Eine selbstorganisierte Radtour mit Zugan- und abreise, übernachtet wurde in einem Hotel in Steinhude ("Alter Winkel")
Teilnehmer: Susanne, Reinhard, Michaela und Otto, Angelika und Claus
Vorbereitung:
Voriges Jahr war das Steinhuder Meer unser erster Übernachtungsplatz mit Schmittis
Wohnmobil auf dem Weg nach Norwegen. Spontan beschlossen wir damals, das Meer abends
noch mit dem Rad zu umrunden. Es wurde ein mittleres Disaster: am weitest entfernten
Punkt, also genau gegenüber, begann es zu gallern und hörte auch nicht wieder auf.
So konnten wir weder die Tour genießen noch irgendwas anschauen. Also mussten wir noch
mal her, denn dass es hier ausgesprochen schön war, hatten wir schon festgestellt.
Unterkunft zu bekommen war überraschenderweise überhaupt kein Problem, obwohl wir aus
verschiedenen Gründen erst am ersten Wochenende der Sommerferien fahren konnten. Und
die Unterkunft ("Alter Winkel") war richtig gut: mit Biergarten hinter dem Haus direkt
am Meer.
Vera konnte wg. des Geburtstags ihrer Mutter nicht mitfahren, Hans-Günter
wg. eines Trauerfalls, ansonsten waren wir in Stammbesetzung. Bahnfahrkarten wurden uns
ab Paderborn verkauft, obwohl der Zug erst ab Altenbeken fuhr. Bahnfahren ist halt das
letzte Abenteuer in Deutschland.
Die Radroute wurde ausgearbeitet anhand des Aldi-Kartensets "19 regionale
Radtouren-Karten 1:100000", die sich jedoch in dieser Region als nicht sehr brauchbar
erwies. Daher wurde vor Ort noch eine (wasserfeste) Karte vom Steinhuder Meer erworben,
die allerdings auch nicht hundertprozentig stimmte.
Do. 26.6.08 (66 km)
Zugabfahrt war 9:15 Uhr am Paderborner Hauptbahnhof. Da ich jedoch die Zeit vergessen
hatte, wollte ich sie morgens noch mal im WWW checken. Und siehe da, der Zug wurde gar
nicht aufgeführt. So schwante uns bereits Böses, als wir mit dem Rad zum Bahnhof
fuhren. Bus-Ersatzverkehr nützt Radfahrern wenig, wenn der Bus keine Räder mitnimmt.
Ab Altenbeken fuhr unsere S-Bahn jedoch wie immer, so entschlossen wir uns, nach
dorthin mit dem Rad zu fahren. Angelika hatte noch die gute Idee, dass Johannes,
der Susanne mit dem Auto gebracht hatte, unser Gepäck dorthin bringen könnte. Und
Susanne fuhr im Auto mit, um in Altenbeken unser Gepäck zu bewachen. Mit Rückenwind
und leichten Rädern schafften wir auch genau den eine Stunde später (als geplant) von
Altenbeken abgehenden Zug zu erreichen (genau genommen waren wir drei Minuten zu früh).
Im Zug bekamen wir auch zwei freie Sitzgruppen, so ging es entspannt bis Hannover.
Vom Bahnhof in Hannover schoben wir unsere Räder durch die Fußgängerzone bis zum Alten Rathaus, ein Gebäude in filigraner Backsteingotik. Die nebenan liegende Marktkirche drehte uns leider den Hintern zu, so dass wir uns gleich auf den Weg zu den Herrenhäuser Gärten machten. Dazu fährt man zuerst duch den langgezogenen (2 km) Georgengarten mit einem runden Tempel auf einer Halbinsel. Die netten Damen an der Information passten auf unser Gepäck auf, so gingen wir unbeschwert in den "Großen Garten". Erster Höhepunkt war die von Niki de Saint Phalle künstlerisch gestaltete Grotte.
Die Grotte bietet selbst auch einen guten Aussichtspunkt, jetzt spürten wir die
heutige Hitze auch so richtig und manches lange Beinkleid fiel. Weiter ging's durch
kleinere und größere Gartenteile zum Irrgarten. Nachdem auch der letzte das
Zentrum gefunden hatte, entstand hier das obligatorische Gruppenfoto. Weitere besondere
Punkte waren das Gartentheater und das Galeriegebäude, ein kleines Schlösschen. Leider
werden die Garten-Fontänen nur zu bestimmten Zeiten angestellt, jetzt waren sie
aus.
Nach Ende der Besichtigung ging es endlich richtig auf die Räder. Entlang des
Außengrabens des Großen Gartens fuhren wir Richtung Leine, überquerten diese über
ein gewaltiges Sperrwerk und befanden uns dann wie gewünscht auf dem Leine-Radweg.
Es folgte ein sehr schönes Stück links und rechts entlang der Leine, bevor man in
Letter noch einmal durch die Stadt gelenkt wird. Dahinter ging es wieder richtig
schön ins Leinetal, der Mittellandkanal wurde unterquert, auf einer langen Geraden
wurden viele Kilometer gewonnen. Kurz vor der Autobahn wich die Beschilderung
leider von der Karte ab. Der eigentlich schöne "Blaue See" mit Campingplatz litt
unter schrecklichem Autobahnlärm – und wir nahmen auf Empfehlung des Wirtes
einen Radweg an der Straße bis Ricklingen.
Inzwischen gelüstete es uns schon deutlich nach einem Gartenlokal, doch die einzige
Kneipe in Ricklingen hatte noch zu und auch im folgenden Bordenau war kein offenes
Lokal zu finden. So schwand unsere Stimmung, den Umweg über Neustadt am Rübenberge
zu machen, und wir fuhren direkt auf Steionhude zu. Und in Poggenhagen war uns das
Glück hold: kurz vor einer Bahnschranke war ein Lokal mit einem schönen Garten. Und
die Wirtin öffnete für uns auch ein paar Minuten früher (als 17 Uhr). Eine Runde
großer Apfelschorlen machte aus uns wieder normale Menschen und die letzten Kilometer
wurden frisch in Angriff genommen. Leider war der abzweigende Radweg wieder falsch
(nach Neustadt a. R.) ausgeschildert, so fuhren wir an der langgezogenen Hauptstraße
nach Steinhude rein. Den "Alten Winkel" zu finden war nicht weiter schwierig, wir
bezogen die Zimmer (Susanne und Reinhard Apartement), duschten und trafen uns im
Biergarten hinter dem Haus direkt am Meer.
Nach dem ersten alkoholischen Getränk (Berliner Weiße und Weizenbier) knurrte
auch der Magen, Susanne hatte bereits für die Speisekarte unseres Hauses ihr Okay
gegeben. Also nahmen wir im Gartenlokal des "Alten Winkels" Platz und probierten
verschiedene Fischsorten, darunter auch Jägerschnitzel. Zum Zahlen war es bereits
zu spät, denn nun begann das zweite Halbfinale der EM zwischen Spanien und
Russland. In unserem eigenen Biergarten war nur ein kleiner Fernseher, so nahmen
wir die Empfehlung unseres Wirts wahr und suchten das Ete-Hus auf. Ein fast leerer
Tisch mit bester Aussicht auf einen größeren Flachbildfernseher wurde in letzter
Sekunde besetzt und das glatte 3:0 der Spanier atemlos verfolgt.
Nach dem Spiel waren in Steinhude bereits die Bürgersteige hochgeklappt und wir fielen
in unsere Betten. Es wurde eine wunderbar ruhige Nacht.
Fr. 27.6.08 (35 km)
Nachts hatte es offensichtlich geregnet und die Temperaturen lagen auch deutlich
niedriger. Auch während des langgezogenen sehr guten Frühstücks ging noch der eine
oder andere Schauer nieder, doch Radio Sachsen-Anhalt (mit ansonsten schrecklicher
Volksmusik) versprach Wetterbesserung, vor allem für den Nachmittag. Nach dem
Frühstück war es zwar trocken, doch vor der Seeumrundung machten wir erst einen
ausgedehnten Spaziergang durch Steinhude und erwarben dabei eine (wasserdichte)
Karte vom Steinhuder Meer und Umgebung.
Es blieb trocken, so stand unserer Radtour rund um den See nichts mehr im Wege. Selbst die Fahrradsättel waren wieder trocken. Wir verließen Steinhude Richtung Südwesten, genau dem immer stärker aufkommenden Wind entgegen. Bevor wir am Hagenburger Kanal Richtung Hagenburg vom See wegbogen, bot ein Aussichts- und Anlegesteg eine gute Aussicht auf die hier am nächsten liegende Meeresinsel Festung Wilhelmstein.
Der Graf zu Schaumburg-Lippe, dem auch die Festung gehört,
ließ uns leider das Schloss Hagenburg nicht besichtigen,
doch der Radweg führte durch den stark bewaldeten Schlosspark. Dahinter kamen wir
wieder auf freie Flächen, auf denen der Sturm uns das Vorwärtskommen noch einmal
richtig schwer machte, bevor wir ihm den Rücken kehren konnten.
Auch auf der Westseite des Sees ist ein schöner Aussichtsturm. Dorthin gelangt man nur
zu Fuß, doch ein ausreichend großer Fahrradparkplatz ist vorhanden. Auf dem Weg zum
Turm liegen zwei Vogelbeobachtungsstationen, auch der Turm selbst ist als
Beobachtungsstation ausgelegt, um die Natur nicht unnötig zu stören.
Bei der Weiterfahrt drohte es zweimal loszuschauern, doch die Feuchtigkeit hielt sich
in Grenzen, die Regensachen wurden unnötig herausgeholt. Nun waren wir schon auf der
Mardorfer Seite, Mardorfs Ortskern liegt etwas vom See entfernt, doch Hafen und
Gastronomie ist auch direkt am See vorhanden. An der zweiten Fischbrötchen-Bude
hielten wir an. Während wir leckere Matjes- und Backfischbrötchen verspeisten, wurde
vor uns eine Yacht per Kran zu Wasser gelassen, dabei ließ sich die Sonne immer
öfter blicken (ohne dass der Wind nachließ). An der nächsten Düne konnten wir
Wind- und Drachensurfer bewundern, bevor das schönste Stück der Seeumrundung anbrach,
der Weg durchs "Tote Moor". Teilweise wurde der Radweg hier auf Holzstegen über den
trügerischen Untergrund geführt, außerdem gab es zwei Moorerlebnisstationen mit
Holzstegen und Aussichtsturm.
Als wir die nordöstliche Ecke des Sees umrundet hatten, lud uns ein weiterer
Aussichtsturm auf der Ostseite des Sees ein. Der Fußweg dorthin war komplett aus
Holzstegen gebaut und auf dem Turm entlud sich der ganze Sturm, der quer über den
See genügend Anlauf genommen hatte. Erstaunlich wie stark der umgebende Wald den
Sturm auf dem Steg abbremsen kann, da merkt man fast nichts, sondern hört ihn nur
noch in den Baumkronen.
Die nächste Sehenswürdigkeit war das "Scheunenviertel", die an einem dreieckigen Platz zwei Kanten belegen.
Nun wurde es dringend Zeit für ein gemütliches Bierchen, da bot sich wiederum das schöne "Ete-Hus" an. Gestern hatten wir gehört, dass oben der Nichtraucherteil sei, so ging's erst mal nach oben, doch dort waren wir fast die einzigen Gäste, während es unten brechend voll war. Auf den nicht besonders bequemen Sitzen tauschten wir mehrfach hin und her, ansonsten war es ein sehr lustiger Abend. Den Absacker nahmen wir noch unten im Stehen ein. Wie gestern war im Ort bereits längst Ruhe eingekehrt und wir konnten wieder wunderbar schlafen.
Sa. 28.6.08 (59 km)
Wieder hatte es nachts etwas geregnet und auch beim Frühstück gab es einen Schauer.
Doch unser ausgedehntes Frühstück überdauerte diesen und wir konnten im Trockenen
die Räder beladen. Sehr schön mitten durch Steinhude ging es aus dem Ort heraus, jetzt
auf einer alten stillgelegten Landstraße. Rechts von uns kam der "Kalimandscharo"
immer näher, während wir auf einer sehr angenehmen Strecke (teilweise durch den Wald)
auf Wunstorf zurollten. Von Wunstorf selbst sieht man nicht viel, weil man auf einem
schönen Radweg entlang der Westaue durch den Ort geführt wird. Schließlich unterquerten
wir die Bahnstrecke, die wir so schnell auch nicht wieder verlassen sollten. Hinter
Wunstorf machten wir die erste Rast, ständig begleitet von vorbeidonnernden
Güterzügen. Bei der Autobahnunterquerung kamen wir an den Mittellandkanal, was sich
sofort auf Ottos Fahrstil auswirkte ("Kanalmatador"). Beim Überqueren der Bahn bei
Gümmer fuhren wir einen kleinen Umweg und auch am Ortsende war keine der eingezeichneten
Routen entlang der Bahn zu entdecken, zudem verletzte sich Susanne noch leicht beim
Suchen der Strecke. Nun, an der Kreisstraße nach Lohnde gab es einen Radweg, und in
Lohnde ging es über eine Leinebrücke wieder in die Natur. Nicht weit nördlich von
Lohnde stießen wir wieder auf den Radweg, den wir bei der Hinfahrt genommen hatten,
aber diesmal schon hinter der Stelle, an der wir uns bei der Hinfahrt verfahren hatten
(Blauer See). Es folgte das schöne Leinestück (mit einem Mini-Schauer), die
Ortsdurchfahrt durch Letter sowie das letzte schöne Stück enlang Leine und Leinekanal.
Über das Sperrwerk bogen wir wieder zu den Herrenhäuser Gärten und hatten das große
Glück, durch die Hecken und Tore einige sprudelnde Fontänen zu sehen.
Der Radweg von den Gärten in die Innenstadt war gut ausgeschildert, irgendwann ist
man mitten in der Fußgängerzone und muss schieben. Dafür wurden wir auch mit einem
Blasmusik-Konzert empfangen – und man konnte den Bahnhof bereits sehen.
Wir konnten tatsächlich den Zug eine Stunde früher als geplant nehmen und vorher
auch noch in aller Ruhe das "Gosch" (Sylt) suchen, um unsere letzten Fischgelüste
zu stillen. Die S-Bahn (Gleis 1) kam pünktlich und wir standen auch richtig vor dem
vorderen Bereich des Zugs, der von Hameln weiterfährt. Platzmäßig sah es im Zug
zunächst nicht so gut aus, doch die Lage entspannte sich zusehends und ab Extertal
saßen wir allein in zwei Vierergruppen. Da es hin und wieder immer noch Schauer gab,
legten wir fest, falls es in Atenbeken regnete, zuerst noch in der berühmten
Bahnhofsgaststätte einzukehren. Vor Altenbeken handelte sich der Zug durch
Schrittempo noch über 10 Minuten Verspätung ein, die Wolken waren bedrohlich, doch
leider regnete es nicht. Andererseits waren wir froh, gleich losfahren zu können,
denn die Zugtoilette war mal wieder defekt. Susanne wurde von Johannes in Altenbeken
abgeholt.
Bergab, aber mit Gegenwind rollten wir durch das Beketal sowie dann quer durch die
Natur Richtung Talle in Schloß Neuhaus. Otto und Michaela verabschiedeten sich zuerst
und dann Reinhard in Elsen. Den Tisch für die Abschlussfeier im "Piccola Posta"
hatte ich sicherheitshalber bereits am Mittwoch bestellt. Zusammen mit den nicht
mitgeradelten Johannes, Hans-Günter und Gisela hatten wir dort eine kulinarisch
großartige Abschlussfeier in gemütlichem Ambiente.
Fazit:
Die steigungsfreie (wenn auch nicht ganz windfreie) Tour ohne große Kilometerfresserei
wurde von allen Teilnehmern begrüßt. So blieb viel Zeit, die Sehenswürdigkeiten von
Hannover, den Leine-Radweg und die vielen Aussichtspunkte
rund ums Steinhuder Meer zu genießen. Natürlich
trug auch die Vorfreude auf das Finale der EM (u. a. mit deutscher Beteiligung)
zur guten Stimmung bei.
Das gastliche Steinhuder Meer mit dem schönen Rundweg sowie die ausgesprochen angenehme
Aus- und Einfahrt von Hannover durch Parks und entlang der Leine waren die Höhepunkte
der Tour.