Eine selbstorganisierte Radtour mit kurzer Zugan- und -abreise, übernachtet wurde in Hotels und einer Privatpension.
Teilnehmer: Angelika und Claus
Vorbereitung:
Vom Unstrutradweg hört man nur Gutes, auch der Internetauftritt des Radwegs ist sehr
verheißungsvoll, so wollten wir das mal selber er"fahren".
Zugfahrkarten für die Hinfahrt (Quer-durchs-Land-Tickets) wurden online gebucht,
die Fahradkarten wurden am Reisebeginn aus dem Automaten gelassen, da es sich um Nahverkehrszüge
handelte.
Die Tagesetappen und Übernachtungsorte wurden ausgearbeitet anhand des Bikeline-Spiralos
"Unstrut-Radweg", der sich teilweise als sehr ungenau ergab. Der Streckenverlauf ist
z. T. aktualisiert und besser geworden. In Sömmerda das Erfurter Tor befindet sich auf
drei verschiedenen Kartenausschnitten an drei verschiedenen Stellen.
Der kurze Teil vom Saale-Radweg (Naumburg-Jena) wurde eine Karte des Aldi-Kartensets "19 regionale
Radtouren-Karten 1:100000" benutzt. Mit der Orientierung gab nur an der Saale kleinere
Probleme.
Die Zimmerbestellung klappte immer auf Anhieb, insgesamt war noch wenig los.
Mo. 25.4.11 (Ostermontag, 37 km)
Seit einer Woche war schönes Wetter und für April sogar richtige Hitze – verbunden
mit kräftigem Ostwind. Zum Frühstücks-Müsli die ersten Erdbeeren des Jahres, so
ging's munter mit dem Rad zum Bahnhof. Aus unserer Sicht hat sich die Bahn gebessert,
alle Züge waren pünktlich, zumindest die Privaten. Die Ems-Börde-Bahn, die uns nach Kassel brachte, hielt unterwegs
nur dreimal. Dort stiegen wir in die Erfurter Bahn, die zwar öfter hielt, aber ebenfalls
sehr gemütlich war. Auffällig viele Pfadfinder stiegen unterwegs zu und in Uder beim
Bundeshof wieder aus.
Wir stiegen in Heiligenstadt aus, fuhren mit dem Rad in die Stadtmitte, besichtigten drei Kirchen:
St. Martin, St. Marien und St. Aegidien sowie den Marktplatz, picknickten im Kurpark und begaben
uns dann auf den Leineradweg zur Leinequelle in Leinefelde. Der Leineradweg ist an dieser Stelle
nicht erwähnenswert: ein Auf und Ab auf Radwegen und kleinen Straßen. Erwähnenswert ist dagegen
die Leine-Ringquelle, die wir zunächst nicht fanden und zweimal umrundeten: sie liegt in einem
Privatgarten und ist von einer hohen Hecke umgeben, schade eigentlich. Dank Tipp eines Einheimischen
bekamen wir sie wenigstens zu Gesicht. Die bedeutendste Kirche ist St. Maria Magdalena, die Alte
Kirche war leider verschlossen. Dann ging's wieder zum Bahnhof: noch zwei Stationen Erfurter Bahn
bis Bahnhof Silberhausen. In rasanter Fahrt ging es von dort bergab in den Ort hinein und ein kurzes Stück
Unstrutradweg bis Dingelstädt. Der Unstrutradweg machte sofort einen guten Eindruck.
Unsere Unterkunft (Deutsches Haus) lag gleich am Ortsanfang und machte ebenfalls einen sehr guten Eindruck. Sie lag zwar an der Hauptstraße, aber wir bekamen ein Zimmer zur Seite. Nach einer kurzen Ruhepause radelten wir ohne Gepäck erst in die Stadtmitte, um Rathaus und St. Gertrudis zu besichtigen, dann ging's weiter über Kloster Kerbscher Berg unter dem Viadukt der Eichsfelder Kanonenbahn hindurch nach Kefferhausen zur Unstrutquelle, die nett ausgebaut ist.
Das Abendessen nahmen wir im Deutschen Haus ein, es war gut und ziemlich vornehm. Anschließend unternahmen wir einen Verdauungsspaziergang durch die Stadtmitte und an der Unstrut entlang. Besonders eindrucksvoll war die Grabengasse, die mit ca. 1 Meter hohen Bodsteinen gegen Überflutung bestens gerüstet ist. Zum Abschluss gab es noch ein Bier und einen Cocktail, bevor es in die Bettwäsche mit hohem Kunststoffanteil ging.
Di. 26.4.11 (53 km)
Wegen der schlechten Wettervorhersage hatten wir das Frühstück auf halb acht vorgezogen, es war auch bedeckt, aber trocken. Das Frühstück war in Ordnung, sogar mit (einfachem) Müsli. Wider Erwarten wurde das Wetter nicht schlechter, sondern besser, zeitweise kam sogar die Sonne durch – und der (Gegen-)Wind schlief noch bis nach zehn Uhr. Das erste Stück des Radwegs bis Silberhausen kannten wir ja schon, danach kamen weitere einsame Dörfer: Helmsdorf, Zella, Horsmar, Dachrieden. Dann kommt ein ganz idyllisches Stück: ein Naturweg durch das Reisersche Tal mit Rastplatz, zwei Viadukten und einer Unstrutschleife. Trotz unbefestigtem Untergrund kann man hier prima fahren.
Dann fährt schon auf Mühlhausen zu, die Stadt der vielen Türme. Das Zentrum war gut zu finden, dank der Marienkirche auf dem Berg. Wir stellten die Räder vor das Rathaus, gaben unser Gepäck in der Touristinformation ab und erkundeten zu Fuß die Innenstadt. Zuerst ging's ins Rathaus, das über einen schönen Saal und eine sehr alte (ca. 1300) Ratsstube verfügt. Die weiteren Höhepunkte waren Divi-Blasii-Kirche, Kornmarktkirche, Stadtmauer. Am Frauentor kann man den Rabenturm und einen Teil des Wehrgangs auf der Mauer mit vielen Türmen besteigen, das lohnt sich in jedem Fall und die Aussicht ist einmalig.
Dann holten wir Gepäck und Räder wieder ab und fuhren zum Poppenröder Brunnenhaus, vor
dem jedes Jahr das große Brunnenfest gefeiert wird. Auch der Radweg dorthin ist sehr
schön, komplett entdeckten wir ihn allerdings erst auf der Rückfahrt.
Am Bahnhof vorbei ging es wieder auf den Unstrutradweg zurück, die nächsten Orte waren Görmar,
Bollstedt und Altengottern, dort besuchten wir kurz das Schloss (von außen). Bereits
in Görmar hatte uns jemand auf eine sensationell gute Eisdiele aufmerksam gemacht, wir
hatten den Ort längst wieder vergessen, doch in Thamsbrück war sie: Eiscafé "Klaus in der Au".
Selbst aus Ostholstein kamen Gäste.
Der nächste Ort war bereits Bad Langensalza, wir fuhren gleich zu unserer Unterkunft (Zur
Weintraube), doch leider war sie zu. Nach einigen Telefonaten ließ uns ein Verwandter rein,
wir stellten Räder und Gepäck ab und erkundeten zu Fuß die Stadt, zu der es ein schönes Blatt
"Historischer Rundgang durch die Altstadt" gibt. Markt mit Rathaus und St. Bonifacius hatten
wir ja schon gesehen, so gings hoch durch die Holzgasse zum Drei-Türmeblick (der fast zugewachsen
ist). Hier sind auch drei schöne Stadtmauertürme. Auf dem Weg zur Bergkirche St. Stefani trieb
uns ein Schauer in ein Café und wir verkürzten den Rundgang über Schloss Dryburg zum
Friederikenschlösschen. In dessen Park hielt uns ein längerer Schauer noch einmal auf
(unter Terrassenschirmen), dann konnten wir noch den Japanischen Garten (der Rosengarten war noch
geschlossen) sowie weitere Stadtmauertürme und das Klagetor besichtigen.
Bevor wir essen gingen, riefen wir nochmal in der Unterkunft an – jetzt war sie geöffnet,
sogar das Restaurant. Wir wurden so herzlich empfangen, dass wir beschlossen, hier zu essen –
und das Essen war auch ausgezeichnet. Als Bier gab es Zwick'l (aus Bayreuth) und wir
blieben gleich sitzen (zumal es wieder regnete) und guckten Schalke 04 – ManU (0:2). In dem
Zimmer zur Holzgasse raus konnte man gut schlafen, etwas beeinträchtigt durch den schiefen
Fußboden und damit der Lage im Bett. Mittelalterlich eben.
Mi. 27.4.11 (68 km)
Esr regnete nicht mehr. Frühstück gab nur um sieben oder neun Uhr. Wir hatten uns wg. der schlechten
Wettervorhersage für sieben entschieden, pünktlich rief der Wirt an, dass das Rührei mit magerem Schinken
bereit stände. Doch bis wir unten waren, war es fast kalt, denn das Frühstücks-Felsenzimmer war
eiskalt.
Der Radweg aus Bad Langensalza heraus war sehr schön, bei Nägelstedt kamen dann die versprochenen
Steigungen, anschließend folgte ein wunderschönes Stück durch ein Naturschutzgebiet bis Großvargula.
Das dortige Wasserschloss bewunderten wir nur von der Unstrutseite gegenüber. Hinter Großvargula
führt der Radweg auf einer einsamen Straße (mit zwei Steigungen) zum Spargelort Herbsleben. Herbsleben
bietet aber noch eine weitere Besonderheit: eine der größten und schönsten Dorfkirchen Türingens,
St. Trinitatis, die zudem auch noch eine Radfahrer-Kirche ist.
Dafür verzichteten wir in Gebesee
auf die Besichtigung des Schlosses, obwohl das Wetter (entgegen der Vorhersage) wieder richtig
gut geworden war. Zwischen zwei Unstrut-Nebenflüssen geht der Radweg weiter nach (Uschi) Ringleben.
Der nächste Ort, Haßleben, macht seinem Namen Ehre. Erst in Werningshausen ist man wieder in der Nähe
der Unstrut. Hier besuchten wir das Priorat (Kloster) St. Wigberti, da es einladend aussah und
außerdem direkt am Radweg liegt. Es folgt ein sehr schönes (neu geteertes) Stück Radweg direkt
an der Unstrut bis Schallenburg sowie ein Weg durch die Felder bis Sömmerda.
Hier machten wir den Fehler und fuhren direkt aufs Erfurter Tor zu (südliches Stadttor),
elendes mittelalterliches Kopfsteinpflaster vermiest den Weg. Zum Glück folgt hier bald
die Fußgängerzone, wo z. T. Platten gelegt wurden, damit sich die Leute nicht die Haxen
brechen. Recht nett anzusehen ist das Rathaus, die dahinter liegende Stadtkirche St. Bonifatius
war wg. Bauarbeiten geschlossen. Da die Temperaturen immer noch frisch waren, tranken wir
italienischen Kaffee mit Kuchen und Tiramisu.
Sehr schön war auch der Radweg aus Sömmerda heraus, zwar zunächst nicht geteert, aber dafür immer
an der Unstrut entlang. Erst kurz vor Griefstedt verlässt man den schönen Flusslauf und handelt sich
auch gleich Steigungen ein sowie eine (leere) Straße bis Büchel. Zusammen mit der Lossa gelangt man
hinter Gorsleben wieder an die Unstrut. Es war wieder ein sehr schöner Radweg mit Sachsenburg-Ruinen-
und Viadukt-Blick bis kurz vor Heldrungen. Hier biegt man auf eine Straße, die vor Heldrungen
über eine riesige einspurige Brücke in den Ort führt. Was sich hierbei die Planer gedacht
haben, hat sich uns nicht erschlossen.
In Heldrungen (die Wasserburg sah man schon von weitem) hatten wir zunächst Schwierigkeiten,
unsere Unterkunft zu finden, so fuhren wir dann von hinten an den Ort in die Mühlstraße,
die aus Straßensicht ihren DDR-Charakter noch nicht verändert hatte. Doch im Haus und vor allem im
Garten unserer Vermieter gab es nichts auszusetzen, im Gegenteil, der Garten war eine
Extrabesichtigung wert: Japanischer Garten, zwei Gartenteiche, Bachläufe und viele Figuren,
dazu eine große Voliere mit exotischen Vögeln.
Mit guten Tipps machten wir uns auf zur Wasserburg, das ist wirklich etwas Einmaliges. Die
äußere Form entspricht der berühmten Spandauer Zitadelle, doch die innere Burg ist dagegen erstens
gut erhalten und zweitens von einem weiteren Wassergraben umgeben. Im Hauptgebäude ist eine
Jugendherberge. Nach kompletter Besichtigung gingen wir noch durch den Ort zum Rathaus (Ratskeller
heute gschlossen) zum einzigen Lokal (seit 1889) "Zur Krone". Der nette Wirt zeigte uns noch den
Weg zum Supermarkt, anschließend gingen wir bei ihm essen, gebratenes Zanderfilet und Apoldaer Bier.
Alle neu eintreffenden Gäste begrüßen hier alle Anwesenden mit einem Klopfen auf den Tisch.
Den Abend verbrachten wir im Wohnzimmer, das zu den zwei Zimmern der Unterkunft gehörte. Überraschend
trafen noch zwei weitere Radler ein, die sich zuviel zugemutet hatten und von Sömmerda mit dem Zug
hierher kamen. Sie gingen dann noch essen. Und erst in Naumburg vor dem Dom trafen wir sie wieder.
Im Fernsehen kam nichts besonderes, so verschlangen wir unsere Bücher. Man konnte hier wunderbar
mit offenem Fenster schlafen.
Do. 28.4.11 (81 km)
Heute war der Tag unserer Königsetappe und der schlechtesten Wettervorhersage, doch entgegen allen Erwartungen
schien bereits morgens die Sonne, selbst der Wind stand heute früher auf. Das Frühstück wurde in
unser Wohnzimmer gebracht und war auch Radtourern angemessen. Der nächste Ort war Bretleben mit
dem weit angekündigten Ehrichs Hof, doch leider lag er nicht an der Strecke, zudem auf einem
kleinen Berg, so dass wir den Umweg scheuten. Steigungen hatten wir trotzdem zu verkraften, wurden
aber wieder mit sehr schönen straßenfernen Radwegen belohnt.
Kurz vor Artern kamen wir wieder direkt an die Unstrut, die hier bereits einen kleinen Deich aufweist.
Artern selbst ließen wir links liegen und blieben auf der schönen anderen Unstrutseite, an der man
jetzt kilometerweit auf dem Deich entlang fährt.
Erst in Roßleben fuhren wir über die Brücke hoch zur Klosterschule, die auch geöffnet war und einen schönen Park
besitzt. Zurück auf der südlichen Unstrutseite wird der Fluss kurz verlassen. Bei der Rückkehr zum
Fluss kommt bereits hoch auf einem Felsen die Burg Wendelstein ins Blickfeld, eine beeindruckende Lage.
Aufgrund der Radwegführung muss man sowieso in den Ort hoch, besichtigten den Burginnenhof und genossen
die grandiose Aussicht über das Unstruttal.
Im nächsten Ort, Memleben, wartet bereits der nächste Höhepunkt: Kloster und Kaiserpfalz Memleben. Wer
hätte hier eine Kaiserpfalz erwartet? Immerhin ist hier Otto der Große gestorben. Von zwei großen
Kirchen war eine als Ruine und die andere als Grundriss erhalten, die Pfalz selbst war noch ziemlich
intakt. Wenn man hier Eintrittskarten kauft, bekommt man in der Arche Nebra Rabatt. Beides lohnt sich
sehr.
Hinter zwei Flussbiegungen hätte ich eigentlich die Arche weithin sichtbar erwartet, doch durch die bergige Landschaft sieht man sie erst im Rückblick und nur von bestimmten Stellen aus, obwohl sie oben auf einem Berg liegt. Egal, wir wollten dahin, parkten die Räder vor der Tür, kauften Karten, picknickten in der Eingangshalle und bekamen dann im Plantarium des Museums einen schönen Film über Erklärung und Bedeutug der Himmelscheibe zu sehen. In den beiden Haupträumen des Museums ist die der Fundstelle zugewandten Seite der Himmelscheibe gewidmet, auf der anderen Seite war eine Sonderausstellung zu Ötzi aus dem Eis.
Das Wetter war nach wie vor prächtig, wir fuhren wieder runter in den Ort (Wangen), dann weiter in den
Ort Nebra. Die Burgruine sieht man schon von weitem, dieser Anblick genügte uns. Insgesamt war es recht bergig in
Nebra, nach einem kurzen Stück Straße wird man wieder auf einen schönen Radweg geführt. Nach Reinsdorf
und Korsdorf im Unstruttal geht es hinauf in den Ort Burgscheidungen, das ebenfalls vorher sichtbare
Barock- und Rokkokoschloss liegt noch zusätzlich auf einem Berg (mit mittelalterlichem Kopfsteinpflaster),
doch wir scheuten die Mühe nicht und bekamen die Belohnung in Form einen netten Schlosscafés mit
kleiner Schlossinnnenbesichtigung. Der Schlosspark war landschaftsgegeben an dem steilen Schlosshang,
wodurch er einen ganz besonderen Charakter erhält.
Frisch gestärkt ging es auf das letzte Stück, die Überraschung in Laucha war, dass wir nicht über die
Unstrut kamen, da die Brücke gerade erneuert wird (die Radweg-Schiebestelle zum Überqueren konnten
wir leider nicht finden). So ließen wir Laucha Laucha sein und kamen in Weischütz wieder auf den
Unstrutradweg. Bei der Mühle Zeddenbach wird die Unstrut noch einmal überquert, dann rückt unser
Ziel Freyburg mit darüber legendem Schloss Neuenburg und dem Dicken Wilhelm ins Blickfeld.
Das Radhotel Alte(r) Speiche(r) ist leicht zu finden: über die Brücke immmer geradeaus, natürlich den
Berg hoch. Das Hotel ist perfekt auf Radler abgestimmt und im (Wein-)Keller befindet sich ein
vorzügliches Restaurant. Doch wir wollten erst mal die Stadt erkunden. Als erstes ging's zur
Rotkäppchen-Sektkellerei (schließt um 18 Uhr). Erstaunlich, wie schön früher Fabrikgebäude z. T.
gebaut wurden. Eine Schulklasse verließ gerade die Sektkellerei, so dass wir wenigsten noch den
Lichthof von innen bestaunen konnten. Gegenüber befindet sich das Turnvater-Jahn-Grab und Denkmal,
natürlich an einer alten Turnhalle. Über Marktplatz, Rathaus und Marienkirche gingen wir runter zur
unteren Stadtmauer, um dann über das Eckstädter Tor die (kleine) Stadt noch einmal zu durchqueren.
Mit einem Glas Rotkäppchen-Sekt als Aperitif läuteten wir ein leckeres Spargel-Menü in
unserem Weinkeller-Restaurant ein, dazu
natürlich leckeren Unstrutwein (Weiß- und Grauburgunder). Der Weg ins Bett war dann zum Glück
nicht mehr weit.
Fr. 29.4.11 (56 km)
Nach einem gemütlichen reichhaltigen Frühstück kauften wir im Weinland am Marktplatz noch eine
schöne Flasche Unstrutwein zum verschenken und radelten dann auf der Nordseite (Sonnenseite) der
Unstrut unter dem Herzoglichen Weinberg entlang nach Großjena (ist aber signifikant kleiner als Jena).
Hinter dem Ort ist am Radweg eine einmalige Besonderheit zu bewundern: das Steinerne Bilderbuch,
direkt in die Sandsteinfelsen der Weinberge gehauen.
Kurz danach mündet die Unstrut in die Saale. Über die Saale kann man hier mit einer kleinen Fähre übersetzen (nur Fußgänger und Radler), wenn man direkt nach Naumburg will. Wir wollten das, denn in Naumburg wohnt meine Tante mit ihrem Mann. Der Weg danach ist durchaus beschwerlich, denn man muss erst die Bahnunterführung finden und dann liegt die Stadt auch noch auf einem Berg. Der Dom, der in Naumburg nicht in der Innenstadt liegt, war plötzlich nicht mehr zu sehen und von Norden her ebenfalls schwer zu finden. Außerdem war er eine Baustelle und die berühmten Stifterfiguren wären eingepackt – hörten wir von unseren Mitbewohnern aus Heldrungen, die wir hier vor dem Dom wieder trafen. So radelten wir direkt durch die Herrenstraße zum Marktplatz, bestaunten das schöne Rathaus und wollten eigentlich auf den Turm der Wenzelskirche. Doch diese Kirche ist vormittags geschlossen.
Mit Blumen für die Tante ging es nun über Theaterplatz an der Stadtmauer entlang zum Marientor. Hier sind auch die Haltestellen der historischen Straßenbahn. Das Marientor ist natülich sehr sehenswert. Kurz bevor die Straßenbahn kam, entdeckte ich, dass man es auch von innen besichtigen und den Turm besteigen kann. Das musste im Schweinsgalopp geschehen, wenn wir die Straßenbahn nicht verpassen wollten; trotzdem lohnte es wegen der guten Aussicht. An dieser Innenstadtecke waren wir schon auf dem Weg zur Tante, die wir auch problemlos fanden. Was wir nicht wussten: genau zu diesem Zeitpunkt war die Hochzeit von Prinz William und Kate, einen ungünstigeren Besuchszeitpunkt kann man für ein älteres Ehepaar nicht wählen.
Trotzdem gaben sie sich viel Mühe mit uns, wir wurden bekocht, und nach dem Essen fuhren wir alle zusammen mit dem Auto zu einer Sehenswürdigkeit vor den Toren Naumburgs: Schulpforte, ehemaliges Kloster und Fürstenschule, heute Landesschule. Hier hatten die beiden mal (im Fürstenhaus) gewohnt und mein Onkel hatte hier unterrichtet. Klosterkirche, Kreuzgang, Torhaus, eigentlich alle Gebäude sind sehr gut erhalten.
Nach der Rückkehr wurde es Zeit, uns auf die letzte Radetappe nach Jena zu begeben (Saale-Radweg).
Und die hatte noch einige Überraschungen für uns bereit: nach einer schönen Abfahrt wiederum nach
Schulpforte folgte ein unbefestigtes Stück an der kleinen Saale bis Bad Kösen. Hier führt der Radweg
direkt unter dem Doppelkunstgestänge hindurch, das (zwar ohne Funktion) immer noch in Betrieb ist.
Wenn man hier anhält, kann man auch einen Blick auf das Romanische Haus werfen, einer der Frauenorte:
hier Käthe Kruse und ihren Puppen gewidmet.
Doch hinter Bad Kösen kam die eigentliche Überraschung: nach einem kurzen schönen Stück direkt
an der Saale ging es plötzlich in den Wald hinein – und so steil bergauf, dass selbst das Schieben
schwer fiel. Wir trafen auch nur noch Wanderer und es war lange kein Radwegschild mehr gewesen. Als
wir nach ca. 2 km endlich wieder umkehren wollten, kam gerade wieder eine kleine Wandergruppe. Die
fragten wir, ob wir hier überhaupt richtig wären auf dem Saale-Radweg. Sie bejahten das und gaben
uns den Hoffnungsschimmer, dass es nur noch 300 m bergauf gehen würde. Dann hätte man eine schöne
Aussicht und von da an ginge es bergab. So war es auch: die Aussicht war gut, man sah auch Rudelsburg
und Burg Saaleck z. T. von oben, dazu noch einen riesigen Löwen in einer Felswand von irgendeinem
Senioren-Verein. Dann ging's steil bergab bis Saaleck, über die Saale (Burgenblick), meist auf der
anderen Seite auf kleinen Straßen ständig auf und ab bis Camburg (ebenfalls Burgblick) und
Dornburg/Dorndorf (Schlösserblick). Bei Dorndorf geht es auch wieder auf die östliche Saaleseite
und natürlich den Berg hoch, damit man den Schlösserblick richtig genießen kann. Bei Golmsdorf
wird man wieder auf die andere Seite zurück geleitet, von hier waren es nur noch wenige Kilometer
bis zu meiner Cousine in Jena (-Zwätzen).
Mit Duschen, Apoldaer Bier und leckerem Essen läuteten wir einen schönen Abend ein und schmiedeten Pläne für den kommenden Tag.
Sa. 30.4.11 (0 km)
Heute war Wandern statt Fahrradfahren angesagt. Das Wetter und das Frühstück waren prächtig, dann
fuhren wir mit dem Auto ein kleines Stück bis Alt-Lobeda.
Beim Aufstieg zur Lobdeburgruine kommt man bereits an der Lobdeburg-Klause vorbei, wo wir heute zu Mittag essen wollten. Doch zuerst gings's weiter hoch auf den Johannisberg und Spitzberg, jeweils verbunden mit schöner Aussicht auf Jena, Lobeda und das Saaletal bis hin zur Leuchtenburg. Auf der Nordseite der Berge kürzten wir etwas steil bergab, um dann wieder zur Sommerlinde aufszusteigen und dann zur Lobdeburg-Klause zurück zu gehen.
Trotz schönem
Wetter war es uns draußen zu windig zum Essen und wir setzten uns in das Lokal direkt unter die
Rasselbock-Erklärung. Und trotz Familienfeier wurde das Essen pünktlich und gut serviert.
Den Nachmittag verbrachten wir in Jenas Innenstadt, Marktplatz, Uni, Goethe-Galerie, Wagnergasse
und vor allem Besuch des Jentower waren die Höhepunkte.
Nach vielen schönen Aussichten auf dieser Reise war dies die Höchste und Schönste. Hier in der Stadt konnten wir auch im Freien Kaffee trinken, doch rechtzeitig zur Bundesliga-Übertragung waren wir wieder zu Hause: tja, und heute wurde Dortmund Meister, das war seit 2002 nicht mehr vorgekommen. Mit Thüringer Bratwurst und Thüringer Röstl sowie Apoldaer klang ein schöner Tag aus.
So. 1.5.11 (15 km)
Nach unserem letzten Frühstück in Jena begleitete uns wieder einer mit dem Rad zum Bahnhof Jena-West,
der praktisch am anderen Stadtende liegt. Wir nahmen wieder den durchgehenden Zug bis Göttingen, hatten
aber einmal mehr Grund, uns über die DB zu beklagen. Denn zunächst hatten wir gute Plätze beim vorderen
Fahradabteil. Und auch die Räder hatten gut Platz. In Gotha
plötzlich eine Durchsage: der vordere Wagen wird abgekoppelt,
nur der hintere Teil fährt nach Göttingen. Hals über Kopf sind
wir umgezogen zum bereits überfüllten hinteren Fahrradabteil,
sind aber noch reingekommen (obwohl das Angelika stark bezweifelte),
mussten dann aber bis Göttingen stehen.
Die Schaffnerin, die uns zwischendurch kontrollierte, hätte ja
ruhig etwas sagen können, denn sie fragte uns noch, wie weit wir
führen. Naja, trotzdem geschafft, obwohl es immer an der
Kapazitätsgrenze war und nur kürzeste Züge eingesetzt waren.
Zu Hause ging es gleich zu der alljährlichen Grillfete am 1. Mai, die Radtour
davor hatte in diesem Jahr ohne uns stattfinden müssen.
Fazit:
Der Unstrutradweg ist ausgesprochen reich an Höhepunkten: Mühlhausen, Bad Langensalza, Wendelstein,
Memleben, Arche Nebra und Freyburg, um nur einige zu nennen. Der Radweg ist fast immer
gut ausgebaut und im Gegensatz zum Saale-Radweg ziemlich eben. Warum glaubt eigentlich
nur jede Stadt und fast jeder Ort, uns mittelalterliches Kopfsteinpflaster bieten zu müssen?