Werratal mit Göttingen-Abstecher – Juni 2003

Eine selbstorganisierte Radtour mit Zuganfahrt und -Rückfahrt, übernachtet wurde in Pension, Privatunterkünften und Hotel

Auf der Wartburg

Im Eisenacher Bahnhof Teilnehmer: Michaela, Otto, Susanne, Hans-Günter, Eduard (zum Teil), Angelika und Claus

Vorbereitung:
Route auswählen, Unterkünfte heraussuchen und buchen, schönes Wetter bestellen, Werratal-Radweg-Spiralo kaufen - und das Schwierigste: eine Bahnfahrt für sechs Personen mit Rädern von Paderborn nach Eisenach buchen. Die Teilnehmer ergaben sich von selbst: zwei Ausfälle durch Schwangerschaft konnte Eduard zum Teil ausgleichen. Männer (insbesondere Junggesellen) werden einfach nicht schwanger.

Fr. 6.6.03 (4 - 11 km)
Susanne und Angelika hatten bereits am Abend vorher ihre Räder (mit Gepäck) in der Radstation am Paderborner Hauptbahnhof abgegeben, denn nach ihrer letzten Unterrichtsstunde musste es schnell gehen: per Taxi rasten sie zum Bahnhof – und waren schon da, bevor Michaela und Otto gemütlich angeradelt kamen. Zum Essen Fassen in der Bahnhofsbäckerei kamen wir auch alle noch, und die Zugfahrt ging völlig problemlos ohne Umsteigen im IC bis nach Eisenach.
Hier bestaunten wir erstmal den schönen Jugendstil-Bahnhof und suchten dann unsere Unterkunft Pension "Zum Burschen" auf. Wie immer lag sie in der steilsten Straße der Stadt.
Zu Fuß (die Fußkranken per Bus) ging es hoch zur Wartburg, wo die letzte Führung um 17:00 Uhr beginnt. Unterschiedlich schöne und alte Räume und Säle sind zu bewundern, besonders beeindruckte uns der große Saal unterm Dach, wo jedes Jahr die Eisenacher Abiturienten ihr Zeugnis überreicht bekommen. Zum Schluss kommt man noch durch ein kleines Museum, in dem u. a. Luthers Schreibstube zu besichtigen ist. Der Tintenfleck an der Wand wird allerdings nicht mehr erneuert. Auch die Aussicht von der Wartburg (der Südturm ist besteigbar) auf die Stadt, Burschenschaftsdenkmal und Thüringer Wald ist nicht zu verachten.

Die Wartburg Thüringer Wald mit Burschenschaftsdenkmal

Luthers Schreibstube

Im Terrassenlokal der Wartburg legten wir schon mal kühle Getränke nach (so den hervorragenden Eisenacher "Schwarzen Drachen"), doch leider schließt dieses nette Lokal bereits um 18:00 Uhr. So ging's gleich zu Fuß runter (bergab schafften das alle) in die Innenstadt, wo wir mit Thüringer Spezialitäten (Sauerbraten und natürlich Bratwurst) unseren Hunger stillten.
Lutherhaus in Eisenach Der anschließende Stadtrundgang führte noch zum schönsten Platz der Stadt mit Rathaus, Stadtschloss und Lutherhaus. Auf dem Rückweg zu unserer Pension kamen wir auch noch am Johann-Sebastian-Bach-Haus vorbei, Bach ist gebürtiger Eisenacher.
Im "Burschen" machten die Burschenschaftler gerade ihren Stammtisch frei. Gemütlich lud er uns zum Schlummertrunk ein, doch die wendige Wirtin sorgte dafür, dass es nicht bei dem einen Trunk blieb. Dass sie uns ganz nebenbei mit den wichtigsten Informationen über die Stadt versorgte, machte diese sehr angenehme Unterkunft umso wertvoller.

Sa. 7.6.03 (72 km)
Frühstück um acht Uhr, bei diesem heißen Wetter gibt es keine andere Wahl (höchstens noch früher). Zuerst fuhren wir noch einmal durch das Zentrum von Eisenach, aber nur, weil das sowieso unsere Richtung war: an der Hörsel Richtung Hörschel. Bereits kurz hinter Eisenach sichteten wir ein Fahrrad mit Gepäck und Kinderanhänger, nur, wir bekamen es nicht eingeholt. Erst an einer starken Steigung konnten wir die Fahrerin bewundern: eine total durchtrainierte junge Mutter (ein Mann war übrigens auch dabei). Bis weit hinter Creuzburg war dieses schnelle Gespann immer wieder vor, neben oder hinter uns.
Creuzburg ist auch der erste auffällig schöne Ort auf unserer Tour im Werratal. Mitten im Ort thront auf einem nicht allzu hohen Berg die Burg, auf der gerade ein mittelalterliches Fest vorbereitet wurde. Über ein Museum sind auch die Innenräume zu besichtigen. Und Thüringer Bratwurst gab es natürlich auch.
An der historischen Werrabrücke wartete noch eine Besonderheit auf uns: die Liborius-Kapelle (ursprünglich für Pilger). Liborius ist nämlich der Schutzheilige von Paderborn. Liebevoll war die Kapelle mit viel Grün und vielen Herzen für eine Hochzeit vorbereitet.

Die Creuzburg in Creuzburg

Historische Brücke mit Liborius-Kapelle

Da der Besuch von Creuzburg doch viel Zeit gekostet hatte, ließen wir Mihla (zwei Schlösser) rechts liegen und kürzten entlang des Mihlaer Freibads eine Werraschleife ein wenig ab. Über eine Fußgänger- und Radlerbrücke ging es in Ebenshausen wieder auf die rechte Werraseite. Hinter Frankenroda sieht man von weitem die Thomas-Müntzer-Kanzel aus dem Wald ragen. Das davor liegende Klösterchen Probsteizella entpuppte sich als gewöhnlicher Gasthof, in dessen Garten wir notwndige Flüssigkeit tankten.
Als nächstes besuchten wir Treffurt. Ein wenig bergauf muss man schon, um zu dem schönen Fachwerk-Rathaus mit Turm zu gelangen, doch die Höhe wurde bei der Weiterfahrt nicht sofort verschenkt. Geschenkt hatten wir uns den Aufstieg zur Burg Normannstein oberhalb des Städtchens bei dieser Hitze.
Kurz vor Heldra lud ein weithin leuchtendes Mohnfeld (eigentlich Raps) zu einem Gruppenfoto ein. In Altenburschla gibt es eine Radlerrast mitten im (kleinen) Zentrum am alten Rathaus. Der Autoverkehr läuft weitgehend außen am Ort vorbei. Hier gab es auch leckere Erdbeerbecher ...
Letzter touristischer Höhepunkt vor Eschwege ist Wanfried. Das Rathaus war zwar geschlossen, dafür konnte man durch das Schloss fahren. Auch zum alten Werrahafen, dem Schlagd, fuhren wir runter, weil wir dort sowieso die Werra überqueren mussten.
Bis Eschwege folgt noch ein anstrengendes Flachstück, zumal auch etwas Gegenwind aufkam. Das Werratal ist hier zum Teil recht breit, das ändert sich aber wieder. Kurz vor Eschwege versperrt der 319 m hohe Leuchtberg die Sicht auf die Stadt. Direkt am Werraufer kann man aber bequem und flach in die Stadt rollen.
Da wir hier getrennte Unterkünfte gebucht hatten (zwei fahrradfreundliche Privatvermieter), trafen wir uns am Landgrafenschloss wieder, um gemeinsam Essen und Bummeln zu gehen. Unsere Vermieter hatten uns bereits einen Tipp gegeben: "Zur Krone" im Herzen der Altstadt, besser könne man nirgendwo in Eschwege essen. Tatsächlich war das Essen ausgezeichnet, mit viel Glück hatten wir den letzten freien Tisch vor dem Haus (in der Fußgängerzone) ergattert.
Anschließend bummelten wir durch die schönen Fachwerkgassen bis hin zum Rathaus. Hier ist die Stadt allerdings noch lange nicht zu Ende: Fachwerk so weit das Auge reicht, bei zunehmender Dunkelheit besonders stimmungsvoll.
Mit einer leichten Bergetappe suchte jeder wieder seine Unterkunft auf.

Pfingstsonntag 8.6.03 (69 km)
Alle waren mit ihrer Unterkunft zufrieden und pünktlich um 9 Uhr trafen wir uns wieder am Landgrafenschloss zur Weiterfahrt. Otto hatte zwar einen Speichenbruch (natürlich am Ritzelpaket), doch mit etwas lockerer gestellter Bremse konnte er den Rest der Tour bewältigen.
Beim Hinausfahren trafen wir einen einheimischen Reiseradler, der natürlich schon von der Werraquelle bis zu Wesermündung geradelt war. Sicher leitete er uns durch einige komplizierte Verzweigungen.

Marktplatz Bad Soden-Allendorf

Nun gelangt man bald nach Bad Soden-Allendorf auf der schöneren (Allendorfer) Seite. Der Radweg gleicht hier einer Stadtrundfahrt, man kommt an den schönsten Stellen – Marktplatz, Kirchstraße – automatisch vorbei. Auf dem Marktplatz rasteten wir, und Hans-Günter holte unseren siebten Mitradler, Eduard, vom gegenüberliegenden Bahnhof ab.

Kirchstraße in Allendorf

Am Werraufer über Brücken und Insel verlässt man das schöne Allendorf Richtung Norden. Hinter Lindenwerra begann ein besonders schönes Stück Werraradweg: an einem Prallhang der Werra fuhren wir auf einem schmalen ungepflasterten Weg direkt neben dem Fluss durch Gebüsch und Wald, rechts ging es fast senkrecht hoch. Der Radverkehr war hier besonders hoch, so dass wir das ungewöhnliche Ereignis "Stau auf dem Radweg" erleben durften.
In Werleshausen kommt man direkt am Schloss vorbei, Witzenhausen streiften wir nur am Rande (Unterrieden), denn nun verließen wir das liebliche Werratal. Mittlerweile war es auch mächtig heiß (nachmittags hatte die Wettervorhersage Gewitter geplant) und es galt, die Berge zwischen Werra und Leine über einen kleinen Pass bei Eichenberg zu überwinden. Glücklicherweise war die Straße nach Eichenberg fast nicht befahren (es kamen parallel mehr Züge als auf unserer Straße Autos) und obendrein entpuppte sie sich als Kirschallee mit reifen Süß- und Sauerkirschen ...

Der Ludwigstein

Von Eichenberg ging es nur noch bergab mit uns, Radwege und Beschilderungen sind in Niedersachsen allerdings sehr selten. Mit einer alten Wanderkarte aus meiner Jugendzeit fanden wir jedoch sicher nach Friedland, zumal das Heinkehrer-Denkmal von einem Hügel aus schon lange die Richtung angab. Susanne hatte wie immer den Riecher für das beste Lokal im Ort, in diesem feierten wir die erfolgreiche Passbezwingung.
Über Nebenstraßen und kleine Ortschaften (Klein Schneen, Zuckerfabrik Obernjesa) gelangten wir nach Niedernjesa, wo wir auf den Radweg an der B27 bogen. Das ist zwar nicht so reizvoll, doch leicht bergab und mit starkem Rückenwind waren wir in Nullkommanichts (vorbei am Göttinger Spargel) am Stadtrand von Göttingen, wo sich auch unsere Unterkunft "Onkel Tom's Hütte" befand. Problemlos bekam auch unser Siebter noch ein Zimmer. Für 18 Uhr wurde ein Tisch bestellt und in Ruhe erholten wir uns von den Strapazen der Hitzefahrt.
Nach und nach trudelten alle an einem Terrassentisch vor dem Lokal ein und die ersten der vielen Biersorten vom Fass wurden probiert. Auch meine Mutter traf ein, doch im selben Moment flogen die Tischdecken hoch: ein Gewittersturm setzte ein. Wir retteten die Räder in den Hotelkeller und suchten uns im Lokal einen großen Tisch. Noch vor dem Essen konnten wir am Eingang das Hin- und Herspringen kirschgroßer glasiger Hagelkörner beobachten, von innen ein herrlicher Anblick.
Lange nach dem Essen hörte es wieder auf zu regnen und wir beschlossen, doch noch in die Innenstadt zu radeln. Am KAZ war nichts los, aber in der Kurzen Straße. Der Stadtrundgang umfasste Rathaus, Johannis- und Jacobikirche, Schwarzen Bären und Junkernschänke (geschlossen) sowie AD Altes Deutschland, wo wir einkehrten. Mittlerweile war es aber ziemlich spät, so dass wir anschließend gleich zurückradelten. Das war auch gut so, denn kurz danach gab es noch einen Schauer.

Pfingstmontag 9.6.03 (67 km, Susanne ein wenig mehr)
Wieder strahlender Sonneschein, aber deutlich niedrigere Temperaturen. Nach dem guten Frühstück fuhren wir noch mal mit den Rädern durch die feiertagsmäßig ruhige Innenstadt, kehrten auch noch kurz auf dem Leineberg auf ein Getränk ein, um dann die Bergetappe Richtung Weser anzugehen.
Dazu fuhren wir zuerst auf die still gelegte Bahnstrecke Richtung Dransfeld, die eine gemächliche Steigung aufweist. Eduard, Hans-Günter und Otto waren dabei jedoch so schnell, dass sie das Haltesignal bei Hetjershausen überfuhren und kurz vor Dransfeld per Handy zurückbeordert werden mussten.
Jetzt folgte die richtige Steigung (bis kurz hinter Knutbühren), danach noch ein wenig auf und ab, bevor es durch das lange Nieme-Tal hinunter zur Weser ging. Susanne kannte noch genau die "Kloster-Schänke" von Bursfelde, wo wir einen schönen sonnigen Tisch im Garten besetzten. Etliche Getränke, aber auch Kirsch- und Apfelkuchen wanderten durch unseren Schlund.
Nun kam die letzte Etappe, zunächst ein wenig Straße, aber auch viel Weserufer, bis es zwischen Lippoldsberg und Bad Karlshafen auf die berühmt-berüchtigte Waldstrecke ("Radfahrer bitte absteigen") ging. Otto mit seiner gebrochenen Speiche war gezwungen zu schieben, aber selbst Mountainbiker schoben das Steilstück hoch. Oben saß ein Rentnerpärchen mit einer Flasche Warburger, was tatsächlich Auskunft über ihre Heimat gab.
Nach kurzer Zeit kam Bad Karlshafen in Sicht, wo wir mangels Zeit die Eisdiele liegen ließen und sofort den Bahnhof ansteuerten. Trotz der üblichen Aufregung saßen wir alle im Zug, selbst die Podeste waren mit Rädern voll gestellt. Noch schlimmer wurde es nach dem Umsteigen in Ottbergen, jetzt standen die Räder sogar in den Gängen zwischen den Sitzen, obwohl die Bahn erfreulicherweise zwei Wagen mehr spendiert hatte.
In Altenbeken blieb der Zug ganz stehen, da das gestrige Unwetter das Stück zwischen Altenbeken und Paderborn eingleisig gemacht hatte. Eduard fuhr schon mal mit dem Rad los, eine sehr sinnvolle Maßnahme. Aber mit einstündiger Verspätung schaffte der Zug es auch, uns nach Paderborn zu bringen.
Nach Hause radeln, duschen und zur Wilhelmshöhe fahren zur Abschlussfeier mit Pizza-Essen waren die restlichen Programmpunkte dieses letzten Tages.

Auf der Creuzburg

Fazit:
Wir haben ein herrliches Stück Werra erlebt, der Radweg ist sehr reizvoll, aber auch gut befahren. Ergänzt haben wir die Fahrt durch die Städtebesichtigungen von Eisenach und Göttingen, wobei der mühevolle Abstecher nach Göttingen nach den vielen hübschen Werrastädtchen nicht mehr unbedingt notwendig war.


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