wesentlich stärker
geworden, aber schließlich war ja jetzt Samstag Nachmittag.
Auch hinter Gletsch
ging die Straße immer noch steil bergab bis Oberwald, hier wollten wir eigentlich
telefonieren, dabei sahen wir das schöne Sporthotel abseits der Hauptstraße, so dass
wir uns entschlossen, gleich hier zu bleiben. Nach dem Duschen machten wir unseren
üblichen Ortsrundgang, der hier besonders interessant war, weil wir erstmals auf
die wallisische Architektur mit den dunklen Holzbalkenhäusern stießen.
Im Velohotel Tannenhof schräg gegenüber haben wir auch besonders lecker gegessen:
Zander und wallisisches Steak. Mit dem Gefühl, den "Pass unseres Lebens" bezwungen
zu haben, schliefen wir wunderbar – bei Regen und Gewitter.
So. 15.7.01 (0 km)
Auch am Morgen regnete es noch. Im Sporthotel gab es ein hervorragendes Frühstück,
danach entschlossen wir uns, hier noch einen Tag zu bleiben und besseres Wetter
abzuwarten. Lesematerial hatten wir mit, außerdem gab es einen Fernseher und es
lief die Tour de France und Formel 1. Es regnete den ganzen Tag.
Nachmittags gönnten wir uns einen Eisbecher
in unserem Hotelrestaurant, dabei lernten wir nette Amerikaner aus Californien
kennen. Nach einer angeregten Unterhaltung verabredeten wir uns zum Abendesen im
"Tannenhof". Sie hatten auch ihre Verwandten mitgebracht, es wurde ein lustiger
Abend bei Bier und Steak vom "heißen Stein".
Unterdessen kam zum Gewitter auch noch
starker Sturm, so dass auf dem Rückweg ein kleiner Sprint notwendig wurde. Schlafen
bei offenem Fenster war wg. des Sturms nicht möglich.
Mo. 16.7.01 (72 km)
Der Regen hatte aufgehört, aber der Himmel war komplett wolkenverhangen. Beim
Frühstück öffnete sich plötzlich ein Wolkenfenster vor dem mit frischem Schnee
bedeckten Weißhorn (4505 m hoch), ein tolles
Fotomotiv. Schließlich hatte es gestern ab 2000 m Höhe geschneit.
Beim Losradeln verabschiedeten uns die Amerikaner, nachdem sie Fotos von meinem
"funny bicycle" geschossen hatten. Schon nach 200 m merkten wir, dass Gelis Lenker
locker war. So war sie wohl den Furkapass runter gefahren . . .
Es war kalt geworden, doch wir hatten einen schönen Radweg entlang der
schmutzig-braunen jungen Rhone (Goms), teilweise aber auch ganz schön unterspült.
Es ging überwiegend bergab, bei Ulrichen überquerten wir die Passstraße zum Nufenen.
Wir blieben weiter auf der Nebenstrecke bis Ernen, das aus schönen wallisischen
Holzhäusern bestand, dahinter folgte eine (fast) Passabfahrt nach Lax zur Rhone
zurück. Ab dort fuhren wir Hauptstraße und jetzt gab es noch eine richtige
Serpentinenabfahrt von oberhalb der Rhoneschlucht.
Kurz vor Naters ging es wieder auf einen Radweg (auf dem Rhonedeich). In Brig
kehrten wir am schönsten Platz der Stadt ein und aßen bei strahlendem Sonnenschein
Eis. Nach der Besichtigung des (Kaufmanns-) Schlosses Stockalper-Palast
fuhren wir weiter an der Rhone nach Visp, wo gerade der Zug nach Zermatt
den Bahnhof verließ. Wir kauften Fahrkarten, doch der nächste Zug mit Fahrradverlad
ging erst in knapp zwei Stunden, so besichtigten wir den Ort. An jeder Ecke des Ortes
waren Barometer angebracht, und alle fielen ... Schweren Herzens gaben wir unsere
Fahrkarten am Bahnhof zurück, da die Aussicht auf ein Matterhorn-Panorama gleich Null
war.
Bei starkem Gegenwind fuhren wir ein Stück weiter bis Raron und nahmen dort ein
Hotelzimmer. Die Felsenkirche war die einzige Sehenswürdigkeit. In unserem Hotel
bekamen wir ein komplettes Menü mit Suppe und Nachtisch für 17 Franken. Im zweiten
Lokal des Ortes tranken wir noch ein Bier.
Di. 17.7.01 (53 km)
Morgens waren dunkle Wolken am Himmel, doch sie lösten sich bald auf und es wurde
ein strahlend sonniger Tag. Das Frühstück wurde uns von einer Dänin serviert, die wir
gestern Abend im zweiten Lokal getroffen hatten.
Bei Gampel überquerten wir eine weitere Passstraße (Lötschberg-Tunnel), dann
erschien links die Felsenwand "Gorwetschgrat" und rechts
die Satellitenohren über Leuk. Von Susten fuhren wir nach Leuk hoch, doch die mühsam
erreichte erste Kirche war nur eine Kapelle, also weiter steil hoch bis zur
Stephanskirche in der Ortsmitte. Tatsächlich waren im unteren Teil ca. 20000 echte
Menschenschädel und Oberschenkelknochen. Wo wir schon mal hier oben waren, besichtigten
wir auch den Ort, er ist auch wirklich ganz schön. Als wir dann noch einkehrten,
bekamen wir noch eine Abkürzungsempfehlung, so dass wir die gewonnene Höhe nicht
komplett verschenken mussten. Hinter dem Ort war eine (nicht in der Karte verzeichnete)
Brücke, die uns direkt nach Varen und Salgesch führte.
In Varen bogen wir
dummerweise hoch in die Weinberge, die wenig befahrene Straße wäre hier besser
gewesen. So fanden wir jedoch eine schöne Bank zum Picknick mit herrlicher Aussicht
auf das Rhonetal bis Sion. Die Abfahrt war ebenfalls nicht zu verachten.
Vor Sierre machten wir keine Experimente mehr und blieben auf der Straße. In Sierre
beginnt der (sonnige) Süden, aus Wallis wurde Valais und auch sonst war alles
französisch. Ein kurzer Streifzug durchs Zentrum, dann fuhren wir über Chippis zur
Rhone zurück und auf dem Deich bis kurz vor Sion, dabei hat man einen schönen
Blick auf die beiden Burgberge.
Die Stadteinfahrt war kompliziert, am Bahnhof orientiert, dann zum Verkehrbüro, ins
"Hotel du Midi" gezogen. Die Räder kamen in den Tanzsaal, geduscht, dann erkundeten
wir den Ort und stiegen auf beide Burgberge Domkapitel Valère und Burg Tourbillon.
Vom Sporn des hinteren Burgbergs (Tourbillon) hat
man eine tolle Aussicht auf das Rhonetal.
In unserem Hotel hatten sie uns Halbpension für 30 Franken angeboten, wir entschlossen
uns dazu und wurden durch ein wunderbares Menü verwöhnt: Ententerrine, Fischcarpaccio,
Steinbutt, Rinderfilet und ein toller Nachtisch. Beim anschließenden Spaziergang
machten wir ein Foto von den angestrahlten Burgbergen und setzten uns noch in
ein Straßenlokal.
Mi. 18.7.01 (34 km)
Morgens regnete es. Im Gegensatz zum Abendmenü war das Frühstück französisch sparsam.
Im Kaufhaus ergänzten wir es durch einen wallisischen Weichkäse und Obst.
Inzwischen
hatte es erneut begonnen zu regnen, der Weg auf dem Rhonedeich war die reinste
Matsche, zudem ihn auch noch Schweizer Soldaten bei einem Regenmarsch zertrampelten.
Ein Stück weiter war er zum Glück geteert, doch immer wieder mussten wir uns wegen
stärkerer Schauer unterstellen. In Riddes warteten wir einen Schauer im Cafe bei
einem Kaffee ab, auch auf französisch wurde das Liegerad bestaunt. In Saxon mussten
wir uns schon wieder unterstellen.
Von hinten fuhren wir dann nach Martigny hinein,
wo wir wg. des Wetters auch bleiben wollten. Trotz hektischem Verkehr fanden wir das
Verkehrsbüro und buchten das Motel du Sports mit schöner ruhiger Lage.
Während wir
duschten, hörte der Regen auf, und wir gingen zu Fuß los: Amphitheater (denn schon
die alten Römer zogen hier über die Alpen), Picasso-Ausstellung im Museum, römische
Ausgrabungen, Eis in der Innenstadt und auf den Turm von Chateau La Batiaz, von dem
man die Täler des Rhoneknies wunderbar überblicken kann.
Heute aßen wir italienisch (Gambas), ein letztes Bier tranken wir in unserer
Hotel-Sport-Bar, anschließend genossen wir den herrlichen Ausblick auf den
angestrahlten Turm des Chateau La Batiaz über der Stadt. Herrlich geschlafen.
Do. 19.7.01 (54 km)
Heute war das Frühstück besser und auch das Wetter war viel besser als in der
Vorhersage, so dass wir früh aufbrachen und entlang der Dranse zur Rhone fuhren. Dort
gab es ruhige Radwege auf dem Deich sowie die Aussicht auf einen eindrucksvollen
Wasserfall mit dem schönen Spitznamen "Pissevache".
Vor St. Maurice ein Stück Straße,
eine angenehme Stadtdurchfahrt, wir besichtigten hier eine sehr alte Kirche und
fuhren dann wieder auf den Rhone-Deich. Bei Monthey war sehr viel Industrie (neben
vielen Obstbäumen). Neben Illarsaz war der Zugang der weggeschwemmten Rhonebrücke
nach Aigle zu erkennen. Schloss Aigle war leider nicht zu sehen, aber wir wollten auch
nicht auf der Straßenbrücke rüberfahren. Von weitem konnte man dagegen das AKW
Chavalon oberhalb des Genfer Sees sehen.
Die letzte Rhonebrücke vor dem Genfer See
war eine Radlerbrücke, auf der anderen Seite durchfuhren wir ein schönes
Naturschutzgebiet "Les Grangettes", bevor wir den See bei Villeneuve das erste Mal
richtig sehen konnten. Ab hier fuhren wir auf der Uferpromenade, was jedoch rund um
das schöne Chateau de Chillon nicht ganz unproblematisch war.
In unserem Zielort
Montreux konnten wir uns früh orientieren: das Velohotel Elite lag zu dicht an der
Hauptstraße, Hotel Bon-Port war belegt, aber wir bekamen einen guten Tipp: in der
Hostellerie du Lac (direkt am See) wäre noch ein Zimmer frei. Tatsächlich war es das
schönste Zimmer des Hauses: mit Seeblick und einem kleinen Balkon mit Marmorsäulen.
Und das ganze vorne auf der Halbinsel, die in den See hineinragt. Auf der (geheizten)
Hotelterrasse spielte eine 2-Mann-Band Jazz, für uns gab es dort einen Eisbecher.
Dann schlenderten wir weiter am Ufer entlang: in Montreux war der drittletzte Tag
eines zweiwöchigen Jazzfestivals mit mehreren Bühnen und Hunderten von Verkaufsbuden.
Bis Clarens und zurück gewandert, im Kongresszentrum und vor dem Casino gewesen, dann
etwas auf unserem Balkon gesessen. Mittlerweile hatte auf der Bühne nebenan eine
Jazzband begonnen zu spielen, aber die besten Plätze waren noch zu bekommen. Zunächst
spielte eine
tolle französische Band mit südamerikanischem Einschlag.
Um möglichst wenig zu verpassen, aßen wir eine Pizza und gingen zur nächsten Band
"Dig it" aus der Schweiz (Funk-Jazz). Zwischendurch gingen wir auch mal zur großen
Bühne am Kongresszentrum, doch wir fanden es bei uns gemütlicher. Zum Schluss spielte
eine Schweizer Folk-Jazz-Gruppe mit Mundharmonika. Wir konnten gut schlafen, weil
es kurz danach regnete.
Fr. 20.7.01 (31 km)
Beim (leckeren) Frühstück gab es einen starken Regenschauer, danach konnten wir zwar
im Trockenen losfahren, es kam aber immer wieder Nieselregen auf. Außerdem mussten
wir fast immer auf der Hauptstraße fahren, da das Nordufer des Genfer Sees recht
steil ist und keinen Platz für Radwege lässt.
Die "Auberge du Raisin" in Cully
(Wolfram Siebeck) war eine Baustelle, am ungemütlichen Bahnhof stellten wir uns eine
zeitlang unter, bevor eine schöne Weinbergstraße folgte. Dort erwischte uns aber
ein richtiger Gewitterschauer, wovon ein Mini-Dächlein nur das gröbste abhielt.
In Lavaux waren wir wieder auf der Hauptstraße, in Paudex mussten wir noch einmal
Schutz suchen, dann rollten wir am Olympiazentrum vorbei nach Lausanne-Hafen (Ouchy)
ein. Ein Zimmer im Hotel Navigation war uns zu teuer und zu laut, so fuhren wir
bergauf Richtung Lausanne-Zentrum. Nach einem weiteren zu teuren Hotel fanden wir
im "A la Gare" (Zum Bahnhof) das richtige – und auch noch ruhig (kleine
Fußgängerzone).
Durch den Bahnhof kam man zu Fuß direkt in die Innenstadt, ich habe allerdings noch
nie so eine steile Innenstadt gesehen wie die von Lausanne. Zuerst besichtigten wir
die Kathedrale, dann gingen wir weiter vorbei am Chateau zum Park mit Hermitage.
In diesem schönen Schlösschen war die bedeutendste Ausstellung Lausannes (u. a.
Picasso, Klee). Und vor der Hermitage gab es leckeres Mövenpick-Eis (Kultur macht
hungrig).
Während des Ausstellungsbesuchs gab es wieder einen starken Guss, danach
konnten wir jedoch trocken zurück. Am Hotel de Ville tranken wir etwas und aßen
später auch gut: Fondue Chinoise und Tiramisu.
Sa. 21.7.01 (65 km)
Heute war strahlender Sonnenschein, aber kalter Nordwind. Inmitten einer großen
Radlergruppe aus Aalen, die entlang der Aare nach Lausanne gekommen waren, genossen
wir ein gutes Frühstück.
Um auf unsere Velo-Route zu kommen, mussten wir wieder runter
zum See, aber auch hier fuhr es sich nicht gut, so dass wir froh waren, nach ca. 10
km endlich vom See weg zu kommen. Und gleich gab es wieder schöne Radwege, manchmal
aber auch matschige Waldwege vom gestrigen Regen. Eine Abkürzung wagten wir wg. dieser
Zustände nicht und fuhren hoch nach Gollion, wo es nur ein kaputtes Telefon gab.
Inzwischen war es richtig heiß geworden. Nach der Abfahrt kam Penthalaz, dann
ging es lange an der
Bahn entlang, bis sich der Mormont in den Weg stellte (europäische Wasserscheide wie
Furka-Pass), durch den es schon mehrere vergebliche Kanalversuche gegeben hat. Wir
wurden um den Berg herum nach La Sarraz geleitet, wo es ein schönes Schloss gab, das uns
zum Picknick einlud.
Auch danach folgten schöne Radwege entlang der Bahn, aber immer
bei starkem Gegenwind. Nach Yverdon-les-Bains wurde man merkwürdig unter der Autobahn
in die Stadt geleitet, kam dort aber direkt in die Fußgängerzone zum Schloss.
Samstag
bedeutet immer Schwierigkeiten bei der Hotelsuche, zweimal verfahren, schließlich
nahmen wir das letzte Zimmer im Motel du Bains an einer lauten Straße. Nach dem
Duschen gingen wir zu Fuß in die Stadt, entdeckten ein Bio-Cafe mit Bio-Eis, besuchten
eine Ausstellung mit Reisetagebuch-Zeichnungen und klapperten den Rest der
Fußgängerzone ab. Dann tranken wir ein Bio-Bier und aßen ein Bio-Menü.
Den Verdauungsspaziergang machten wir zum Hafen und Campingplatz, vorbei an den
Menhiren und einem lustigen Hotel (mit Zimmer für 40 SFr.).
So. 22.7.01 (51 km)
Ein mäßiges Frühstück, dafür gab es einen wolkenlosen Himmel.
Nochmal fuhren wir mit
dem Rad an der Innenstadt vorbei zum Sportzentrum, nach etwas Suchen fanden wir die
Menhire (Hinkelsteine) diesmal tatsächlich. Entlang einer Straße führte ein gut
befahrener Radweg durch das Naturschutzgebiet Champ Pittet.
In Yvonand kam man einmal
kurz an den Strand des Lac de Neuchatel, dann an der Bahn entlang, wobei wir die
Abkürzung mit gefährlichen Bahnübergängen wählten. Der zweite war jedoch eine
Unterführung. Nach dem Naturschutzgebiet eröffnete sich ein wunderbarer Blick auf
Estavayer-le-Lac mit Burg, Stadttoren und -türmen.
Wir wurden auch durch den Ort
geleitet, natürlich bergauf. Aber danach blieben wir auf der gewonnenen Höhe bis
Chevroux.
Dann ging's wieder dicht am Schilf entlang. In Portalban mussten wir durch
ein großes Strandbad, um zur Fähre nach Neuchatel zu gelangen. Während des Wartens
gab es ein zweites Frühstück. Außer unseren wurden noch zwei Räder mit Anhängern
verladen, Radfahrer sind doch die treuesten Bahn- und Schiffsreisenden.
Die 25-minütige
Fahrt verbrachten wir auf dem Deck. In Neuchatel legten wir direkt vor dem
Tourism Bureau an, doch es war nur ein Zimmer in St. Blaise zu bekommen (das Hotel
du Marche hatte Ruhetag). Einen Eisbecher aßen wir am schönen Maison des Halles, dann
besichtigten wir Burg, Kirche und Kreuzgang und genossen die schöne Aussicht auf
den See mit den schneebedeckten Bergen des Berner Oberlands
dahinter.
Unten kehrten wir nochmal ein und
fanden dann einen guten Radweg nach St. Blaise. Für unsere Hotelverabredung waren wir
noch zu früh, so tranken wir bei "Jean Louis" noch ein Bier. Hier wird man von der
Wirtin noch mit Handschlag begrüßt. Nach unserer Hotelverabredung gingen wir auch zu
"Jean Louis" zum Essen, diesmal begrüßte uns der Wirt mit Handschlag.
In der Dämmerung
machten wir noch einen Spaziergang an dem hier sehr schön gestalteten Seeufer mit
Badebuchten, Grillplätzen, Holzbrücken und Findlingen.
Mo. 23.7.01 (79 km)
Das Frühstück war einfach, schwierig war es dagegen, aus St. Blaise heraus zu finden.
Schließlich fuhren wir auf der Landstraße nach Le Landeron, einem tollen alten
Städtchen mit Stadttoren und malerischem Stadtbild.
Dann führte die Route nach Erlach
am Bieler See, doch dieser ist (zugangsmäßig) größtenteils in Privatbesitz, so dass
man ihn fast nie richtig zu sehen bekommt.
Am Kraftwerk in Hageneck, wo die Aare in
den Bieler See fließt, wurden wir blöderwise auf den Berg geleitet, in Geolfingen
fuhren wir wieder runter zum See und dort auf einem Wanderweg durch das schöne
Naturschutzgebiet Möriger Bucht. Noch ein kurzer Berg, dann wurden wir schön flach
nach Biel hineingeführt. Nachdem wir die Altstadt erst nicht richtig gefunden hatten,
tranken wir im Altstadt-Stübli erst mal was, und dann standen wir schon mitten drin.
Ein Eisbecher kam jetzt gerade recht, nachdem wir auch schon ein Zimmer in Solothurn
reserviert hatten.
Heraus aus Biel fanden wir zunächst schlecht, doch nachdem wir in
Brügg über die Aarebrücke gefahren waren, befanden wir uns wieder auf der
Veloland-Route. Lange ging es schön auf dem Deich entlang, mal links mal rechts,
Büren hat eine schöne gedeckte Holzbrücke über die (sehr breite) Aare und am Himmel
hinter uns konnte man einen wunderschönen Gewitteramboss bewundern.
Kurz vor Altreu waren plötzlich vier Störche auf einem Feld, ganz nah am Weg und
kein bisschen scheu. Wir fühlten uns wie nach Masuren versetzt. In Altreu kam die
Auflösung: fast jedes Haus hatte ein bewohntes Storchennest auf dem Dach, ein
richtiges Storchendorf!
Hier bemerkten wir auch, dass sich der Himmel hinter uns pechschwarz verfärbt hatte.
Wir flitzten jetzt nach Solothurn, doch zu allem Überfluss verfuhren wir uns auch noch.
Als auf einem schmalen Brückchen auch noch zwei Kampfhunde auftauchten, waren unsere
Nerven fast am Ende. Doch als wir den Weg wieder fanden, rollten wir noch sehr angenehm
und trocken an der Aare entlang bis in die schöne Solothurner Innenstadt.
Unser Velo-Hotel (Kreuz)
war allerdings eine Zumutung: eine Dusche, zwei Toiletten und zwei Waschbecken für
die ganze (große) Etage. Die Jugendherberge direkt nebenan wirkte dagegen wie ein
Luxushotel. Dieses Hotel ist keinesfalls zu empfehlen!
Nach dem Duschen gingen wir in die Innenstadt und bestiegen den Turm der
St.-Ursen-Kathedrale mit toller Aussicht. Der Turmwärter schloss aber direkt hinter
uns den Turm wg. des immer noch dohenden Gewitters. Beim Stadtrundgang hielten wir
auch immer Ausschau nach einem geeigneten Restaurant. Weil es immer noch sehr heiß war,
entschieden wir uns, auf einer Terrasse in der Fußgängerzone zu essen. Wenn es bis
jetzt nicht geregnet hatte, würde es wohl auch nicht mehr anfangen. Zudem saßen wir
unter großen Sonnenschirmen.
Erstmals hatte ich einen leckeren Berner Rösti, nicht
zu vergleichen mit den hier erhältlichen Röstinchen. Bei den letzten Happen begann
plötzlich ein starker Gewitterguss mit Blitz und Donner, so dass wir Mühe hatten, trocken
zu Ende zu essen. Mit unseren Getränken verzogen wir uns dann nach innen an einen
Burschenschaftstisch. Es hörte aber nicht auf, so dass wir schließlich noch zu unserem
Hotel von Vordach zu Vordach sprinten mussten.
Wie erwartet konnte man in diesem heruntergekommenen Hotel schlecht schlafen.
Di. 24.7.01 (62 km)
Morgens hieß es: Warten aufs Waschbecken. Hier haben die Schweizer wirklich
übertrieben, immer nur Geld scheffeln und nichts investieren, das reicht nicht!
Das Frühstück war einfach, aber nicht so schlecht wie der Rest.
Hinter Solothurn
gab es erst schöne Radwege abseits der Aare, hinter Wangen kamen wir wieder an den
Fluss zurück. Bis jetzt war es noch kühl und bewölkt, doch langsam brach die Sonne
durch. Walliswil, Berken, Aarwangen und Wolfwil waren die nächsten Orte. Kurz vor
letzterem kehrten wir im alten Fährhaus ein, im Ort war der berühmte Gasthof Kreuz
(Ruhetag). "Reich ist, wer genug hat" war dort zu lesen. Wahrscheinlich hatten sie
wg. Reichtum geschlossen.
Hinter Wolfswil gab es schöne Waldstrecken bis kurz vor
Aarburg, dann fuhren wir lange zwischen Bahn und Aare. In Olten suchten wir uns
einen schönen Platz mit Aareblick zum Picknick und unterhielten uns dabei mit
anderen Schweizer Reiseradlern.
Anschließend besuchten wir noch die schöne Altstadt, bevor wir weiter an der Aare
oder Nebenläufen sehr schön hinein nach Aarau gelenkt wurden. Wir suchten das
Verkehrsbüro und bekamen eine abenteuerliche Privatunterkunft vermittelt, vorne
Bäckerei und hinten Restaurant. Auf dem vollgestellten Flur befand sich ein
Duschschrank, eine Toilette fanden wir zunächst nicht. Nicht mal das zugehörige
Restaurant fanden wir auf Anhieb, wir waren kurz vor dem Aufgeben. Die Wirtin
beruhigte uns wieder, zeigte uns die Toilette von unten (man musste durch ein
bewohntes Zimmer und über einen Balkon) und servierte uns ein Eis.
Wir besichtigten
die Innenstadt mit den schönen Giebeln und die Kirche, dann gingen wir noch mal durch
die Kaufhäuser und runter zum Aareufer und Philosophenweg mit weisen Sprüchen. Am
Schlössli entlang ging's wieder hoch in die Stadt, wo wir bei unserer Wirtin ein
leckeres Raclette aßen. Das nahmen auch die wenigen anderen Gäste. Dafür hatten
die Wirtsleute ihre gesamte Großfamilie zu Besuch, u. a. aus Thailand, wir bekamen
original thailändische Früchte zum Nachtisch.
Nachts ging ich durch das Zimmer des Sohns zur Toilette.
Mi. 25.7.01 (68 km)
Heute gab es bestes Bäckerfrühstück und noch ein Sandwich zum Mitnehmen.
Am kühlen
Morgen fuhren wir meist im Schatten. In Brugg besuchten wir das Kloster mit der
Geschichte auf den Glasfenstern. Dann verließen wir die Aare und fuhren kurze
Zeit im Tal der Reuß, die wir schon aus dem Hochgebirge in Andermatt kannten.
In Mülligen füllten wir unsere Flaschen an einem Brunnen.
Jetzt kamen wir auf eine schreckliche
Strecke, Berge, viele Straßen und Autobahnen, bis Baden. Von hier ging es in einem
sonnigen Bachtal immer leicht bergauf und kein Baum spendete uns Schatten. Kurz
vor dem Zusammenbrechen erreichten wir Adlikon, wo wir in einem lauten
Geschäftsrestaurant ein kühles Getränk bestellten.
Als wir von der Veloroute nach
Zürich abbogen, kamen wir in eine Befragung (Veloland). Richtung Zürich ging immer
noch bergauf, erst zum Schluss in dichtem Verkehr bergab in die Stadt. Als wir nach
dem Bahnhof fragten, standen wir schon direkt davor, ein schönes Gebäude mit einer
riesigen leeren Bahnhofshalle. Die Touristinformation im Bahnhof vermittelte uns
das Hotel Rex, die Weinbergstraße ein Stück bergauf.
In dem angenehmen Zimmer ruhten wir uns ein wenig aus, duschten, guckten Tour de
France und gingen auch in unserem Hotel zum Abendessen.
Danach waren wir fit für den ersten Stadtbummel:
Liebfrauenkirche, Niederdorf (überall wurde gegessen), Fußgängerbrücke am Rathaus,
Limmat-Quai, südliche Altstadt, Lindenhof. In Zürich gibt es nicht nur viele Banken,
sondern auch viele Bänke: das Projekt "Bank-Art" sorgte dafür, dass in diesem Jahr
mehrere Tausend künstlerisch gestaltete Bänke in der Stadt standen (davor hatte
es sowas mit Kühen gegeben).
Zum Schluss kehrten wir noch bei einem Japaner und
im Big Ben Pub im Niederdorf ein. Im Hotel Rex konnte man gut schlafen.
Do. 26.7.01 (0 km)
Nach einem ausgiebigen Frühstück begaben wir uns zum Limmatufer, durch einen schönen
Park am Nationalmuseum zum Bahnhof und guckten diesen erst mal in Ruhe an. Ein
angedachter Fahrradverlad nach Winterthur wäre auch kein Problem.
Dann gingen wir
durch die Bahnhofstraße (Haupteinkaufsstraße und Fußgängerzone), Augustinergasse,
besuchten beide Münsterkirchen, die eine mit Chagall- die andere mit
Giaconetti-Fenstern, und gingen zum Kunsthaus Zürich, in dem zu der ohnehin schon
umfangreichen Sammlung auch noch eine eindrucksvolle Giaconetti-Sonderausstellung war.
Die Dauersammlung hatte einen Dada-Teil, Picasso, Chagall, Monet, Dali usw. Zwischen
den beiden Ausstellungen stärkten wir uns im Kunsthaus-Cafe mit einem Sandwich, denn
Kultur macht hungrig.
Kultur macht auch müde, im Hotel guckten wir anschließend
ein wenig Tour de France, dann gingen wir
zum Japaner chinesisch essen. Auf der kunstvollen Bühne mit Windspielen in der
Limmat war ein Open-Air-Konzert mit Filterlos, einem Klassikorchester und einer
Gesangsgruppe. Einzelne Limmatschwimmer lenkten die Wasserschutzpolizei des Konzerts
ab.
Im Niederdorf guckten wir uns die Vorführung eines New Yorker Schwertschluckers an, er war wirklich total witzig (und gut). Danach tranken wir noch ein Murphy's Red im Big Ben Pub und kamen mit Schweizer Punkern ins Gespräch (sie ließen uns immer "Chüchlikäschtli" sagen und lachten sich halb tot).
Fr. 27.7.01 (42 km)
Nach dem Frühstück rollten wir mit unseren bepackten Rädern runter zum Bahnhof,
kauften für insgesamt 42 Franken Fahrkarten nach Winterthur und bestiegen einen
bereits wartenden komfortablen Interregio. Leider fur er den größten Teil der
Strecke im Tunnel.
In Winterthur schoben wir in die Altstadt mit Markt und Kirche,
suchten dann den Weg aus der Stadt heraus: über einen Berg ging es in das schöne
und viel zu kurze Töss-Tal, die ganze Zeit leicht steigend. Bis Turbenthal währte
das angenehme Stück, dann wieder eher ungünstig auf Straßen, am Bichelsee vorbei (wo
waren unsere Badesachen?).
Im Restaurant "Löwen" aßen wir einen sehr leckeren
Eisbecher, danach wieder ungünstige Streckenführung, aber hinter Balterswil ging es
lange bergab, wiederum eine blöde Führung durch Sirnach und auf der Hauptstraße
wurden wir nach Wil hineingelenkt.
Die Touristinformation am Bahnhof organisierte
uns ein Zimmer im "Wilden Mann" in der Altstadt, dort ruhten wir etwas und guckten
Tour de France, dann gingen wir auf Besichtigungstour: Altstadt, Hofburg und
Stadtweiher.
Lange bekamen wir nichts zu trinken, schließlich saßen wir wieder
im "Wilden Mann" auf der Terrasse. Es wurde gerade zum Abendessen eingedeckt, so
blieben wir auch und es war toll: schöne Gerichte mit Eierschwämmli.
An unseren
Tisch setzten sich noch zwei Reiseradler, die im Ort wohnten und denen unsere Räder
aufgefallen waren. Die Turmuhr der gegenüber liegenden Kirche schlug jede
Viertelstunde, als sie während des Abendgottesdienstes aussetzte, hatten wir
Hoffnung, dass sie das nachts auch tun würde, doch diese Hoffnung zerschug sich ...
In der Dämmerung machten wir noch einen Spaziergang vom Altstadtberg runter zum
Kloster und in die Einkaufsstraße und kehrten auch noch in einer schönen Bar
namens Trinkhalle ein – natürlich auf der Terrasse.
Sa. 28.7.01 (68 km)
Es gab ein einfaches Frühstück, das wir aber gleich vor der Tür auf dem Wochenmarkt
ergänzen konnten.
Wir fanden zwar nicht wie gewünscht aus Wil heraus (15 % Gefälle
auf Geröll), doch die Veloroute entwickelte sich zu einer sehr schönen und gut
befahrbaren Waldstrecke zwischen Autobahn und Thur, kühl und schattig. Vor
Bischofszell ergab sich beim Abkürzen einer Flussschleife die erste Steigung, im Ort
fuhren wir ein wenig durch die Altstadt zum Markt, dahinter ging die schöne
Strecke weiter. Aus dem Sittertal heraus hatten wir die zweite Steigung, im Örtchen
Riet machten wir ein Picknick, bevor wir in Hagenwil eines der beiden einzigen
Schweizer Wasserschlösser besuchten.
Noch eine letzte Steigung und der Bodensee kam in Sicht. Eine lange flache Abfahrt
führte uns etwa eine Kilometer südlich von Romannshorn
an den See. Am Hafen von Romannshorn
machten wir eine weitere Rast, dann ging es am Ufer oder an der Eisenbahn entlang
Richtung Konstanz. Wie schon vor drei Wochen herrschte ausgesprochen starker
Radverkehr am Bodensee.
Hinter Altnau kehrten wir ein, kurz danach standen wir
plötzlich an der Grenze nach Deutschland. Als wir sie überfahren hatten, waren wir
sofort am Bahnhof und der dahinter liegenden Touristinformation. Hier gingen
gerade die letzten Zimmer über den Tisch (zwei Einzelzimmer mit Verbindungstür
weit außerhalb) und bei uns kam Panik auf. Dann rief er für uns (für 5 DM) im
Romantikhotel in Gottlieben (Schweiz) an, und da war gerade noch ein Doppelzimmer
(mit Brummen, das "würde aber nachts abgeschaltet") frei.
Das Hotel hatte eine
tolle Lage direkt am See, aber wir hatten tatsächlich das schlechteste Zimmer.
Nach dem Duschen tranken wir erstmal Kaffee auf der schönen Seeterrasse, machten
einen Spaziergang um das Schloss, das im Privatbesitz eine ehemaligen Opernsängerin
ist, besuchten die Schloss-Galerie und erwarben dort eine Serpentin-Figur eines
afrikanischen Künstlers. Bei der Rückkehr ins Hotel reservierten wir einen Tisch
auf der Seeterrasse fürs Abendessen: "Romantik-Menü".
Anschließend beradelten wir noch das Seeufer, fuhren auch über die Grenze nach Deutschland, wo gleich hinter der Grenze ein völlig überfülltes Open-Air-Konzert in einem Biergarten stattfand. Auf einer anderen Seeterrasse (mit beleuchteten Fischen im See) tranken wir noch etwas. Wegen des Brummens konnten wir nur schlecht schlafen.
So. 29.7.01 (28 km)
Endlich nach einem guten Abendessen auch ein gutes Frühstück mit selbstgemachtem
Bircher-Müsli! Danach beschwerten wir uns wegen des Brummens im Zimmer; der Chef
versprach uns für die kommende Nacht das beste Zimmer des Hauses.
Dann suchten wir
den kürzesten Weg nach Konstanz als Übung für morgen, vergaßen dabei aber den
Fotoapparat. Jetzt kannten wir den Weg wirklich auswendig.
Am Bahnhof orientierten
wir uns und holten die Sitzplatzreservierung nach, dann stellten wir die Räder ab
und bummelten durch die Altstadt und über die Rheinbrücke, über die sowohl Bahn,
Autos, Räder und Fußgänger rollten. Über die etwas zurückliegende Fuß- und Radbrücke
kehrten wir zur Altstadt zurück, besuchten die Insel, den Stadtgarten und die
Schiffsanleger. Besonders beeindruckte mich die Statue der römischen Lebedame auf
der Spitze der einen Kaimauer.
Und endlich gab es wieder Eissalons in großer Anzahl, die uns nicht vergeblich lockten.
Nachdem wir auch noch das schöne Schnetztor besichtigt hatten, fuhren wir zurück
zum Hotel. Hier gab es wieder was zum Staunen: das versprochene Zimmer war eine
Luxus-Suite mit Rokkoko-Einrichtung, vier Fenstern mit Seeblick und getrenntem Bad
und Toilette. Nach etwas Ruhe suchten und fanden wir Abkühlung durch ein erfrischendes
Bad im Rhein direkt neben der Hotelterrasse.
Zum Essen hatten wir uns schon ein Restaurant in Konstanz ausgeguckt, was den
Geldbeutel bei weitem nicht so schmälerte wie gestern. Nach einem kleinen Rundgang
fuhren wir bald wieder zurück nach Gottlieben, um unsere letzten Franken auszugeben
und um unser herrliches Zimmer zu genießen. Hier schlief man tatsächlich wie Gott
in ... der Schweiz.
Mo. 30.7.01 (12 km)
Pünktlich um sieben beendete der Weckruf unseren letzten Urlaubsschlaf. So konnten
wir in aller Ruhe frühstücken, packen und zum Bahnhof fahren.
Der Zug war zwar schon
da, doch es blieb noch genug Zeit, um Verpflegung für die Fahrt einzukaufen. Selbst
vom Zug aus bietet Konstanz schöne Anblicke. Fast die Sprache verschlug es uns
allerdings, nachdem wir über die junge Donau tief in den Schwarzwald fuhren: so
hohe Berge und tiefe Täler hatten wir seit über einer Woche nicht mehr in der
Schweiz gesehen.
Dann ging's in flache Rheintal und wurde immer heißer. Ein
Franziskanermönch aus Litauen brachte etwas Abwechselung in unser Gespräch bzw.
Buchstudium. Auf dem letzen Stück vor Kassel war es bereits so heiß, dass wir dort
bereits in den früheren Bummelzug Richtung Paderborn stiegen, was allerdings ein
zusätzliches Umsteigen in Warburg (tiefer Bahnsteig, steile Treppe) bedeutete.
Dieser Zug setzte sich auch fast pünktlich in Bewegung, doch nur bis Kassel
Hbf. Mit der Durchsage: "Die Abfahrt des Zuges wird wegen eines
liegengebliebenen Zugs in Immenhausen auf unbestimmte Zeit verschoben!" war
diese Hoffnung dahin. Als unser Zug dann irgendwann weiterfuhr, war der
Anschlusszug in Warburg längst weg und wir konnten auf unseren eigentlichen
Interregio warten, dem wir eigentlich zuvor kommen wollten. Zum Glück blieb
uns die Treppe erspart, doch das Warten auf dem Bahnsteig von Warburg ist
auch nicht gerade der Hit.
Dieser Interregio war gut gekühlt, hätten wir den bloß gleich genommen! Direkt an
Libori vorbei rollten wir dann pünktlich in Paderborn ein. Merkwürdigerweise blies
hier ein kräftiger Westwind, durch den wir gemütlich nach Elsen rollten.
Beide Kinder
waren zu Haus, doch wg. eines angefangenen Computerspiels würdigten sie uns kaum
eines Blickes. Erst nach dem (späten) Abendessen konnte jeder von seiner Erlebnissen
in den vergangenen drei Wochen berichten. Auch zu Hause war das Schlafen wegen der
großen Hitze nicht so erquickend wie erhofft.
Fazit:
Die Schweiz ist zwar kein Veloland, sondern
(wie die meisten anderen)
ein Autoland, dazu ist das Benzin auch viel zu billig, insbesondere bei den sonstigen
hohen Preisen. Trotzdem ist das Projekt Veloland ein guter Ansatz! Und bis auf
die Preise ist in der Schweiz alles bestens: die Gastfreundschaft, die Natur, die
hübschen Städte, das gute Essen und alles in allem recht ordentliche Radwege mit
überwiegend guter Beschilderung.
Warum um alles in der Welt gibt es im Sommer in der Schweiz nur immer so dicke
Bettdecken?