Eine selbstorganisierte Radtour mit Zugan- und -abreise, übernachtet wurde in Hotels.
Teilnehmer: Karl-Georg und Claus
Vorbereitung:
Mein Sohn arbeitete von Januar bis Juni in Lausanne. Um ihn dort zu besuchen und das
uns unbekannte schöne Bern kennen zu lernen, reisten wir mit dem Zug nach Bern und
von dort in vier Tagen mit dem Rad nach Lausanne (etwas über 200 km). Die
Route wurde mit Hilfe des
Outdooractive-Tourenplaners ausgearbeitet und auf ein Fahrrad-Navi ("Clausigator")
übertragen. Als Sicherheit wurde eine Schweiz-Seite aus einem alten Shell-Atlas
mitgeführt. Die Hotels wurden im Voraus gebucht, was sich besonders für Bern und Lausanne
als recht schwierig erwies (fast nur Luxushotels). Die Bahnverbindungen waren kein
Problem.
Mi. 1.6.16 (12 km)
Auch ein EC braucht bis zur Schweiz ziemlich lange, deshalb hieß es wieder:
früh aufstehen. In der Eile hätte Karl-Georg beinahe seinen Helm vergessen,
ob das gut gegangen wäre?
Am Bahnhof war unser RE nach Dortmund bereits da. Hier trafen wir einen
Tischtenniskollegen, den ich mit einer Reise nach Bern zu beeindrucken
versuchte, doch er konterte locker: "Ich reise nach Tokyo!".
In Dortmund kamen wir bereits auf dem richtigen Gleis an, der uns nach
Basel befördernde EC gehörte bereits der Schweizer SBB. Unser Waggon hatte
nur zwei Fahrradplätze und wir saßen in einer gemütlichen Dreier-Sitzgruppe.
In Basel wurde kurzfristig der Bahnsteig gewechselt, so dass wir zunächst
falsch waren, aber alles klappte noch. Jetzt hatte der Waggon drei
Fahrradplätze, wir blieben aber zu zweit und brauchten nicht mal das
Gepäck abzumachen. Von Basel bis Bern braucht der IC ca. eine Stunde,
die wie im Flug verging.
Das Berner Bahnhofsgebäude ist ziemlich gebogen, so dass wir etwas die Orientierung verloren und falsch aus dem Gebäude heraus fuhren. Vor einer sogenannten Hochbrücke aus der Innenstadt heraus mussten wir fragen: mit einem Personenaufzug fuhren wir nun runter zur Aare und dann bequem an ihr entlang zu unserem Hotel "Landhaus". Die historische Untertor-Brücke, an der das Hotel liegt, ist eine Niedrigbrücke und wir mussten nicht mehr hoch. Hier wohnten wir zwei Nächte. Für die Räder gab es zwar keine Unterstellplätze, dafür waren die Zimmer recht groß und einigermaßen ruhig.
Die UNESCO-Altstadt von Bern lag uns direkt gegenüber und unser erster Weg
führte direkt hinein: Gerechtigkeitsgasse, Rathaus, Kramgasse mit
Zytgloggetürmli waren einfach nicht zu verfehlen. In der Kreuzgasse aßen
wir italienisch auf einer Hochterrasse (draußen!).
Beim anschließenden
Spaziergang zurück fiel uns auf, dass relativ wenig angestrahlt wird, z. B. vom
Münster wird nur das Portal angestrahlt. Über
die Münsterplattform hoch über der Aare gingen wir zurück zum Hotel.
Nachträglich besehen war dies einer der beiden trockenen Tage der ganzen Reise.
Do. 2.6.16 (0 km)
Heute war unser Einstein-Tag. Es regnete, aber das Frühstück war sehr
angenehm (u. a. Bircher-Müsli in Gläschen). So blieben
wir lange sitzen, ehe wir gegen 10 Uhr zum Einsteinhaus aufbrachen, das mitten in der
UNESCO-Altstadt liegt. Von dort war es nur ein kurzer Weg (im Regen) über eine
Hochbrücke (Kirchenfeldbrücke) zum Einstein-Museum, das direkt
südlich der Altstadt liegt und einen sehr
schönen Blick auf dieselbe bietet.
Durch das Einstein-Museum gingen wir mit einem Audio-Guide, der Aufgang ist ein
völlig verspiegelter Kubus, in dem auf drei Monitoren von seinem Leben berichtet
wird. Auch sonst ist das Museum hochinteressant, Einsteins Theorien, die heute
alle bewiesen sind, werden dem Besucher multimedial erklärt, aber auch sein Leben
und seine Lebenseinstellung kommen gut heraus.
Als wir endlich das Museum verließen, hatte es aufgehört zu regnen, und es blieb
auch den Rest des Tages trocken.
Über die Kirchenfeldbrücke ging es wieder zurück in die Altstadt, wo wir uns
mit Kaffee, Kuchen und Sandwich stärkten. Als nächstes besuchten wir das
Kornhaus und die dahinter liegende Französische Kirche, in der gerade ein
Orchester probte. Über Rathaus gingen wir nun zum Münster, das aber leider
auch im Inneren nur eine Baustelle war. Vor dem Münster erfragte Karl-Georg die
Lage und den Weg zum Zentrum Paul Klee von der Polizei, die auch in der Schweiz
"Freund und Helfer" ist. Von der Münster-Plattform fuhren wir mit dem
historischen Eiffel-Fahrstuhl (wie in Lissabon) runter zur Aare und gingen
somit "unten" zu unserem Hotel. Hier bekamen wir Fahrkarten für den öffentlichen
Nahverkehr, gingen hoch zur Hochbrücke (Nydeggbrücke) und fuhren mit dem Bus zum
Zentrum Paul Klee, das etwas außerhalb liegt. Ein echter architektonischer
Hingucker! Obwohl es nur noch eine halbe Stunde geöffnet hatte, entschlossen wir
uns für Eintrittskarten zum Studententarif, doch Paul Klees Bilder halten
mit der Architektur nicht mit und sind immer erklärungsbedürftig (Audio-Guide).
Die Busrückfahrt kürzten wir um eine Haltestelle ab, um von der Anhöhe des östlichen Aare-Ufers zu Fuß hinab zur Nydeggbrücke zu gehen und dabei beste Aussichten auf die UNESCO-Altstadt und die Aare zu genießen, eine Art Panoramaweg. Im Hotel (WLAN) empfing Karl-Georg Wasseralarm in Elsen, das sich jedoch wg. des dort einsetzenden guten Wetters als sehr kurzfristig erwies.
Unser erster Abendessenversuch scheiterte im Tram-Depot (neben der Nydeggbrücke), das völlig ausgebucht war. Nachdem wir viel gesucht hatten und dabei die Altstadt noch einmal komplett durchquert hatten, kehrten wir gegenüber vom Rathaus ein (Egli-Fischfilets). Mit lecker gestilltem Hunger und Durst kehrten wir über Kram- und Gerechtigkeitsgasse zu unserem Hotel Landhaus zurück.
Fr. 3.6.16 (46 km Route)
Als wir uns zum letzten Berner Frühstück trafen, war es wiederum am regnen.
Doch es half nichts, wir hatten vorgebucht und mussten heute los. Zum Glück
war es kein Starkregen, sondern nur ein leichtes Tröpfeln.
Über die südliche Hochbrücke (Kirchenfeldbrücke) fuhren wir aus der
Altstadt hinaus und versuchten dann, runter zur Aare zu kommen (tw. Treppen).
Auf der anderen Aareseite ging es natürlich wieder den Berg hoch, doch nach
etwas Fahrerei an der Straße wurden wir auf einen sehr schönen Radweg in der
Aare-Ebene geleitet. Über Belp und Toffen gelangten wir bei Uttigen wieder
direkt an die Aare. Jedoch kurz vor Thun wollte uns unser Navi durch ein
gesperrtes Werksgelände führen und wir wussten nicht weiter. Doch zwei
Jogger zeigten uns den richtigen Weg an der Aare entlang nach Thun hinein.
Das Thuner Schloss, das man schon von weitem sieht, steht direkt oberhalb
des Rathausplatzes, über den wir durch die Innenstadt fuhren. In einem
(überdachten) Außen-Café direkt an der Aare kehrten wir ein. Und sowie wir
trocken unter der Markise saßen, hörte es auf zu tröpfeln (was sich
natürlich änderte, als wir weiter fuhren).
Ein gut belegte Sandwich brachte uns wieder zu Kräften. Am Aare-Ufer
ging es dann weiter bis zum Schloss Schadau, das am Aare-Auslauf aus dem
Thuner See liegt. Mitten in einem schönen Schlosspark liegt das relativ
junge Schloss.
Bis Spiez ist nun nicht mehr weit, doch wir wurden nicht am Seeufer entlang
geführt (Privatbesitz), sondern über einen kleinen Pass, einerseits
um das Autostraße fahren zu vermeiden, andererseits um uns schöne Blicke
von oben auf den See zu bieten. In Spiez hatten wir ein sehr gutes Hotel
(Seegarten) direkt am Yachthafen. Und es war sogar noch ein etwas
verspäteter Mittagsschlaf möglich.
Mit etwas Verspätung konnten wir noch trocken einen kleinen Rundgang durch
das Gelände des Spiezer Schlosses starten, Schloss selbst und Schlosskirche waren
bereits geschlossen. Selbst den Hafen konnten wir noch trocken genießen, doch
auf den letzten Metern zum Hotel musste wg. einsetzendem Regen ein kleiner
Sprint eingelegt werden. Das Hotel "Belvedere", in dem die deutsche
Nationalmannschaft 1954 (Weltmeister!) gewohnt hat, lag genau gegenüber
auf einer kleinen Anhöhe.
Den Abend starteten wir im Hotel-Restaurant mit einem Getränk, blieben aber gleich sitzen und aßen Seglerteller und Pizza. Durch das Terrassenfenster konnten wir immer wieder heftige Schauer beobachten sowie einen Blick auf das nun angestrahlte Weltmeister-Hotel werfen. Von diesem schönen trockenen Platz bekam uns erst die Schlafmüdigkeit wieder weg.
Sa. 4.6.16 (55 km Route)
Endlich mal morgens Sonnenschein! Im Hotel Seegarten gibt es ein üppiges
Frühstück, das ließen wir uns schmecken.
Dann ging's auf die Räder, heute gleich in kurzer Hose. Doch das war voreilig:
es tröpfelte bald.
Über einen kleinen Pass fuhren wir recht steil aus Spiez heraus, es folgte ein Stück Straße, bevor wir auf einen schönen Radweg entlang der Simme bogen. Hinter Weissenburg wurden wir noch einmal mächtig den Berg hoch geführt. Oben gab es eine Bank, auf die sich Karl-Georg setzte und behauptete, hier bleibe er jetzt drei Stunden sitzen. Über eine steile Abfahrt gelangten wir zurück an die Simme. In Garstatt suchten wir uns ein trockenes Plätzchen, bevor wir in Zweisimmen richtig einkehrten. Die Strecke hierhin war weitgehend straßenfrei.
Der freundliche Wirt hatte noch Tagessuppe (genau das richtige!) und erklärte uns anschließend den Weg nach Saanen: sehr steil hoch und dann lange bergab. Als Alternative gebe es auch einen Zug nach Saanen. Es war also der eine tatsächlich geplante Pass der Tour! Als dann am Ortsende auch noch ein rotes Schild "Steigt 320 m auf 8 km" auftauchte, drehte Karl-Georg um und nahm den Zug bis auf den Pass (Saanenmöser bzw. Schönried).
Ich
quälte mich die alte Passstraße bis Saanenmöser hoch, musste etliche
Mal schieben, hatte aber wg. des
schlechten Wetters nicht einmal schöne Aussichten als Belohnung. Ab hier
ging's sowieso auf der Straße weiter, was bergab aber nichts ausmacht. Leider
musste ich mich in Schönried noch wg. eines kräftigen Gusses unterstellen.
Als ich unser Hotel (Spitzhorn) in Saanen gefunden hatte, winkte Karl-Georg
bereits von seinem Balkon. Das Hotel ist sehr groß und schön, außerdem
verfügt es über einen großen Wellnessbereich mit Schwimmbad und Sauna.
Beides besuchte ich sofort, nachdem ich meine nassen Klamotten abgelegt
hatte.
Zum Abendessen hatte Karl-Georg einen Tisch geordert, in dem vornehmen
Restaurant ließen wir es uns bei Rösti und Fisch gut gehen. Anschließend
entspann sich leider noch eine lästige Griechenland-Diskussion,
nach der ich schlecht schlafen konnte ...
So. 5.6.16 (45 km Route)
Es war trocken! Und dazu gab es heute das beste Frühstück der gesamten Reise:
u. a. fertiges Bircher-Müsli, frisches Rührei, gebratenen Speck, Smoothies, alles
wurde aufgeboten und probiert. Die Fahrräder, die hier trocken in der Tiefgarage
gestanden hatten, wurden geholt und bepackt. Im Sannetal rollten wir leicht
bergab, meist fern von der Hauptstraße. Der Abstecher nach Rougemont war dabei
noch nicht so steil. Hinter Gerignoz wurde es schon steiler, zudem begann es
wieder zu regnen, einmal mussten wir uns sogar unterstellen. Nach dem Lac de Vernex
kamen wir wieder auf die Straße, die bei Lessoc wieder (steil) verlassen wurde.
Vor uns (und weit oberhalb der Strecke) tauchte nun ein Schloss und ein mit
Stadtmauer befestigter Ort auf, es handelt sich um den Ort Gryeres in der
gleichnamigen Provinz (auch Freiburg). Zum Glück mussten wir da nicht hoch.
In La Paquier war ein riesiger Parkplatz voll mit Autos, hier konnte man
wohl die Gryere-Käse-Herstellung besichtigen und ihn auch kaufen. Auf der
Weiterfahrt nach Bulle kam dann tatsächlich die Sonne heraus. An unserem
Hotel ("Le Tonnelier") in zentraler Lage fuhren wir zunächst vorbei, weil
beide Navis einen Fehler meldeten.
Nach dem Einrichten der Zimmer brauchten wir erst mal was zu Futtern. Unser
Hotel hatte nur Kaffee, so gingen wir gegenüber in ein volles Bistro und
aßen Crepes bzw. Sandwich. Als wir gingen, waren wir die einzigen Gäste.
Dann besichtigten wir Notre-Dame de Compassion und Schloss. Hinter dem
Schloss lag das Musée gruérien, das einen einladenden Eindruck machte
und tatsächlich sehenswert war.
Ich machte danach noch den historischen
Spaziergang durch Bulle: Kirche St. Pierre, Hotel de Ville, Picasso-Stier
und Tocsin-Turm waren die Höhepunkte. Als ich wieder am Musée gruérien
vorbei kam, saß Karl-Georg in der Sonne auf einer Bank. Gemeinsam konnten
wir einen wunderschönen Regenbogen am Horizont beobachte. Bulle blieb
ein Sonnenloch.
Zum Abendessen sollte es in dieser Gryere-Hochburg natürlich ein
Käsefondue geben. Im Hotel de Ville war ein Restaurant, das Fondue anbot.
Als wir Platz nahmen, war der Saal noch halbleer, doch als wir gingen,
war jeder Tisch besetzt. Eine Frage konnten wir nicht beantworten: Brot
oder Kartoffeln zum Eintauchen? So wurde uns kurzerhand beides gebracht.
Und tatsächlich schmeckt Käsefondue auch mit Kartoffeln sehr gut.
Zum Abschluss gönnten wir uns im "Le Tonnelier" noch ein Bier, bevor ich noch einen kleinen Rundgang durch das überraschend schöne Bulle machte, um einige angestrahlte Gebäude und das Schloss zu fotografieren. Auch ohne Fernseher konnten wir in unseren Zimmern gut schlafen.
Mo. 6.6.16 (56 km Route)
Schönes sonniges Wetter, anfangs war es noch etwas kühl.
Im "Le Tonnelier" gab es ein einfaches französische Frühstück (Croissant und
Marmelade), doch am Nebentisch stand noch mehr: Weißbrot, Käse und Schinken –
im Grunde genommen war alles da. Dann ging es wieder auf die Räder. Bereits aus
dem Ort heraus und dann an einer Autobahn entlang ging es leicht bergauf. Überhaupt
hatte das Höhenprofil für den heutigen Tag einen interessanten Verlauf:
Irgendwann wich unsere Navi-Route vom Veloland-Radweg 9 ab, wir entschieden uns
für die 9, irgendwann müssten sich die beiden wieder kreuzen (so war es auch). Vor
und während der Abfahrt hatten wir herrliche Aussichten auf den Genfer See und
die schneebedeckten Berge dahinter (endlich konnten wir mal Berge sehen).
In Vevey war die Abfahrt zu Ende, wir rollten erstmal ans Seeufer, doch leider
konnte man nur kurz direkt am Ufer fahren. Nun kehrten wir auf einem Campingplatz
etwas außerhalb von Vevey ein, hier gab es Sandwiches sowie alkoholfreies Erdinger.
Für die Weiterfahrt nach Lausanne mussten wir nun eine Entscheidung treffen: entweder
durch die Weinberge (bergig, zudem war es jetzt sehr heiß) oder auf der Autostraße,
die nahezu eben verläuft. Karl-Georg überredete mich zu zweiterem und das war auch
gut so: erstens kamen wir sehr gut voran, zweitens hatten wir fast immer schönen
Seeblick und drittens war auf einem langen Teilstück sogenannter Flüsterasphalt
aufgetragen, über dem man den Autoverkehr kaum wahr nahm. So müssten alle
Straßen sein!
Zwischen Lutry und Pully teilte sich die Straße, wir nahmen Lausanne-Zentrum und
sofort ging es steil bergan, teilweise mussten wir schieben (Zitat aus meiner ersten
Schweiz-Tour 2001: ich habe allerdings noch nie so eine steile Innenstadt gesehen
wie die von Lausanne). In der Fußgängerzone verloren wir unsere Route, doch
Karl-Georg bekam auf einer Polizeistation einen Plan und den richtigen Weg
beschrieben, wir waren nur ca. 300 m vom Hotel ("du Marché") entfernt. Hier
erholten wir uns ausgiebig.
Danach suchten wir uns ein nettes Restaurant, in dem wir uns mit meinem Sohn
treffen wollten. Nach Durchstreifen einiger Fußgängerzonen fiel unsere Wahl auf
das "Karma". Marius konnte ich zunächst nicht erreichen, doch dann antwortete er
und traf auch pünktlich bei uns ein. Ihm gefiel das "Karma" auch und so blieben
wir hier und aßen thailändisch.
Nach dem Essen, es war bereits dunkel, gingen wir noch durch den benachbarten Stadtteil "Le Flon", ein eher modernes Geschäfte- und Restaurantzentrum. Von hier konnte er auch in seinen Bus nach Prilly steigen. Und wir hatten noch einige Treppen zu überwinden und waren dann nach wenigen Metern in unseren Hotel, in dem ich (heute) gut schlafen konnte.
Di. 7.6.16 (0 km)
Das "kontinentale Frühstück" gab es nicht im Erdgeschoss, sondern im Keller. Es war
etwas lieblos zusammengestellt und absolut bedienungslos, Sonderwünsche wurden nicht
entgegen genommen. Croissants und trockenes Weißbrot war das einzige Gebäck.
Einziger Höhepunkt: man kann sich Orangensaft aus "frischen" Orangen selbst pressen.
Immerhin war heute wieder strahlender Sonnenschein. Wir fuhren zunächst mit der
Metro steil bergab nach Ouchy. Besonderheit der Metro: die Gleise sind vom
Bahnsteig durch Glaswände mit Türen abgesichert, die Türen öffnen sich automatisch,
wenn ein Zug davor steht und sich dessen Türen öffnen.
In Ouchy besuchten wir den Hafen, dessen Promenade, historische Dampfer und
die Fähre nach Evian (heute kam dort die dt. Nationalmannschaft an) sowie das
Château d'Ouchy. Den Rest des Vormittags verbrachten wir im schönen Parc und
Musée Olympique. Der olympische Gedanke sowie viele Reqisiten aus den Austragungsorten
wurden überzeugend dargestellt. Danach gingen wir am Ufer noch etwas weiter bis
zum nächsten Park: hier steht der Pavillon thaïlandais, ein Geschenk Thailands.
Dann ging's per Metro wieder bergan zum Hotel.
Am Nachmittag wollten wir Lausanne getrennt erkunden, bevor wir uns mit Marius
zum Abendessen im "Istanbul" in Le Flon trafen. Nachdem ich mich etwas gestärkt
hatte, besuchte ich als erstes den Place de la Riponne mit dem Palais de Rumine,
einem Palast voller Museen (plus Bibliothek) mit freiem Eintritt. Historisches,
archäologisches, zoologisches, geologisches sowie Münz- und Kunstmuseum, alles
unter einem Dach. Das dauert. Leider wurde im Kunstmuseum eine neue Ausstellung
vorbereitet, es war derzeit geschlossen.
Vom Palais de Rumine ging ich hoch zum Château Saint-Maire, das aber wg. Renovierung
komplett verhüllt und nicht zugänglich war. Von oben geht man jetzt vorbei an der
Ancienne Academie auf die Kathedrale Notre-Dame zu. Auch in dieser (gewaltigen)
Kirche probte gerade ein Orchester, was zum Verweilen einlud. Dann ging's ab auf den
Turm, der nicht nur wg. seiner Höhe, sondern auch wg. der Steillage Lausannes am
Nordufer des Genfer Sees prächtige Ausblicke bietet. Beim Abstieg traf ich Karl-Georg,
der sich dieses Ziel ebenfalls ausgesucht hatte. In der Kirche war zu dem
Orchester eine Sängerin gestoßen, so dass ich noch einmal eine Weile zuhörte.
Über die Escaliers du Marché gelangte ich wieder in die Fußgängerzone vor dem
Hôtel de Ville, das auch von innen zu besichtigen war.
In unserem Hotel musste ich dann feststellen, dass mein Zimmer nicht verschlossen
war (elektronisches Verriegelungssystem), wahrscheinlich schon die ganze Zeit. Die
Concierge konnte den Fehler auch nicht beheben, ich nahm alle Wertsachen mit. Über
den Tour de l'Ale und die Grand Pont ging ich runter zu unserem Treffpunkt im Le Flon.
Marius und KG waren auch schon da und wir suchten uns einen schönen Platz auf der
Außenterrasse des "Istanbul". Wir aßen Falafel und Köfte mit vielen, vielen Beilagen.
Bis auf das Bulgur war alles leckerer als bei unserem heimischen Türken. Auch
Marius hatte heute noch Lust auf ein weiteres Bier, so haben wir uns noch lange
unterhalten. Der kurze Rückweg war der gleiche wie am Vortag.
In meinem Zimmer lag ein Brief, dass der Fehler nicht beseitigt werden konnte
und morgen repariert würde. Sicherheitshalber blockierte ich die Tür über
Nacht mit einem Stuhl.
Mi. 8.6.16 (0 km)
Wieder gab es im "du Marché" das einfache Frühstück im Keller, außer uns kam auch kaum
einer hierhin. Entgegen der Vorhersage tröpfelte es noch
etwas. Um kurz vor 10 Uhr trafen Karl-Georg und ich uns, wir fuhren zunächst mit
der Metro zum Bahnhof, warfen einen Blick auf das Bahnhofsgebäude (Leipzig nachempfunden),
zogen Fahrkarten von Denges (bis hierhin reichte unser Hotel-Fahrschein) nach Genf
per Kreditkarte (erstaunlich wie einfach das in der Schweiz geht!) und setzten
uns in den bereit stehenden Zug. Marius stieg wie verabredet am nächsten Bahnhof zu.
Nach der ca. 50minütigen Fahrt besichtigten wir in Genf zunächst die Basilique Notre-Dame,
die direkt neben dem Bahnhof liegt. Dann ging's runter zum Ufer des Genfer Sees, den
hier die Rhone wieder als Fluss verlässt. Hier steht das berühmte Hotel "Beau Rivage",
in dem unter mysteriösen Umständen Uwe Barschel seinen Tod fand. In einem kleinen Park am Ufer steht das
Monument Brunswick, ein Grabmal, das den Grabmälern der Scaliger in Verona nachempfunden
ist.
Über die Pont du Mont-Blanc ging es dann ans andere Ufer in den Englischen Garten. Die ganze Zeit rätselten wir, wo sich wohl die berühmte Fontäne befindet. Plötzlich wurde sie eingeschaltet und war nicht zu übersehen. Nun setzte der Hunger ein, Marius kannte ein gutes Café (Borreal), zu diesem gingen wir am See- und Rhoneufer entlang.
Das war wirklich ein völlig anderer Kaffee als in unserem Hotel. Wir setzten uns in strahlendem Sonnenschein auf die Außenterrasse, doch während wir noch saßen, war ein schweres Gewitter aufgezogen und wir flüchteten nach drinnen. Als sich das endlich wieder beruhigt hatte, gingen wir noch ein wenig durch die Altstadt: über Place de Neuve, Parc des Bastions zum Hôtel-de-Ville und zur Cathédrale Saint-Pierre. Im Temple de l'Auditoire davor steht ein Calvin-Denkmal. Über Treppen gelangt man wieder Richtung Rhoneufer.
Jetzt war es nicht mehr weit bis zum Bahnhof. Für die Rückfahrt nahmen wir einen IC, der zwischen Genf und Lausanne nicht hielt und in weniger als 30 Min. dort war. Für Marius war es sogar schneller, ein Stück mit dem Bus zurück zu fahren. Für Karl-Georg und mich (mein Zimmerschloss war repariert) war es nun Zeit zu packen. Do. 9.6.16 (11 km)
Ich war früh wach und konnte Karl-Georg zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit
zum Frühstück überreden. Obwohl das kontinentale Frühstück nicht besonders war,
entschieden wir uns dafür, weil wir nicht wussten, was wir an diesem Rückreisetag
noch bekommen würden. Und Zeit hatten wir genug. Entgegen der Wettervorhersage war
es ganz leicht am Tröpfeln, lohnte aber keine Regenjacke.
Nachdem wir unsere letzten Schulden (Frühstück) beglichen hatten, sattelten wir die
Räder. Treten brauchten wir nicht bis zum Bahnhof, nur bremsen. Der kürzeste Weg
ging durch vier Fußgängerstraßen und dazwischen über die große Brücke.
Überflüssigerweise fragte ich an einem Schalter nach dem Gleis und ließ mir noch
eine Reservierung aufschwatzen, das braucht man in der Schweiz wirklich nicht.
Der Zug stand auch schon bereit, in ihm reisten wir bis Biel (über Yverdon-les-Bains
und Neuchatel). Hier blieben wir auf dem gleichen Gleis und unser neuer Zug kam
sofort, nachdem der alte den Bahnhof verlassen hatte, alles auf die Minute pünktlich.
Noch einmal durch die Berge ging es von hier über Laufen nach Basel SBB. Klar,
dass auch hier unser EC nach Dortmund (eigentlich Hamburg-Altona) schon bereit stand.
Zum Umsteigen mit dem Rad gibt es hier bequeme schräge Ebenen. Der Zug war unendlich
lang und unsere Plätze waren am Ende des letzten Wagens. Zum Zug-Bistro musste man
acht Wagen durchqueren und ca. acht Kilometer gehen (Einstein, zurück bekam man
die fast wieder raus).
Und kaum waren wir in Deutschland, kam eine Durchsage: wg. eine Personenschadens
würden wir in Freiburg 75 Min. stehen. Am Ende waren es dann doch nur ca. 50 Minuten
und beim nächsten Umsteigen in Dortmund hatten wir 57 Minuten Zeit. Wenn also nichts
dazu kam, würde es klappen. Mit dieser Ungewissheit verfolgten wir ca. 6 Stunden
lang die Verspätung, doch am Ende hat es für uns doch noch geklappt (für viele
andere unterwegs nicht). Seit Basel war auch wieder bestes Wetter, wir genossen
die Aussicht auf das schöne Rheintal, besonders zwischen Mainz und Bonn. Ab
Mülheim (Ruhr) verfolgte uns unser Paderborner Zug (RE von Aachen nach Paderborn),
wir hätten jederzeit umsteigen können, im geplanten (und realisierten) Dortmund
hatten wir bereits wieder einen kleinen Vorsprung. Der RE hielt wirklich nur sehr
selten und war gefühlt fast genauso schnell wie der EC.
Am Paderborner Bahnhof trennten wir uns, da Karl-Georg erst mit der ganzen Familie
kommunizieren wollte, während meine Familie (Geli) sowieso beim Sport war. Aber sie
hatte mir eine Suppe bereit gestellt ("Du hast doch bestimmt Hunger."). Doch noch
während ich duschte, war sie zurück und einem gemeinsamen Abend stand nichts mehr im Weg.
Fazit:
Im Sommer da regnet's, im Winter da schneit's – in der Schweiz, in der Schweiz, in der Schweiz!
Die erste Zeile dieses Lieds von Vico Torriani traf auf unsere Reise voll zu. Und dass die Schweiz
nach der Abkopplung vom Euro sehr teuer geworden ist ("selbst 5 Franken kosten 8 Franken"), war
ebenfalls negativ anzumerken. Aber der Rest war positiv: der Schweizer hat die Ruhe weg, alle
Züge und Fähren kommen pünktlich, die Städte (vor allem Bern) sind hübsch und das Essen ist gut.
Dicke Bettdecken gibt es nur noch im deutschsprachigen Teil der Schweiz ...