Im Herzen der Toskana – April 2001

Eine von der Firma Rückenwind organisierte Radreise mit einer festen Unterkunft ("Villa") und sternförmigen Radtouren. Die Anreise war individuell per Flug, Zug oder Auto.

Toskanische Villa

Teilnehmer: Margret und Margarete, Silke, Hanni, Renate, Conny, Arndt und Felix, Bettina und Achim, Gabi und Ulli, Bernd und Michael, Janna und Holger, Ursula, Reiseleiterin Birgit, Koch Hans, Angelika und Claus

Vorbereitung:
Kompliziert! Schon kurz nach der Anmeldung (im Januar) erfuhren wir, daß eine Verlängerungsnacht in Florenz nicht möglich war. Im März stellte sich heraus, daß die gewünschte Anreise per Nachtzug ebenfalls nicht klappte, da alle Schlafwagenbetten bereits belegt waren. Glücklicherweise kam dann Anfang April (nicht am 1.) die erfreuliche Mitteilung, daß ein Flug gebucht werden konnte – und sogar von unserem Heimatflughafen Paderborn. Nun konnte es doch noch losgehen!

Sa. 14.4.01 (8 km)
Unser freundlicher Nachbar Peter S. hätte das erste Mal ausschlafen können, doch für uns warf er sich gegen 8 Uhr aus dem Bett und brachte uns zum Aeroporto Paderborno. Natürlich waren wir viel zu früh ...
Den kurzen Flug nach Frankfurt verkürzte noch ein leckerer Imbiß aus einer Stofftasche (Eurowings). Zunächst sputeten wir uns im Frankfurter Flughafen, um dann festzustellen, daß wir uns mit dem Abflug um eine Stunde vertan hatten. Mit der Lufthansa war der Imbiß schon wesentlich dürftiger. In Florenz landete außer uns auch unser Gepäck, so daß wir einen Transfer zum Bahnhof suchen konnten und im Aeroporto Shuttle fanden. Über einen Platz mußte dort das Gepäck in das Bahnhofsgebäude getragen werden, wobei ein Blick auf die gewaltige Domkuppel geworfen werden konnte. Ein ca. 4° kalter, scharfer Wind trieb uns jedoch schnell in die Halle. Riesige, jedoch wohlsortierte Schlangen befanden sich vor den 12 Fahrkartenschaltern. Die nette schwarzhaarige Italienerin erklärte uns jedoch alles bestens und schon bald saßen wir im Zug nach Orte mit Station in Montevarchi. Wenn sich der Zug nicht gerade in einem Tunnel befand, hatte man einen herrlichen Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Appeninen. Seit Menschengedenken war es nie so kalt um diese Jahreszeit in Italien gewesen. Doch wir waren für diese Sensation gerde zur richtigen Zeit gekommen.
Und – wie der Zufall spielt – saßen in diesem ewig langen Zug ausgerechnet direkt vor uns zwei Damen mit den gleichen Aufklebern am Gepäck wie wir (Margret und Margarete). So kostete das Taxi von Montevarchi nach Badia a Ruoti nur noch den halben Preis und wir hatten schon nette Unterhaltung während der Wartezeit.
An der Villa war zunächst niemand zu sehen, schließlich führte uns Holger zu der Verwalterin Kristina, die uns die Zimmer zeigte. Da der Ort so winzig klein war, kein Restaurant, sondern nur eine Bar und einen Alimentari hatte, entschlossen wir uns kurzerhand, Vollpension nachzubuchen, da Rückenwind einen "alten" Koch vor Ort hatte (Hans alias Giovanni). Nachträglich gesehen war das ein Glücksgriff!
Räder bekamen wir auch, und zwar von unserer Reiseleiterin Birgit, die sich die ganze Zeit im Fahrradkeller versteckt hatte. Es handelte sich dabei um Räder der Bremer Fahrradmanufaktur von ausgezeichneter Qualität. Birgit stellte die Räder individuell ein und schickte uns auf eine Probefahrt in den Nachbarort Ambra, wo wir die Aussicht vom Kirchenhügel und einen herrlichen Capuccino (im Freien!) genossen. An windgeschützten Stellen konnte man es im Sonnenschein schon gut aushalten.
Etwas aufgeregt erwarteten wir die Begrüßung beim Abendessen, doch die war wohl schon mittags gewesen, obwohl außer uns vieren noch mehr Gäste erst später angekommen waren. Das gute toskanische Essen (3 Gänge) sowie die charmante Erklärung des Menüs durch Hans entschädigte aber für alles. Chianti verkaufte Hans auch, so daß wir uns bis zum Schlafengehen in diesem kamingeheizten Raum aufhielten.

Kaminzimmer

So. 15.4.01 (Ostersonntag, 52 km)
Als Osterüberraschung gab es zusätzlich zu dem reichhaltigen Früstücksbüffet einen süßen Osterkuchen. Trotz des Feiertages wurde jedoch nicht die übliche Frühstückszeit von 8 Uhr und Abfahrtszeit von 9 Uhr verschoben, bei Rückenwind herrscht ein strenges Regiment. Beim Frühstück machen sich auch alle ein sogenanntes "Lunchpaket" fertig, hier gab es alles, was das Herz und der Magen begehrt: Bananen, Äpfel, Orangen, Kiwi, Tomaten, Mohrrüben, Paprika, Radieschen, dazu toskanisches Brot mit allen erdenklichen Käse-, Wurst- und Schinkensorten.
Bei strahlendem Sonnenschein und eiskaltem Wind radelten wir auf der vielbefahren N 540 über Ambra bis Capannole, wo wir rechts in die Berge abbogen. Schnell war die Kälte vergessen, wenn man von ca. 200 m auf über 500 m ansteigt. Civitella (leicht zu merken als "Schiefer Teller") auf 523 m Höhe war unser Mittagsziel, ein niedliches Bergstädtchen mit Kirche auf dem nördlichen und Burgruine auf dem südlichen Bergsporn. Dazwischen romanische Bogengänge in den Häusern, die in der warmen Jahreszeit sicher angenehme Kühle spenden. Bei unserem Wetter war Kühlung nicht so sehr nötig, wir lagerten an der sonnenbestrahlten und von Blumen in Besitz genommenen Burgmauer.

Schiefer Teller

Nur schwer konnten wir uns zum Weiterfahren entschließen, doch eine von vielen rasanten Abfahrten führte uns hinunter nach Ciggiano auf ca. 300 m Höhe. Zunächst gemäßigt in einem Flußtal war an dessen Ende wieder eine Bergwertung angesagt, die uns hoch nach San Pancrazio (wieder über 500 m) führte. Ein Cappucino und eine lange Abfahrt brachten uns dann wieder zu der "geliebten" N 540, über Ambra nach Badia a Ruoti. Da wir von der schnellen Truppe waren, konnte vor dem Essen noch etwas Schlaf aus der vergangenen Nacht nachgeholt werden. Die Villa liegt auf einer Seite nämlich an der Straße. Diese ist zwar nicht viel befahren, doch jedes vorbeikommende Fahrzeug fährt so gut wie direkt am Bett vorbei. Die Fenster aus der Gründerzeit der Villa boten trotz Läden innen und außen keinerlei Lärmschutz. Leider war wegen Überbuchung der Reise auch kein Wechsel auf die Gartenseite der Villa möglich.
Der Höhepunkt des Tages (eigentlich jeden Tages) war wieder köstliche Menü von Hans, diesmal mit Osterlamm. Dem Wein sprachen wir nicht so zu wie am ersten Abend, um eine Ursache für den mangelnden Schlaf auszuschließen.

Mo. 16.4.01 (Ostermontag, 70 km)
Am zweiten Tag stand gleich die längste Tour der Woche an und die frühe Frühstücks- und Abfahrtszeit wurde nochmals um eine halbe Stunde vorverlegt, um nicht in der Mittagspause unser Besichtigungsziel in Gropina zu erreichen. Wieder starteten wir auf der N 540, bleben auf ihr bis zum Ende in Levane (hinter Bucine). Birgit führte uns durch den Ort, wir sahen eine Appeninen-Bergkette auf uns zukommen. Vorher wurde der schon recht breite Arno über- und die Autobahn unterquert (zum Glück nicht anders rum), dann ging's steil hinauf auf eine Hoch"ebene" über Monticelli, Cigogne zur (gut befahrenen) Straße der "Sieben Brücken" (sette ponti). Erinnerungen an Karat wurden wach. Nach kurzer Fahrt auf dieser Straße stellten wir die Räder ab und wanderten zu der sehr alten romanischen Bergkirche in Gropina. Ihre ältesten Teile sind älter als jede Kirche in Paderborn – und das will etwas heißen! Auch die Ausgrabungen unter der Kirche mit Langobardenkopf waren sehr interessant.
Zu Fuß wanderten wir dann weiter nach dem malerisch gelegenen, aber Verkehr-durchbrausten Loro Ciuffenna, wo wir uns in einer Bar bei einem Capuccino wieder aufwärmten. Zurück wählten wir den flachen Weg auf der Hauptstraße, die aber weniger befahren war, als wir dachten. Die "Sieben-Brücken-Straße" geht natürlich quer zu allen Flußtälern, das Auf und Ab hielt sich aber trotzdem in Grenzen. In einem schönen Flußtal ging's dann über Laterina zum Arno zurück, den wir ein kurzes Stück auf einer Schotterstraße begleiteten. Damit es nicht so staubte, hatte Birgit ein paar Tropfen Sprühregen bestellt. Er hörte auch tatsächlich sofort wieder auf, als wir festen Straßenbelag erreichten. Auf einem mittelhohen Paß überquerten wir nun die Autobahn, dann ging's runter ins nächste Flußtal – und dann steil wieder hoch nach Pergine Valdarno (von ca. 150 m auf 361 m). In dem malerischen Ort mußten wir uns erst mal stärken (Cappucino, Eis und jeder ein Stück vom 20-kg-Osterei). Der Rest war Abfahrt und "ebene" Strecke (für toskanische Verhältnisse). Bei Capannole erreichten wir wieder unsere N 540.
Zu dem wieder ganz tollen Abendessen tranken wir heute mal italienisches Bier, um den großen Flüssigkeitsverlust besser auszugleichen.

Dom von Siena

Di. 17.4.01 (35 km)
Heute war der Siena-Tag. Die Räder hatten wir bereits gestern bei der Ankunft auf den Anhänger geladen. Mit zwei vollen Kleinbussen und einem vollen PKW ging es auf der N 540 nach Süden und dann auf der E 78 Richtung Westen nach Siena. Auf einem bewachten Parkplatz wurden alle Räder in eine Parkbucht gestellt. Eine lange Rolltreppe (5- oder 6-teilig) fuhr von dort hoch in die Altstadt. An dieser Stelle trafen wir uns auch mit unserer Stadtführerin. Die Sehenswürdigkeiten von Siena aufzuzählen will ich gar nicht versuchen, am auffälligsten ist jedoch der teilweise offene "Neue Dom", der wegen der hier besonders stark wütenden Pest nicht weitergebaut werden konnte. Außerdem steht er auf unsicherem Boden, eine offene Säule neigt sich bereits bedenklich. Und ebenfalls erwähnt werden muß der muschelförmige Piazza del Campo vor dem Rathaus, um den jedes Jahr Pferderennen veranstaltet werden.
Die verbleibende Zeit zur freien Verfügung war leider viel zu kurz, zumal am Eisstand von Gianna Nanninis Pappa eine lange Schlange auf uns wartete.
Phänomenal schön und phänomenal anstrengend war die Rückfahrt mit dem Rad. Nachdem wir erst mal die großen Hauptstraßen hinter uns gelassen hatten, fuhren wir auf einer kleinen feinen Straße von Hügel zu Hügel und jeder bescherte einen neuen aufregenden Blick auf die Silhouette von Siena. Hinter Montaperti war dann die Sicht durch noch größere Hügel versperrt. Nach einem kurzen Anstieg folgte eine längere Abfahrt vorbei an Castelnuovo Berardenga bis zum Anfang unserer N 540. Hier schockte Birgit die mit ihr Radelnden, indem sie in rasendem Tempo diese viel befahrene Nationalstraße überquerte. Doch zum Glück ging alles gut.
Der scharfe Nordwind, der schon die ganzen Tage für Kühlschranktemperaturen gesorgt hatte, verwandelte heute die N 540 in eine Art Windkanal, in dem Windschlüpfrigkeit und Windschattenfahren bestens ausgetestet werden konnte. Was waren wir froh, als wir endlich nach rechts nach Badia a Ruoti abbiegen durften!
Auch an diesem Abend konnte der Flüssigkeitsverlust nur mit großer Mühe ausgeglichen werden. Fast alle konnten sich nach dem wiederum leckeren Abendessen nicht vom Kaminzimmer trennen, obwohl es heute besonders rauchig war (Wetterumschwung?).

Mi. 18.4.01 (39 km)
Hang mit Olivenbäumen Auch gestern abend hatten wir die Räder wieder auf den Anhänger gepackt, denn heute wurden wir auf einen Berg gefahren, den 834 m hohen Monte Luco. Beim Zusammenbau der Räder mußte Birgit zum wiederholten Male eine Blutspende geben, kaum einer ihrer Finger war noch Pflaster-frei.
Klar, daß es jetzt erst mal lange bergab ging, mit den guten V-Bremsen der Rückenwind-Räder war das kein Problem. Verschiedene schöne Aussichtspunkte auf die liebliche toskanische Landschaft zwangen uns auch immer wieder zum Anhalten. In Castagnoli bogen wir links ab, eine weitere Abfahrt brachte uns in ein Flußtal, in dem es auf der N 484 wieder gemächlich aufwärts ging. Hier kamen erstmals in größerer Anzahl (3 x 2) nackte Beine zum Vorschein, Birgit hatte damit schon am ersten Tag geglänzt. Unterhalb vom berühmten Bergschloß "Castello di Brolio" ließen wir die Räder stehen und erwanderten die Anhöhe. Birgit spendierte uns den Eintritt in das Gelände, das Schloß selbst ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Von der Sonnenterrasse des Schlosses hat man eine herrliche Aussicht über die Monti del Chianti mit der Silhouette von Siena als Höhepunkt. Daß wir auf dieser malerischen Terrasse unser Lunchpaket verzehrten, versteht sich on selbst.
Eine gute Grundlage war sowieso von Nöten, denn unser nächstes Ziel war die Weinprobe bei einem Winzer in San Gusme. Wie immer kamen wir zu früh an, so war noch Gelegenheit zu einem kleinen Ortsrundgang und zu einem kurzen Sonnenbad an einer windgeschützten Stelle. Schließlich hatten wir heute das beste Wetter bisher.
Der Winzer hatte nicht nur Chianti Classico, sondern auch Vin Santo, Grappa, Olivenöl und Honig. Birgit hatte extra Hans mit dem Kleinbus kommen lassen, um unsere Großbestellungen abzutransportieren. Doch wir wußten, wie oft wir unser Gepäck noch selber schleppen mußten, und orderten so nur Kleinigkeiten. Zu den verschiedenen Weinen reichte uns der (wirklich) alte Winzer in Olivenöl getränktes Weißbrot und zum Vin Santo gab es natürlich ??? (tja, wie heißen die Dinger noch: so ein süßes, trockenes Gebäck mit Mandeln, Cantuccini?) zum Einstippen.
Beschwingt traten wir die Weiterfahrt an, auf ein Schotterstrecke steil runter durch ein tiefes Tal. Birgit schlug vor, bergab zu schieben, doch jeder hatte jetzt so viel Mut, das Ganze auf dem Rad sitzend zu erledigen. Auf und ab und wieder auf (la Pieve) durchquerten wir noch ein zweites Flußtal, bevor eine längere Abfahrt zu unserer N 540 folgte. Im Gegensatz zu gestern war der Windkanal heute umgekehrt, doch heute hatten wir leider nur ein kurzes Stück auf dieser Straße. Die dadurch aufkommende hohe Geschwindigkeit nutzten Ulli, Arndt, Felix, Bernd und ich zu einem Rennen bis zu unserer Villa (einschließlich Hausberg). Felix sah bereits wie der sichere Sieger aus, als Arndt auf dem letzten Bergabstück aus dem Hinterhalt hervorschoß und Felix die Krone entriß. Ein Bierchen auf der Sonnenterrasse der Villa war die Belohnung.
Das heutige Menü sei mal als Beispiel für das hervorragende Abendessen genannt: als Antipasti gab es gekochte Artischocken, die man in gesalzenes Olivenöl stippte. Als primo platti handgeformte Gnocchi in Gorgonzolasoße, die secundo platti bildete gekochten weißen Bohnen und Salat mit Hühnchenbrust und für Vegetarier gefüllte Auberginen, der leckere Nachtisch war in Wein eingelegte Birne mit Mascarpone.

Do. 19.4.01 (53 km)
Donnerstag ist Markttag in Montevarchi. Wärmer war es leider nicht geworden, also wurden wieder die selben Klam(m)otten angezogen, die wir abends vors Bett gestellt hatten.
Auf unserer N 540 ging es nach dem Frühstück bis kurz vor deren Ende in Bucine, dort links eine leicht hügelige Straße nach Mercatale, ab da in einem wunderbaren Flußtal in sanften Schwüngen bis kurz vor Montevarchi. Über eine alte Steinbrücke überquerten wir den Fluß. Vor den Bahnschienen bogen wir nach links und stellten die Räder hinter dem Bahnhof ab. Durch diesen gelangten wir dann zu Fuß in die Innenstadt, wo uns Birgit den Marktanfang und einen Treffpunkt für hinterher zeigte. Jetzt zogen kleine Grüppchen auf eigene Faust los.
Den überwiegenden Teil des Marktes bildeten Klamotten, aber nichts Feines, eher so wie auf dem Pottmarkt bei Libori. Ein bißchen Kunstgewerbe und Leder (Schuhe, Handtaschen) ergänzten den Markt. Richtig interressant war jedoch die Straße, in der Lebensmittel feilgeboten wurden. Für unsere Breiten exotische Früchte und Gemüse wurden hier frisch angeboten. Kennt jemand Agretti? Angelika hielt es beim Vorübergehen für Schnittlauch, doch Hans, der auch hier war, um eventuelle Einkäufe zu transportieren, und auch selber einkaufte, präsentierte uns am Abend diesen "Schnittlauch" blanchiert: ein äußerst saftiges wohlschmeckendes Gemüse. In der Lebensmittelstraße gab es auch die berühmten Pannino con Porchetta, die besonders bei unseren Gästen aus den neuen Bundesländern Anklang fanden.
Neben dem Markt hat Montevarchi nicht viel zu bieten, was wir nach Marktschluß (12 Uhr) noch feststellen konnten, aber einen guten Cappucino findet man überall. Da Montevarchi im Arnotal liegt, konnte es auf der Rückfahrt nur bergauf gehen. In einem anderen Flußtal fing das zunächst gemächlich an, wie bei jedem größeren Ort war allerdings eine Hauptstraße zu befahren. Doch als es richtig steil wurde, konnten wir nach links zu einem Crossodromo (für Motorräder) abbiegen. Diese Straße war nagelneu und noch nicht auf den Landkarten verzeichnet und daher besonders verkehrsarm. Nach einigem Auf und Ab rollten wir wieder nach Mercatale, wo wir ein Päuschen einlegten. Kurz hinter dem Ort bogen wir nach rechts auf eine kleine Straße in den Weinbergen. Hinter San Leolino an einer größeren Wegekreuzung hatte Birgit noch eine Überraschung parat: wer sich jetzt noch topfit fühlte, konnte den direkten Weg über das 477 m hoch gelegene Bergdorf Cennina nach Ambra nehmen. Die anderen fuhren runter ins Flußtal des Torrente Ambra und folgten der N 540 bis Ambra. Hier trennte sich Familie Schirmer. Obwohl einer vorschlug, hinter einem Busch zu warten, bis die anderen losgefahren waren, und dann auch die Talstrecke zu nehmen, fuhren wir dann doch die Bergwertung und wurden mit einer herrlichen Aussicht über das Arnotal und den dahinter liegenden überzuckerten Appeninen belohnt. Die Burgruine in Cennina war leider gerade eine Baustelle und deshalb nicht zu besichtigen.
Es folgte eine rasante Abfahrt durch Weinberge runter nach Ambra, wo wir uns ein frisch gezapftes Bier vom Faß gönnten. Die drei Kilometer nach Badia a Ruoti waren dann nur noch Formsache.

Pinien-Allee in der Toskana Fr. 20.4.01 (39 km)
Als wir heute Morgen aus der Villa traten, regnete es – ein uns ganz und gar ungewohntes Gefühl. Einige sagten spontan die heutige Radtour ab, doch Birgit machte uns Mut: bis 9 Uhr könne es ganz anders sein. Und tatsächlich war es um 9 Uhr trocken, doch bis Birgit ihren organisatorischen Kram erledigt hatte, fing es schon wieder an zu tröpfeln. So machte sich denn eine kleine Gruppe von ca. 10 Leutchen im Regen auf den Weg zur N 540 (einige schreckte auch der Gedanke ab, den Tag in dem tristen Badia a Ruoti verbringen zu müssen). Kurz vor Cappanole bogen wir rechts nach San Pancrazio ab, ein langer Anstieg, den wir schon von einer herrlichen Abfahrt am ersten Tag kannten. Nach und nach wurde der Regen als wohltuend kühlend empfunden und kurze Regenpausen wurden bedauert. Nach einem kurzen Abdampfen vor San Pancrazio begann eine ebenso lange Abfahrt, die noch ein größerer Genuß gewesen wäre, wenn der Himmel jetzt nicht alle Schleusen geöffnet hätte. Wir trösteten uns mit dem Gedanken, daß das meiste eh' daneben ging, das, was uns traf, nicht weiter als bis zur Haut kam, und der Inhalt der guten Ortlieb-Packtaschen trocken blieb. Nach dieser "Spritztour"-Abfahrt hörte der Regen plötzlich auf und fing auch trotz dunkler Wolken nicht wieder an.
Nach einer längeren Talfahrt bogen wir nach rechts auf einen Schotterweg Richtung Gorgonza, einer auf einer Bergspitze liegenden Burg (-Hotel). Natürlich ging es bergauf. Oben versprach uns Birgit eine Abfahrt bis zum nächsten Ort Palazzuolo Alto, doch wie der Name schon finster andeutete (alto = hoch), ging es immer noch aufwärts. Erst im Ort begann die Gefällstrecke, doch wir stärkten uns hier erst mal in einer gemütlichen Bar. So langsam begannen auch unsere Sachen zu trocknen.
Der Rest war wirklich ein Genuß: es ging nur noch bergab bis Badia a Ruoti, und dazu noch auf einer fast autofreien Nebenstrecke. Lediglich scharfe Serpentinen zwangen uns teilweise zum Abbremsen.
Die Zurückgebliebenen hatten sich zu einer Wanderung zusammengetan, die trotz des Regens auch schöne Aussichten geliefert haben soll.
Für den Rest des Nachmittags war Packen angesagt, denn morgen war für alle außer Birgit und Hans der Abreisetag. Hans hatte noch mal ein besonders leckeres Menü zusammengestellt, auf besonderen Wunsch mit Tiramisu ("Zieh mich hoch") als Nachspeise. Der letzte Abend vor dem Kamin wurde besonders lange ausgedehnt und erstmals setzte sich unser "alter" Koch Hans zu uns, denn sonst erlebten wir ihn nur schuftend in der Küche, die wir auf dem Weg zum Kaminzimmer jedes Mal durchqueren mußten bzw. durften.

Sa. 21.4.01
Das letzte Frühstück in der Toskana! Pünktlicher als erwartet kam unser Taxi, nachdem wir vorher schon Conny, Arndt und Felix sowie Gabi und Ulli mit ihren Privat-PKWs verabschiedet hatten. Bernd, Janna und Holger kamen mit uns zum Bahnhof nach Montevarchi und in den Zug nach Florenz. Gemeinsam beneideten wir Michael, der für heute noch eine Eintrittskarte für die Uffizien bekommen hatte, um dann mit dem Nachtzug nach München zu schlafen.
Im Bahnhof von Florenz verabschiedeten wir uns von unseren letzten Mitreisenden und suchten den Flughafen-Shuttle-Bus auf. Alles klappte wie am Schnürchen und wir waren wieder viel zu früh in dem kleinen Flughafengebäude. Natürlich hatte der Flieger nach München Verspätung – unsere Umsteigezeit in München war sehr knapp. Und so ging es denn im Schweinsgalopp durch das lange Münchener Flughafengebäude. Nach nur 10 Minuten saßen wir bereits im Flugzeug nach Paderborn, wo die anderen Mitfliegenden bereits ungeduldig auf uns warteten. Unser Pilot kannte sich jedoch bestens aus in Deutschland und fand eine Abkürzung, auf der er die Verspätung fast wieder aufholte.
Nachdem alles so gut geklappt hatte, wartete in unserem Flughafengebäude die nächste freudige Überraschung auf uns: unsere netten Nachbarn Anne und Peter standen schon zum Abholen in der Empfangshalle bereit!
Klar, daß in der Schönwetterecke Deutschlands bestes Wetter herrschte, die Temperaturen waren allerdings nur wie in der Toskana ...
Am Sonntag machten wir eine schöne Radtour – ohne jeglichen Berg!

Toskanische Villa

Fazit: Ob die Toskana ideal zum Radeln ist, sei dahingestellt. Vielleicht hat Rückenwind mit Badia a Ruoti den falschen Ausgangspunkt gewählt, vielleicht gibt es aber auch keinen besseren. Daß italienische Autofahrer mehr Rücksicht auf Radler nehmen, kann ich auch nicht bestätigen; sie nehmen nur anders Rücksicht: das in Deutschland übliche Schneiden von Radlern kommt so gut wie nicht vor, dagegen wird man oft von tonnenschweren LKWs zentimetergenau überholt, das kann nicht immer gutgehen. In absoluter Ermangelung von Radwegen ist man auf die Straßen angewiesen.
Das Gruppenerlebnis mit den Mitreisenden war wie bei jeder bisher unternommenen geführten Radreise optimal, man hat einfach viele gemeinsame Interessen. Die nette Reiseleiterin, der "alte" Koch und dessen gutes Essen ergänzten dieses gute Gefühl bestens.


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