Via Claudia Augusta – Sommer 2011

Eine selbstorganisierte Radtour mit Zugan- und -abreise, übernachtet wurde in Hotels und einer Pension.

Julia Capuletis Balkon

o Teilnehmer: Christa und Karl-Georg, Uschi und Walter, Angelika und Claus

o Vorbereitung:
Ein Bahnmitarbeiter hatte Karl-Georg unfreiwillig auf die Via Claudia Augusta aufmerksam gemacht, weil er selbst eine Radlergruppe auf diesem Weg über die Alpen führen wollte. Karl-Georg kaufte sich den Bikeline-Führer "Via Claudia Augusta", überarbeitete den Plan, legte selber die Etappen fest, buchte Unterkünfte in den Etappenzielen und Tickets für "La Traviata" in der Arena von Verona und besorgte die Bahnfahrkarten, für sechs Leute kein leichtes Unterfangen.
Wiederum erwies sich der Bikeline-Spiralo als nicht sonderlich aktuell und gab kaum Hinweise auf die Probleme am Fernpass. Hier war das Radreise-Wiki sehr hilfreich. Ansonsten gab es in der Realität nur angenehme Überraschungen, besonders in Italien ist der Radweg der Via Claudia Augusta fast vollständig und überragend gut ausgebaut.
Insgesamt fuhren wir von Donauwörth bis Verona 688 km, darin sind aber auch Stadt- und Bahnhofsfahrten enthalten. Die erste Etappe radelten Angelika und ich alleine, in Augsburg stießen die vier anderen dazu.

Route:
Klick mich groß!

o Fr. 29.7.11 (9 km)
Um 6:53 Uhr fuhr unser Zug, das heißt: vor 6 Uhr wecken und ohne Frühstück zum Bahnhof radeln. Bahnmäßig mussten wir einen Umweg über Göttingen nach Süden machen, weil die Bahn es nicht schafft, morgens eine Verbindung Paderborn-Kassel bereit zu stellen. Zusätzlich lässt sich die Bahn den Umweg auch noch bezahlen. Nun, die Züge waren um diese Zeit noch leer, in Göttingen genehmigten wir uns einen Kaffee Togo und stiegen dann auf unsere reservierten Plätze im IC nach Treuchtlingen. Nach einer gemütlichen Fahrt, die nicht durch ständige Lautsprecherdurchsagen gestört wurde, weil in diesem Waggon der Lautsprecher kaputt war, stiegen wir pünktlich aus dem Zug aus. Als der Zug bereits weg war, bemerkten wir, dass er eine Verspätung eingefahren hatte und wir erst in Gunzenhausen statt Treuchtlingen waren. Uns blieb nur, auf den nächsten Bummelzug zu warten. Die Verbindung von Treuchtlingen zu unserem Ziel Donauwörth wurde zum Glück stündlich bedient, so dass wir mit einer Stunde Verspätung glücklich in Donauwörth ankamen. In den beiden letzten Zügen kamen wir auch erstmals mit zwei netten anderen Reiseradlerinnen ins Gespräch.
Nach dem schönen Frühjahr war der Sommer überwiegend kühl und regnerisch gewesen, wir waren aber trocken zum Zug gekommen. Im Süden (ab Gunzenhausen) war es deutlich wärmer, aber auch feuchter: vor Donauwörth prasselte ein Schauer auf den Zug. Vom Bahnhof Donauwörth aus fährt man über die Wörnitz-Insel Ried und durch das Rieder Tor in die Innenstadt, bereits eine hübsche Visitenkarte für die Stadt. Das ruhig gelegene Hotel ("Zur Promenade") war ein fast fertiger Neubau, die Räder kamen in den Wintergarten.

Reichsstraße in Donauwörth

Als wir zur Stadtbesichtigung ansetzten, tröpfelte es gerade wieder, so setzten wir uns ins Café Pfister, wo es ausgesprochen leckeren Kuchen gibt (Mokka-Pyramide). Bei schönem Wetter besuchten wir dann die Reichsstraße, Liebfrauenmünster (gotisch), Fuggerhaus, Café Ubuntu, Kloster Heilig Kreuz (Barock), Wörnitz mit Stadtmauer, Ried, Rathaus und Promenade mit Zaubergeigenbrunnen, schließlich noch den alten Eisenbahntunnel, durch den jetzt der Donauradweg führt, sowie die Freilichtbühne. Nach dem Abendessen im "Goldenen Hirschen" regnete es wieder, so gingen wir passend zum frühen Aufstehen früh ins Bett.

o Sa. 30.7.11 (56 km Via + 10 km)
Die Via Claudia Augusta beginnt direkt vor dem Rathaus von Donauwörth. Nach einem perfekten Frühstück begaben wir uns bei noch kühlen Temperaturen auf die Via, die dann über die Promenade zur Donaubrücke führt. Südlich der Donau läuft sie ein kurzes Stück neben der Straße, bevor man über schöne Feldwege Meitingen, Gut Schwaighof und andere schöne Orte ansteuert.
Es war inzwischen angenehm warm, bewölkt, aber trocken. Ab Westendorf fährt man direkt am Lech bis nach Augsburg hinein. Hier ist der Radweg zwar nicht geteert, aber fein geschottert. Das Lechbett ist breit und fast leer (breite Kiesbänke), weil im Winter der Forggensee abgelassen wird und im Frühjahr die Schneeschmelze aufgenommen werden muss.
Die Via Claudia Augusta ist hier gleichzeitig Jakobspilgerweg und tatsächlich trafen wir kurz vor Augsburg eine Pilgerin, die aber nicht länger verweilen wollte, weil sie noch ein größeres Stück vor sich hatte.
Wir aber waren bereits am (heutigen) Ziel, bezogen unser Hotelzimmer ("Am Fischertor") und besuchten nach einer Ruhepause Angelikas Tante, der es große Freude machte, uns einen kleinen Bauch anzufüttern. Anschließend ging es noch zur Cousine mit Familie, auch hier wurden wir herzlich empfangen und bewirtet (selbstgemachter Sauerkirschlikör). Der Weg zurück zum Hotel im Dunkeln fiel daher umso leichter und stellte uns vor keine größeren Probleme.

o So. 31.7.11 (5 km)
Heute war das Hotel so gut wie leer und es gab leckeres Frühstück. Danach machten wir den ersten Rundgang durch Augsburg: Mozarthaus, Fischertor, Bastion Lueg ins Land, Stadtmauer, Dom (nur außen), Fronhof, Theater, Rathaus, Perlachturm, Weberhaus, Zeughaus und Maximilianmuseum waren unsere Ziele.
Zum Mittagessen waren wir bei der Cousine eingeladen, zum Kaffee bei der Tante. Doch nach dem Mittagessen gingen wir mit der Familie der Cousine in den Schrebergarten und die Tante wurde samt Kuchen kurzerhand ebenfalls in den Garten geholt. Zudem gab es in der Schrebergartenklause frisch gezapftes Bier, so dass wir hier bis zum Abend verweilten. Gegen den stärker werdenden Sonnenschein wurden Strohhüte verteilt. Erst zum Abendessen ging es wieder nach Hause, Bier wurde noch reichlich gereicht, wir unterhielten uns noch lange und verabschiedeten uns bis zum nächsten Augsburg-Besuch.

Perlachturm und Rathaus Augsburg

o Mo. 1.8.11 (3 km)
Nach dem Frühstück starteten wir den zweiten größeren Augsburg-Rundgang, er führte über Stadtmauer, Steinernen Mann, Kahnfahrt, Fünfgratturm, Jakobertor, Vogeltor, Augsburger Puppenkiste, Rotes Tor, St. Ulrich und Afra, Schaezler-Palais und Fuggerhaus zum Rathaus, in dem wir den Goldenen Saal besichtigten. Danach wurde der Perlachturm bestiegen und der Dom von innen besichtigt. Eine Stadtführung gibt es um 14 Uhr, aber da dies beste Mittagsschlafzeit ist und wir abends noch die Fuggereiführung hatten, verzichteten wir darauf.
Der nachmittägliche kleine Rundgang führte uns noch über Wieselhaus, Stadtbad und Brechthaus zum Damenhof im Fuggerhaus. Eine Eisdiele in Augsburg zu finden war gar nicht so einfach, Eis auf die Hand gab es öfter. Vom Hotel aus riefen wir dann unsere Zu(g)reisenden an: ihr Zug sei pünktlich und sie kämen noch vor der Fuggereiführung ins Hotel.

Jakob Fugger mit Fuggereiführerin

Das klappte auch gut und nach der interessanten Führung (älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt) gingen wir in den Ratskeller essen. Im Gegensatz zu den meisten Ratskellern in Deutschland ist dieser jedoch keine besondere Empfehlung. Mit einem kurzen Besuch des Damenhofs im Fuggerhaus beschlossen wir den Tag, denn alle wollten ausgeruht auf die morgige lange Etappe gehen.

o Di. 2.8.11 (93 km)
Wie fast immer an den folgenden Tagen frühstückten wir um halb acht, die Bezahlung im Hotel war etwas umständlich. Mit den bepackten Räder fuhren wir zum Augustusbrunnen vor dem Rathaus, um ein gemeinsames Startfoto unserer Via Claudia Augusta-Tour zu schießen. Dann ging's direkt zum Lech, an dem wir sehr schön aus Augsburg heraus fuhren. Über ein Wehr führte die Via auf die andere Lechseite, dann lange durch einen Wald. Das nächste Stück war entlang des Ilsesees bei Königsbrunn, es folgte ein längeres Stück (wenig befahrene) Straße bis Oberottmarshausen.
In Untermeitingen machten wir Rast vor einer Bäckerei mit einer netten Bäckerin, die uns sechs Stühle vor die Tür stellte. Es war bereits so heiß, dass wir den Schatten suchten. Auf einer kleinen Straße wird man an Landsberg vorbei geführt, dann wieder ein Naturweg bis Erpfting. In Ellighofen verließen wir die Via Claudia Augusta unfreiwillig Richtung Unter-/Oberdießen, was sich hier jedoch leicht korrigieren ließ. Hier folgt ein ganz interessantes Stück: nahe der Siedlung Römerkessel verläuft die Original-Via Claudia Augusta über eine Wiese, auf der der Weg kaum noch erkennbar ist.
Nach einem ersten Anstieg hatten wir plötzlich das Gefühl, mitten im Allgäu zu sein: grüne Wiesen, sanfte bewaldete Hänge und die Alpen tauchten im Hintergrund auf.
In Epfach machten wir die letzte Rast der Etappe, der Gasthof zur Sonne machte seinem Namen große Ehre. Aus dem Ort heraus ging es wiederum bergauf, dann folgten wunderschöne Radwege bis kurz vor Altenstadt, von wo aus man Schongau schon sehen konnte, aber vorher noch ein tiefes Tal durchqueren musste. Die Altstadt von Schongau (unser Ziel) liegt auf einem ovalen Felsen hoch über dem Lechtal. Dort hinauf schoben wir, doch hinter dem Frauentor standen wir bereits mitten in der (ebenen) Altstadt. Unser Hotel ("Alte Post") liegt direkt am Marktplatz neben der Stadtkirche Mariä Himmelfahrt. Für die etwas altmodischen Zimmer entschädigte ein sehr gutes Restaurant, in dem wir die heute verbrauchten Reserven wieder auffüllten.

Ballenhaus und Polizeidienerturm

Natürlich lohnt sich ein Stadtrundgang in der Altstadt: vom Polizeidienerturm über Ballenhaus zum Münztor. Interessant war auch ein Außenrundgang um die (erhaltene) Stadtmauer. Das letzte Gatränk gab es zum Schluss unter freiem Himmel vor dem Ballenhaus.

o Mi. 3.8.11 (60 km)
Da die Kirchturmglocke von 22 bis 6 Uhr eine Ruhepause einlegte, verbrachten wir eine ruhige Nacht. Außerdem gab es sehr leckeres Frühstück, zu dem sogar unsere beiden Langschläfer bereits vor halb acht Uhr eintrafen. Wir fuhren den gleichen Weg aus der Altstadt von Schongau heraus, also durch das Frauentor, dann steil bergab und gegenüber wieder hinauf. Nach kurzer Zeit bogen wir von der Straße ab auf geteerte Wege, es folgte eine sehr schöne Allgäustrecke bis Burggen, dann ging's runter zum Lech und bei Lechbruck das erste Mal an einem Lech-See entlang. Nach einer angenehmen leichten Steigung folgte eine kurze starke Steigung beim nächsten antiken Meilenstein der Via Claudia Augusta.

Die Alpen kommen in Sicht

Dann wurde das erste Mal der Forggensee berührt, über Roßhaupten und Dietringen ging es am oder in der Nähe des Sees auf Füssen zu. Bald zeigte sich auch der Blick auf Neuschwanstein und Hohenschwangau. Vor Füssen kamen wir auch noch am "Kini Ludwig"-Festspielhaus vorbei, ehe wir am Lech entlang in die Innenstadt von Füssen fuhren.
Hier machte wir eine längere Pause vor einem Café, doch inzwischen zog sich der Himmel zu. Am Lechfall kurz hinter Füssen wurde nicht lange gehalten, denn das Wetter wurde immer bedrohlicher. Zwischen Unter- und Ober-Pinzwang erwischte uns dann ein Gewitter. Wir flüchteten in eine Scheune zusammen mit einem Pärchen aus Sachsen, das ebenfalls auf der Via unterwegs war, und machten es uns auf den Strohballen gemütlich. Später bei nachlassendem Regen fuhren wir weiter nach Reutte. KG hatte hier Zimmer in einem schönen Hotel ("Maximilian") im Stadtteil Ehenbichl gebucht.
Da es immer wieder schauerte, blieben wir auch abends im Hotel, es gab leckeres Essen, vorher tranken wir alle noch einen Veneziano auf den Hochzeitstag von Angelika und Claus. Zudem hatte man von unserem Tisch aus einen wunderbaren Blick auf die hoch über uns liegende und angestrahlte Burg Ehrenberg.

o Do. 4.8.11 (59 km)
Wie gestern das Essen im Restaurant war auch das Frühstück hier sehr lecker, dann begann der Ernst des Lebens. Die Räder wurden aus dem Skikeller geholt und gleich neben dem Hotel musste eine erste Steigung bezwungen werden. Am Krankenhaus vorbei war es noch einmal eben, dann fing der Radweg schotterig steil bergan bis hoch zur Fernpassstraße: unsere erste Schiebestrecke für heute. Und es sollte nicht die letzte sein.
Bis kurz vor Heiterwang fuhren wir dann parallel zur Straße, hier kommt man an der "Alten Kaserne" der gestern Abend sichtbaren Burg Ehrenberg vorbei. Die neue Umgehungsstraße um Heiterwang war natürlich noch nicht im Bikeline-Spiralo eingezeichnet, wir umfuhren diese oberhalb der Umgehung, besser wäre mitten durch den Ort gewesen. So mussten wir am Ortsende die Via mühsam wiederfinden. Es folgte eine schöne geteerte Strecke entlang der Bahn.
Von Bichlbach geht es dann eher bergab bis nach Leermoos, ab hier kürzten wir über eine Seitenstraße direkt nach Biberwier ab, um den Via Claudia Huckepack Bus noch pünktlich zu erreichen. Die drei Damen hatten sich bereits gestern für das Huckepack-Verfahren entschieden, heute schloss sich noch KG an, so dass nur noch Walter und ich übrig blieben, den Pass per Rad zu bezwingen (wir gaben aber den anderen unser Gepäck mit). Der "Bus" war nur ein kleiner VW-Bus, die Räder wurden mit Gepäck als Puffer einfach auf den Anhänger gestellt (und verspannt), dann verließen uns die vier – zusammen mit zwei Mädchen aus einer Mädchen-Dreiergruppe. Eine von Ihnen (Sport-Leistungskurs mit 1) bezwang den Pass ebenfalls mit dem Rad.
Heute war eigentlich das schlechteste Wetter der Tour angesagt, doch als Walter und ich losfuhren, brach sogar die Sonne durch und sollte uns den heutigen Tag noch einige Zeit begleiten. Ich hatte zur Sicherheit Gelis Helm bekommen. Zweimal machten wir bergauf Rast: einmal am Parkplatz des Blindsees und einmal am Rastplatz "Zugspitzblick". Die Zugspitze zeigte sich auch wunderbar im Sonnenschein. Das letzte Stück der Straße vor dem Fernpass ist ziemlich eng und wg. des starken Verkehr nicht gerade angenehm zu fahren, doch da mussten wir jetzt durch.

Fernpassbezwinger Walter

Auf der Passhöhe machten wir natürlich einen Foto-Halt und nahmen einen Gipfelschluck, bevor es in rasender Fahrt auf der anderen Seite wieder zu Tal ging (zwei große Serpentinen). Direkt zwischen Schloss Fernstein und dem Fernsteinsee warteten die anderen vor einem Bistro in der Sonne auf uns. Nach der gemeinsamen Rast konnten wir zunächst ein Stück abseits der Straße rollen, doch als ein Schotterweg auf der anderen Staßenseite weiter ging und da man so schlecht über die Straße kommt, rollten wir bis Nassereith einfach auf der Straße weiter: bergab überhaupt kein Problem. Hinter Nassereith folgt eine schöne Strecke durch einen Wald bis Strad und an Tarrenz entlang. Oberhalb von Tarrenz sieht man sehr schön die Schlossbrauerei Starkenburg liegen (das sollten wir heute noch trinken).
Durch Imst ist schwer zu finden, doch ein freundlicher Rollerfahrer nahm sich fast eine halbe Stunde Zeit um uns den komplizierten Weg zu unserem Hotel ("Hohe Wart") zu erklären. Eine "Hohe Wart" liegt natürlich nicht im Tal, so stärkten wir uns am Ortsende erst noch einmal in einem Café, zumal der Ort auch schon sehr bergig war. Noch viel steiler ging es dann zur "Hohen Wart" im Ortsteil Brennbichl hoch. Ausgerechnet hier oben war auch das allererste SOS-Kinderdorf gegründet worden.
Währen wir bereits im Zimmer ruhten, wurde das Haus plötzlich zur Baustelle. So tranken wir erst mal ein Starkenburger auf der sonnigen Terrasse, bis die Baustelle wieder abzog und der beste Koch von Imst für uns leckeres Essen bereitete. Bei dem "schlechten" Wetter heute konnten wir auch prima draußen essen.
Nach dem Essen im Halbdunkel machten wir noch einen schönen Spaziergang (ohne Ziel). Als es ganz dunkel war, fanden Angelika und ich noch einen beleuchteten Fußweg durch den Wald nach Imst (10 Minuten), das wollten wir dann auch testen – und es stimmte. Dafür hatten wir uns noch ein Abschluss-Starkenburger verdient.

o Fr. 5.8.11 (55 km)
Im Gegensatz zu dem guten Restaurant war das Frühstück recht einfach, doch heute stand ja nur eine Übergangsetappe an. Außerdem regnete es morgens noch etwas, doch dann kam die Sonne raus. Zunächst ging es nur bergab, den Weinberg runter, dann abschüssige Landstraße bis Mils, erst dort fuhren wir wieder auf den Radweg.
Plötzlich trafen wir die drei Radlerinnen wieder, die gestern mit uns über den Fernpass gefahren bzw. darüber Huckepack genommen worden waren – und zwar kamen sie uns entgegen! Zuerst glaubten wir, sie seien verkehrt, doch langsam setzte sich die Erkenntnis durch: wir fuhren in die falsche Richtung. Also: umdrehen und den Mädels hinterher! Denn hinter der Eisenbahnunterführung war die Via Claudia Augusta nur einseitig beschildert. Insgesamt war es wieder eine sehr schöne Wegführung über Schönwies nach Zams, das von einer kleinen Burg überragt wird. Bis Landeck ging es durch einen Wald, in Landeck wurden wir durch die Prachtstraße unterhalb des Schlosses geführt.

Schloss Landeck

Über eine Holzbrücke beim "Schwarzen Adler" kamen wir wieder auf die andere Innseite, auf der auch gerade die drei Mädels entlang rollten. Ebenfalls über eine Holzbrücke, aber diesmal sogar überdacht, ging es wieder auf die rechte Innseite. Hier sahen wir die drei Mädels zum letzten Mal, kurz vorher hatten sie noch eine Reparatur erfolgreich bewältigt. Nach einem kurzen Stück Straße ging es wieder auf beiden Innseiten weiter (abwechselnd), die Übergänge: Brücke, Schleuse, Brücke.
In Prutz kehrten wir ein und prompt trafen wir hier die Dresdener wieder, die wir bereits vor Reutte und in Biberwier getroffen hatten. Als wir weiterfuhren, hatte es sich wieder zugezogen, doch wir kamen noch trocken bis Ried, oberhalb liegt Schloss Sigmundsried. Unter einem Hotelvordach mussten wir einen Schauer abwarten. Gegenüber lagen zwei hübsche kleine Kirchen.
Dann kam die Sonne wieder raus. Eine kleine Steigung bis St. Christina, dafür ging's bergab bis Tösens. Noch zweimal wurde der Inn überquert, dann rollten wir in unseren Zielort Pfunds. Unsere Pension "St. Lukas" suchten wir in zwei Gruppen – und fanden sie auch unterschiedlich schnell. Gegenüber von der Pension war ein Eisenwarengeschäft mit Fahrradabteilung, hier ließ KG die Schaltung reparieren, Christa die Kette ölen und ich die knackenden Pedale ersetzen (für 8 Euro einschließlich Pedale). Die verbleibenden Räder wurden in einem Teppichlager eingeschlossen.
Bevor wir zum Essen los gingen, fing es an zu gießen (mit Gewitter), so kam unsere Regenkleidung endlich mal richtig zum Einsatz. In der "Traube" war es brechend voll, entsprechend hudelig war die Bedienung. Das Essen war allerdings bis auf die Schuppen am Zander sehr lecker.

o Sa. 6.8.11 (54 km)
Das Frühstück in der Pension war ausgezeichnet – und die Sonne kam heraus, nachdem es nachts noch viel geregnet hatte. Die Räder waren alle gut repariert und so fuhren wir wieder quer durch Pfunds auf die andere Innseite zur Via Claudia Augusta. Nach einem Stück beschaulichem Radweg geht es auf die andere Innseite über die selbe Brücke, über die die Reschstraße (durch Tunnel) steil bergauf zum Reschenpass führt.
Wir fuhren jetzt auch auf einer Straße (Engadiner Straße), die jedoch wenig befahren ist und am Inn entlang zur Schweiz führt. Dabei wird ein Mini-Pass (Finstermünzpass) überquert, bei der Abfahrt fuhren wir mit den Rädern sogar durch einen Tunnel. Unbemerkt rollt man hier in die Schweiz, alles ist zollfreie Zone. Erst kurz vor Martina mit Martinsbruck ist die Grenzkontrolle, wir fuhren jedoch links über die Brücke und waren sofort wieder an der österreichischen Grenzkontrolle. Kontrolliert wurden wir natürlich nicht.

Anstieg zur Norbertshöhe

Und sofort beginnt der Reschenpass-Anstieg, eigentlich der Anstieg zur Norbertshöhe, doch von dieser bis zum Reschenpass sind es nur noch wenige Höhenmeter. Man startet bei 1035 m Höhe und bezwingt auf sechs Kilometern mit 11 Kehren den Höhenunterschied bis auf 1420 m Höhe. Klar, dass sich hier unser Peleton stark auseinander zog. Unterwegs überholte uns ein Holländer, der diesen Anstieg heute fünf mal bewältigen wollte (natürlich auch die Abfahrt). Auch diese Straße ist wenig befahren, so dass dieses Stück durchaus Spaß machte. Oben wurde natürlich eingekehrt.

Rast auf der Norbertshöhe

Nach Nauders gab es eine kurze steile Abfahrt, am Ortsende geht der Radweg direkt an Schloss Naudersberg vorbei. Eigentlich ist der Radweg von hier über den Reschenpass bis zum Reschensee sehr schön und fast eben, doch ein extrem starker Südwind (also Gegenwind) ließ an dieser Stelle keine Freude aufkommen. Der Reschenpass selbst ist nur ein sanfter Buckel und wird fast unbemerkt überwunden. Wichtiger ist der Grenzübergang nach Italien, zunächst Südtirol.
Am Reschensee kehrten wir in "Mein Dörfl" ein, ein vor der Tür geparkter Ferrari und ein ebenso knallroter Aston Martin wiesen auf eine gute Adresse (leckeres Tiramisu) hin. Gut gestärkt ging's weiter am Ufer des Sees vorbei am Kirchturm von Alt-Graun, der hier als einziges aus dem Wasser ragt. Bei dem Sturm heute waren auf dem See auch viele Drachensurfer unterwegs. Hinter der Staumauer ging es erstmals bergab bis S. Valentino, der folgende Haidersee (Quellsee der Etsch) wurde auf der Rückseite umfahren.

Italienisches Tiramisu

Danach ging's richtig bergab, aber auf einem wunderbaren Radweg, geteert, breit und relativ gerade, das heißt: weite Sicht und daher ungefährlich. Burgeis, Schleis, Laatsch und Glurns (aber nicht Mals wie Bikeline behauptet) waren die Orte an diesem schönen Radweg. Mit heißen Bremsen rollten wir in unseren hübschen Zielort Glurns, schon von weitem sah man die Stadtmauer mit schönen Türmen sowie eine Holzbrücke über die Etsch. Unser Hotel ("Krone") lag direkt am Marktplatz und war mit dem Restaurant gegenüber ("Grüner Baum") zusammen gelegt.
Beim ersten Stadtrundgang auf eigene Faust trafen wir Christa und KG. Glurns ist mit 880 Einwohnern die kleinste Stadt der Alpen und hat trotzdem eine vollständig erhaltene Stadtmauer. Auch eine Laubengasse mit sehr niedrigen Lauben ist vorhanden.
KG hatte hier Halbpension gebucht, was sich als Glücksgriff erwies, es gab ein sehr leckeres Menü mit Wahl des Hauptgerichts (im Grünen Baum). Danach machten wir einen weiteren Stadtbummel im Halbdunkel, in zwei Türmen befanden sich Ausstellungen, die getrennt besucht wurden. Das Abschlussgetränk gab es vor dem Grünen Baum inmitten einer riesigen italienischen Radlergruppe (mit fünf Frauen), die heute Abend noch weiter wollten.

o So. 7.8.11 (64 km)
Das Frühstück (ebenfalls im Grünen Baum) wurde zu einem unterhaltsamen Event, weil der Kellner, der gestern Abend die Italiener bespaßt hatte, nun uns aufs Korn nahm. Die heutige Etappe führte überwiegend auf einem wunderbaren Radweg direkt an der Etsch entlang (oft auf dem Deich). Seit der Abfahrt tröpfelte es allerdings etwas, was beim Fahren zwar kaum störte, doch die Sicht auf die Berge litt darunter.
Bei Prad wird die Etsch kurz verlassen, hier war auch eine Regenschauerpause erforderlich. Plötzlich hatten wir Walter verloren, doch im Handy-Zeitalter stellt dies kein größeres Problem dar: er war bereits vor uns (in Laas) statt hinter uns wie vermutet. Entgegen dem Bikeline-Führer mussten wir nicht über Morter, sondern fuhren direkt an der Etsch über Latsch und Kastelbell nach Naturns.
Inzwischen wurde es immer dunkler, andererseits hatte es zu regnen aufgehört. In Plaus kehrten wir vorsorglich ein (es regnete trotzdem nicht), beim Rangieren hatte Christa plötzlich ihren Sattel in der Hand. Reparaturversuche misslangen, dafür schmeckte die Buchweizenrolle hervorragend. Christa musste mit losem Sattel weiterfahren, doch bis zum Ziel Meran war es ja nicht mehr weit.

Radwegkehren vor Meran

Oberhalb von Meran war ein schöner Aussichtspunkt direkt am Radweg, von hier ging es in sieben Kehren (Radwegkehren!) runter auf die Höhe von Meran. Dann gelangt man wieder an die Etsch und rollt an ihr bis fast in die Stadt hinein. Jetzt orientierten wir uns zum Bahnhof (wieder gab eine hilfsbereite Radfahrerin gute Tipps), von dort war es noch ein guter Kilometer bis zu unserem Hotel ("Steiner"). Wir hatten Glück, wir durften alle im ruhigen Hinterhaus schlafen.
Nach dem Duschen gingen wir zu Fuß in die Innenstadt (2 km), besuchten dort Laubengasse, Landesfürstliche Burg, Kurhaus, Passer mit Postbrücke, Sissi-Park, Bozner Tor und den Dom, wo wir uns zum Essen verabredet hatten. Tatsächlich war direkt dahinter ein nettes Restaurant, wir mussten uns jedoch erst an die italienischen Öffnungszeiten gewöhnen und noch etwas draußen warten (bei einem Veneziano). Auch das Essen war sehr lecker.

Landesfürstliche Burg in Meran

Im Halbdunkel machten wir dann noch einen kleinen Stadtbummel (Landesfürstliche Burg und Theater). Dann gingen wir zurück zum Hotel, wo wir auf der Terrasse gerade noch ein letztes Getränk bestellen konnten. Später öffnen, früher schließen und natürlich gibt es überall eine Mittagspause: in Italien hat es der Angestellte deutlich besser als in Deutschland.

o Mo. 8.8.11 (41 km)
Nach dem ausgezeichneten Frühstück machten wir einen zweiten Reparaturversuch an Christas Sattel und – die Reparatur klappte auf Anhieb (aber wir ließen uns unsere Überraschung nicht anmerken).
Heute stand nur die Kurzetappe bis Bozen auf dem Plan, um auch für diese schöne Stadt viel Zeit zum Besichtigen zu haben. Bei der Ausfahrt aus Meran an der Passer zur Etsch mussten wir noch einen Rettungswagen rufen, weil eine Radlerin gestürzt war. An der Etsch konnten wir einen nagelneuen Radweg benutzen, der direkt zwischen Bahn und Fluss für uns angelegt worden war. Nach einem kurzen Stück Straße ging es bei Lana wieder an die Etsch, an der wir unterhalb von vielen Burgen und Schlössern bis kurz vor die Eisack-Mündung rollten. Auf einem sehr schönen Radweg an der Eisack kann bis ins Zentrum von Bozen hineinfahren.
Doch als Fremde wussten wir das noch nicht, und als wir etwas unschlüssig herum standen, hielt ein Radfahrer an und bot uns an, uns bis zu dem Platz zu bringen, an dem unser Hotel (Piazza Guiseppe Manzini: "Art Hotel") lag. Auf dieser Tour haben wir wirklich viel Hilfsbereitschaft erlebt. Das Hotel lag versteckt hinter einem anderen Gebäude und war daher ausgesprochen ruhig. Das Problem war nur, dass jetzt Mittagspause und die Tür verschlossen war. Doch eine freundliche Angestellte hatte uns doch gehört und ließ uns Räder und Gepäck abstellen, auf einer Toilette konnten wir uns sogar stadtfein machen.
Dann ging's zu Fuß in die Stadt auf der Freiheitsstraße vorbei am Triumphbogen über die Schlösserbrücke (Talferbrücke mit Verliebten-Schlössern).
Von weitem sahen wir schon die lange Schlange vor dem Ötzi- und Reinhold-Messner-Museum, von uns hatte zum Glück keiner Lust darauf. Hinter Laubengasse und Obstmarkt trennten wir uns, da das Gewimmel groß war und die anderen etwas essen wollten. Wir besetzten nach unserem Rundgang ein schönes Café am Walther- (von der Vogelweide) Platz, wo es leckere Mini-Törtchen gab. Wie gestern war es wieder sehr warm, heute war es dazu aber richtig sonnig, so saßen wir natürlich draußen.

Walther von der Vogelweide in Bozen

Dann kleideten wir uns hemdenmäßig neu ein und gingen zum Hotel zurück. Zum Essen gingen wir dann gemeinsam Richtung Benediktinerabtei Muri in Gries, am davor liegenden Platz gibt es eine Pizzeria Geier, vor der wir draußen Pizza aßen. Nach dem Essen gingen wir zu unserem Platz (Manzini) und tankten in einem Pub mit sehr freundlicher Bedienung noch einmal Flüssigkeit auf.

o Di. 9.8.11 (99 km)
Im Art Hotel gab es ein ungewöhnliches Frühstück, vieles selbst gemacht, aber sehr lecker. Vom Hotel fuhren wir direkt an die Talfer, an der ein sehr schöner Radweg entlang führte. Die Talfer fließt kurz danach in die Eisack und diese dann in die Etsch, wir flossen immer mit. Im Gegensatz zur grün-grauen Etsch war die Eisack nach dem schlechten Wetter der vergangenen Tage dunkelbraun und führte ziemlich viel Wasser.
Heute war jedoch bestes Wetter und wir sollten sogar noch unter der Hitze leiden. Der schöne Radweg war auch ziemlich stark befahren, in Bozen noch von Büromenschen, die zur Arbeit strömten, weiter außerhalb überwiegend von Rennradfahrern. Ab und zu wurde die Etschseite gewechselt, meistens fuhr man auf dem Deich – und es ging immer leicht bergab, der relativ schwache Wind war ebenfalls günstig, alles genau richtig zum Kilometerfressen.
Wg. einer Ruine oberhalb von Salurn wollten wir einen Fotostopp einlegen, dabei klinkte unser Walter das falsche Bein aus den Pedalen: der einzige Sturz der Tour und noch dazu im Stand. Vor Zambana führte eine interessante neue Autobahnbrücke über die Etsch und den Radweg, doch hier hätten nur noch sehr flache Liegeräder drunter her gepasst. So gab es eine abgesenkte Mini-Umleitung.

Via Claudia Augusta auf dem Etschdeich

Das Etschtal war hier mitunter schon sehr breit, doch wir konnten dast immer direkt am Fluss fahren. Lediglich bei Lavis gab es wg. eines Nebenflusses einen Riesenumweg: das gewaltige, hoch abgemauerte Flussbett muss wohl im Fühjahr ungeheure Wassermassen bewältigen. Kurz dahinter liegt Trient, wo Walter seine Schürfwunde in einer Apotheke verpflastern lassen wollte. So bogen wir hier ins Zentrum zum Piazza Duomo. Hier kehrten wir unter schönen Lauben ein und waren in der größten Mittagshitze erst einmal vor der Sonne geschützt (bei grüner Apfelschorle).

Grüne Apfelschorle in Trient

Die Apotheken hatten aber alle auch Mittagspause, so musste das Verpflastern noch warten. Natürlich hatte der Dom auch Mittagspause, doch als wir wieder aufbrachen, wurde er gerade (vor der Zeit) wieder geöffnet, so dass wir ihn besichtigen konnten.
Dann ging's wieder zurück zur Etsch, an der wir bis zum Rand von Rovereto (heutiger Zielort) blieben. Zur Stadt ging es etwas bergauf, in der Innenstadt kreisten wir unser Hotel ("Leo d'oro") ein, bis es nicht mehr ausweichen konnte. Obwohl das Hotel vier Sterne hat, war die Klimaanlage kaputt und das Zimmer sehr warm. Zum Glück kühlte es sich nachts immer stark ab.
Um 18 Uhr zogen wir zusammen los zu einem Stadtbummel und um zu essen. Die Altstadt war hübsch und ein Castello lag ebenfalls vor dem Stadttor. Das Essengehen war schon schwieriger. Wir einigten uns schließlich auf ein Lokal mit schöner Außenterrasse und bunten Plastikstühlen in der Fußgängerzone, doch von der Speisekarte verstanden wir nichts bis auf das Kleine Fischmenü, das wir dann auch alle nahmen. So wurden wir satt und konnten dann noch durch die inzwischen angestrahlte Altstadt schlendern. Die Diskussion, ob wir morgen weiter an der Etsch oder über den Gardasee fahren sollten, war beim Essen aufgekommen und wurde später im Hotel fortgesetzt. Uschi, Angelika und ich wollten lieber an der Etsch bleiben, eine Trennung für eine Etappe bahnte sich an. Da heute ein Empfang im Hotel gewesen war, konnten wir bei der heißen Diskussion wenigstens noch ein kühles Bier trinken.

o Mi. 10.8.11 (80 km)
Nach dem Frühstück überraschten uns Uschi und Walter damit, dass sie doch über den Gardasee fahren wollten, so nahmen Angelika und ich den letzten Teil der Via Claudia Augusta allein in Angriff.
Wir fanden gut aus Rovereto heraus und waren danach wieder auf dem schönen Radweg an der Etsch. In der Nähe von Mori (ab hier fuhren die anderen zum Gardasee) wechselte der Radweg erstmals von der Etsch an einen alten Kanal (das Alter sah man an den Brücken), dann kam wieder ein längerer Etschabschnitt. Bei Ala war ein nagelneuer Radweg gebaut worden, so dass man auch hier noch nicht auf der Straße fahren musste. Erst bei Borghetto musste man auf eine (wenig befahrene) Straße, die ab und zu neben der stark frequentierten Autobahn entlang führte.
Das steile Straßenstück am Etschdurchbruch bei Ceraino entfiel komplett, auch hier war ein schöner neuer Radweg gebaut worden, wenngleich man auch fast auf die gleiche Höhe wie die Straße musste (190 m). Lachen mussten wir, weil bei 10 % Steigung auf dem Radweg eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h angegeben war. Belohnt wird man durch eine wunderbare Aussicht auf das mäandernde Etschtal.

Etschdurchbruch bei Ceraino

Vom hoch gelegenen Rivoli Veronese führt nochmals ein Radweg zum Gardasee (Ort Garda, ca. 8 km).
Noch ein kurzes Stück Straße hinter Rivoli, dann ging es wieder steil bergab zu unserem geliebten Kanal (bei Gaium). Was wir noch nicht wussten: ab hier führt der Radweg am Kanal fast durchgängig bis nach Verona hinein. Zwei gefährliche Straßen wurden über gewaltige Radweg-Holzbrücken überquert, der Kanal selbst wird über manches Brückenbauwerk über tiefe Seitenschluchten geführt. Lediglich in Bussolengo wird man durchs (sehenswerte) Zentrum geführt, wir nutzten die Gelegenheit zum Einkehren und Überbrücken der größten Mittagshitze. Auch in Veronas Vorort Chievo muss eine Kanalumlenkung an der Straße umfahren werden. Der Kanal endet am Innenstadtring von Verona an der Porta Nuova. Von hier war es nicht mehr weit bis zu unserem Hotel ("de Capuleti", in Verona ein großer Name) in der Via del Pontiere, die Räder kamen in die Hotelbar.
Nach einer kurzen Ruhepause brachen wir zum ersten Stadtrundgang auf. Direkt vor uns lag ein Teil der Stadtmauer mit -tor und -turm. An der Mauer entlang kommt man dann zur Arena am Piazza Bra. Die Kulissen der verschiedenen Stücke der Festspiele waren auf dem Platz großzügig verteilt. Über die Einkaufsstraße Via Mazzini (komplett aus Veroneser Marmor) gingen wir zum berühmten Piazza delle Erbe. Uns gingen die Augen über von den vielen schönen Palästen an diesem Platz.

Piazza delle Erbe in Verona

Hier erreichte uns die SMS von Christa, dass auch sie gut im Hotel angekommen seien. Freudig und erleichtert ging's weiter zum kleineren, aber noch schöneren Piazza dei Signori (mit Dante-Denkmal) und natürlich zu Julia Capuletis Haus mit dem berühmten Balkon. Über die Via Leoni mit der halb erhaltenen Porta Leoni (1. Jh. n. Chr.) gingen wir zur Etsch und zum Hotel zurück.
Zur verabredeten Zeit trafen wir alle in der Hotellobby, es gab viel zu erzählen. Zum Essen gingen wir in eine wunderbar gelegene Pizzeria direkt hinter dem Stadttor. In einem großen Garten unter alten Bäumen ließen wir es uns gut gehen. Ein Abendspaziergang durch die angestrahlten Paläste, Piazzen und Arena rundeten eine schönen Tag ab. Lediglich beim Schlummertrunk in der Via Leoni wurden wir ein wenig übers Ohr gehauen.

o Do. 11.8.11 (0,5 km)
Da es am Bahnhof keine Gepäckaufbewahrung gab, ließen wir unser Gepäck im Hotel, die Räder mussten allerdings irgendwo anders abgestellt werden. Das Frühstück hatte europäischen Standard und machte ausreichend satt. Für eine Stadtführung wurden wir an das Verkehrsbüro verwiesen, wo uns sofort das Richtige genannt wurde: Führung um 18 Uhr ca. 1 Stunde komplett auf deutsch.
Der nächste Organisationspunkt war das Abholen der im Internet bestellten Opernkarten für die Arena. Vormittags klappte dies problemlos ohne Schlange. Dann schlenderte jedes Pärchen auf eigene Faust los, wir gingen durch die Via Roma zum Castelvecchio mit alter Ponte Scagliere.

Ponte Scagliere in Verona

Das Museum verschmähten wir, der Arco dei Gavi war eine Baustelle, die alte Kirche San Lorenzo (7. Jh.) hatte vor zwei Minuten die Mittagspause begonnen: wir hatten eine Pechsträhne. So ging es an der Etsch entlang im Schatten mit schöner Aussicht bis zum Dom (ebenfalls Mittagspause). Nun befürchteten wir, dass der Turm vom Palazzo della Ragione ebenfalls Mittagspause hatte, doch wir irrten uns. Und ohne nachzufragen wurden uns ermäßigte Tickets für über 60jährige verkauft, ist das nicht unverschämt?
Die Aussicht nach über 380 Stufen (Lift ist auch vorhanden) ist allerdings grandios und entschädigte für alle Schmach. Pünktlich trafen wir dann unsere Freunde und gingen gemeinsam Mittag essen. Danach trennten wir uns nochmals, wir versuchten es erneut bei San Lorenzo und es hat sich wirklich gelohnt. Danach hingen wir ein bisschen ab in zwei grünen Parks (Piazzen S. Nicolo und Indipenzia), warfen von der Etsch aus noch einen Blick auf das Teatro Romano (1. Jh v. Chr.) und begaben uns dann zur Stadtführung, die an der Arena begann. U. a. lernten wir dabei auch neben Grundsätzlichem noch die Porta dei Borsari (1. Jh n. Chr.) kennen. Auch Jukias Balkon fehlte nicht.
Nach der Führung deckten wir uns mit Verpflegung ein und stellten uns in die Schlange für die unnummerierten Plätze. Drinnen erfuhren wir, dass es in der Arena keine Toiletten gibt, einige verschwanden vorher noch einmal, es war genügend Zeit. Auch das Trinklied "Brindisi" konnte noch einmal geprobt werden, tatsächlich sang aber nachher keiner der Zuschauer mit.

Probe des Trinklieds "Brindisii"

Langsam wurde es dunkel, die Arena voll und "La Traviata" begann. Ohne Verstärkung werden 20000 Zuschauer besungen, die Akustik war sehr gut. Zwischen jedem der drei Akte war eine Pause. Während der Schlussszene war es 24 Uhr und wir verschwanden vor den Massen, denn um 1:01 Uhr fuhr unser Zug. Vor der Arena hörten wir noch den Schlussapplaus, dann eilten wir zu den Rädern, mit diesen zum Hotel, Gepäck aufladen, dann ging's zum Bahnhof. Natürlich waren wir viel zu früh, aber der Nachtzug wurde hier eingestzt und kam ebenfalls viel früher, so konnten wir in aller Ruhe einräumen und unsere Liegen einrichten.

o Fr. 12.8.11 (9 km)
Eine halbe Stunde vor München wurde ich geweckt, der Zug kam pünktlich an und die knappe Umsteigezeit reichte gut aus. Der Zug nach Stuttgart hatte einen Bistrowaggon, dorthin gingen wir nacheinander frühstücken. Auch Stuttgart hat (noch) einen Kopfbahnhof, so dass das Umsteigen nicht schwer fiel und die ebenfalls knappe Zeit dafür reichte. Die nächste (und längste) Strecke ging nun bis Dortmund am schönen Rhein entlang, doch das in München noch einigermaßen gute Wetter wurde immer schlechter. So war die Aussicht nur halb so schön wie bei Sonnenschein.
Ab Dortmund hatten wir nur noch fünf zusammenhängende reservierte Plätze, so setzten wir uns in ein fast leeres Abteil zu einem von "drüben", der auf seinem wöchentlichen Weg von der Arbeit (Witten) zu seinem Wohnort (Gera) war. Wie alle Züge heute war auch dieser Zug pünktlich, so dass wir ein schönes Reiseabschluss-Foto auf dem Paderborner Bahnsteig schießen konnten. Auf der Radfahrt zum jeweiligen Wohnort trennten sich die Alpenbezwinger nach und nach. Alle kamen trocken nach Hause, erst später setzten wieder heftige Schauer ein.

In der Arena von Verona

o Fazit:
Die Alpenüberquerung auf dem Radweg "Via Claudia Augusta" war leichter als erwartet und ist fast vollständig auf sehr guten Radwegen zu bewältigen. Lediglich am Fernpass gibt es keine richtig elegante Lösung, hier bietet sich das Huckepack-Verfahren an. Ab Reschenpass geht es fast nur noch bergab – und das auf guten geteerten Radwegen! Von den vielen hübschen Städten ist Verona hervor zu heben: Verona ist einmalig schön.

Glückliche Ankunft in Paderborn


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