Mitten im Pott: von Halde zu Halde – Juni 2019

Eine selbstorganisierte Radtour mit Zugan- und -abreise, übernachtet wurde in Hotels

Halde Beckstraße mit Tetraeder

Teilnehmer: Leo, Vera und Reinhard, Michaela und Otto, Susanne und Johannes, Claus, Gisela und Hans-Günter

Vorbereitung:
Auch eine von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierte Radtour durchs Ruhrgebiet kann nicht alle Höhepunkte abdecken – und auf die Höhepunkte (sprich Halden) hatten wir es diesmal abgesehen. Unvergesslich blieb bei o. g. Tour der Sonnenuntergang auf der Halde Rhein-Elbe, so etwas wollten wir diesmal auf der Halde Hoheward und auf der Halde Beckstraße (Tetraeder) erleben. So wurden die Hotels möglichst dicht bei diesen Halden gebucht, das ist in so klangvollen Orten wie Recklinghausen-Süd und Bottrop.
Die Radwegverbindungen zwischen den Übernachtungsorten arbeitete ich anhand der Übersichtskarte "Industriekultur per Rad" mit Hilfe des NRW-Routenplaners aus. Alle Routen wurden auf ein Fahrrad-Navi ("Clausigator") übertragen. Auf ein Routen-Backup wurde zum Glück diesmal nicht verzichtet, sondern alle Routen wurden zusätzlich auf dem Smartphone gespeichert. Die beiden Unterkünfte waren sehr unterschiedlich, aber mit beiden Hotels waren wir zufrieden.

Do. 20.5.19 (7 + 40 + 9 km Route)
Heute sollte das Wetter noch einmal durchwachsen werden, dafür Freitag und Samstag bestens bei äußerst angenehmen Temperaturen. Zum Bahnhof kamen wir schon mal alle trocken. Bei der Planung der Tour hatte ich natürlich nicht berücksichtigt, dass seit gestern in Dortmund der Evangelische Kirchentag stattfand und 120000 Besucher erwartet wurden. Der Paderborner Bahnhof war bereits vor acht Uhr schwarz von grün gekleideten Menschen, doch zum Glück hatte kaum einer ein Fahrrad dabei. Als unser RRX (Rhein-Ruhr-Express) mit fünf Minuten Verspätung in den Bahnhof rollte, waren wir die einzigen, die vor dem Radabteil warteten, was sollte also schiefgehen?
Schief ging, dass sich die Tür zum Fahrradabteil als einzige vom Zug nicht öffnen ließ! Wir mussten alle zehn Räder auf der anderen Wagenseite einladen und durch den ganzen Wagen schieben. Das dauert! Die Verspätung wollte der RRX eigentlich bis Dortmund aufholen, doch sie wuchs auf mehr als eine halbe Stunde an.
In Dortmund durften wir mit den Rädern die Lastenaufzüge benutzen und kamen auch auf der richtigen Seite des Bahnhofs heraus. Mehr oder weniger elegant wurden wir straßenbegleitend aus Dortmund heraus navigiert, die erste Erholung gab es in der Hallerey im Revierpark Wischlingen. Der See (Hallerey Reserve) war jedoch komplett eingezäunt. Immerhin gab es schöne Naturradwege im Wald.

Zeche Zollern

Kurz vor der Zeche Zollern gab es noch einmal 150 m ohne Bebauung. In der Zeche ("schönste Zeche der Welt") verpassten wir den Beginn der 11-Uhr-Führung nur wenig, und Leo schloss sich dem kompletten Rest der Führung an. Wir anderen stapften durch die Ausstellung, aßen Curry-Wurst (vom Kirchentag), bestiegen den Förderturm, von dem man auch eine herrliche Aussicht hat, und besichtigten das Prunkstück: die Maschinenhalle mit dem schönen Jugendstilportal. Es wäre wirklich schade gewesen, wenn man die Zeche nach der Stilllegung 1966 wie geplant abgerissen hätte. Doch stattdessen wurde die Zeche die erste Industrieanlage, die unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Kaffee und Erfrischungen nahmen wir dann noch im "Pferdestall" der Zeche zu uns, bevor wir die Zeche und Dortmund ganz verließen. Unsere Route führte uns nun etwas mehr durch die Natur und nach wenigen Kilometern wartete die erste Halde auf uns: Halde Schwerin (Schwerin ist schwer in). Alle wollten mit dem Rad nach oben, so dass wir die feinen Haldentreppen noch nicht kennen lernten. Oben befindet sich eine Sonnenuhr-Installation mit einzelnen Steelen für jede Stunde. Auch hier bietet sich eine nette Aussicht über das an sich flache Ruhrgebiet.

Halde Schwerin mit Sonnenuhr

An "Goldschmieding" vorbei führte unsere Route dann auf den Altstadtring von Castrop-Rauxel, dessen Fortsetzung geradewegs auf den Rhein-Herne-Kanal zuläuft, der am Schiffshebewerk Henrichenburg in den Dortmund-Ems-Kanal übergeht, der wiederum durch das Schiffshebewerk Richtung Dortmund abknickt. Das seit über 40 Jahren stillgelegte alte Schiffshebewerk (sogar das neue ist bereits stillgelegt und durch eine Schleuse ersetzt) bietet verschiedene Besichtigungen: Maschinenhalle und mehrere Sonderausstellungen. Und es ist zu besteigen! Eine kurze Regentröpfelei konnte den Genuss nicht beeinträchtigen. Auf dem Gelände befindet sich auch ein außergewöhnlicher Spielplatz.

Schiffshebewerk Henrichenburg

Am Kanal fuhren wir dann ein kurzes Stück zurück um auf den Emscher-Radweg zu biegen. Hier ist die Emscher längst wieder sauber und zum Teil renaturiert. Am Aussichtsturm "Walkway" trafen wir einen waschechten Bochumer, der von den SCP-Auftritten in seinem Stadion begeistert war. Kurz vor unserem Hotel war der Emscher-Radweg durch eine Großbaustelle blockiert, so gab es eine kleine Panoramafahrt durch Recklinghausen-Süd, ein teilweise ziemlich herunter gekommenes Viertel. Hier zeigte mein Navi plötzlich "Batterie schwach" an. Von wegen 15 Stunden, Garmin verspricht mehr als es hält.
Im Hotel Bergedick wurden wir freundlich empfangen, wir bezogen die Zimmer und verabredeten uns zum Essen im Restaurant des Hotel. Ein trocken-witziger Kellner mit suboptimalem BMI versorgte Leib und Geist bestens und das Essen war ebenfalls sehr gut!

Fahrt zur Halde Hoheward (Route)

Während des Essens hatte es mehrfach geregnet, doch ab 21 Uhr sollte es wieder trocken sein. Leider waren immer noch dicke Wolken am Himmel, die den Sonnenuntergang sicherlich verdecken würden.
Es fiel uns schwer, uns mit vollem Bauch und ein-zwei Bierchen im Kopf noch einmal aufzuraffen und die Halde Hoheward anzusteuern. Denn diese Halde ist eine ganz andere Größenordnung als die Halde Schwerin: sie ist die größte zusammenhängende Haldenanlage des Ruhrgebiets mit mehreren Gipfeln bzw. Hochplateaus. Und kurz vor der Halde überquert man die letzte Straße über eine Radwegbrücke, die spektakulär als Drache gestaltet ist.

Kopf der Drachenbrücke

Danach wollte wieder keiner die Treppe nehmen, so musste ein Weg mit spitzwinkligen Serpentinen und steil bergan genommen werden. Auf diese Weise wurde der erste Gipfel erreicht, dessen Landmarke war ein Obelisk, der auch als Sonnenuhr diente. Um auf das höhergelegene Hochplateau mit dem Horizontobservatorium zu gelangen, musste man erst wieder ein Stück bergab, um ordentlich Anlauf zu nehmen. Doch ganz oben wurden wir belohnt: vom Horizontobservatorium konnte sogar in einigen Wolkenlücken der Sonnenuntergang beobachtet werden.

Obelisk und Horizontobservatorium

Kurz vor dem Verschwinden der Sonne war es bereits so dunkel, außerdem begann es wieder zu tröpfeln, so dass wir uns schnellstmöglich auf den Heimweg machten. Trotz einer Unterbrechung an einer Bahnschranke gelangten wir fast trocken bis zum Hotel, so dass kräftig gelöscht werden musste. Ein eingewanderter Engländer ("Urlaub in London ist weitaus schöner als Urlaub in Recklinghausen!") unterhielt uns aufs köstlichste. Danach konnten wir in den guten Hotelbetten bestens schlafen.

Fr. 21.6.19 (25 + 14 + 10 km Route)
Wir hatten ein eigenes Frühstückszimmer, um uns von einer anderen Radlergruppe zu trennen, die allerdings schon vor uns aufbrach. Waren halt keine Genussradler ...
Das Frühstück war ausgezeichnet, auch Rührei mit gebratenem Speck wurde geboten, der frische Obstsalat war bereits in den Quark gerührt. Gut versorgt konnten wir unsere heutige Etappe beginnen, die Räder, die teilweise draußen stehen mussten, waren auch alle noch da – und das Wetter war bestens!

Grimberger Sichel

Zuerst ging es wieder zurück an die Emscher (auch hier noch sauber), dann im Emscherbruch vorbei an den beiden Halden (Hoheward und Hoppenbruch), anschließend zurück zur Emscher. Kurz vor dem Grimberger Hafen wechselt man rüber zum parallel verlaufenden Rhein-Herne-Kanal, der westlich vom Hafen über die "Grimberger Sichel" überquert wird. Hierbei handelt es sich um eine große sichelförmige Radwegbrücke, die komplett an einem einzigen schrägstehenden Pfeiler aufgehängt ist.
Nächste Überraschung war ein nagelneuer Jachthafen (Hafen Stölting), dessen Zufahrt ebenfalls von einer auffälligen Radwegbrücke überquert wird. Am Hafen gab es lediglich das Verwaltungsgebäude sowie ein (großes) Doppelwohnhaus, der Rest ist unbebaut. In diesen Kreisen ist man gern unter sich ...
Hinter der nächsten großen Rhein-Herne-Kanal-Brücke zeigte mein Navi plötzlich "Ziel erreicht" an, dabei hatten wir heute doch noch einiges vor. Bei dem gestrigen "Batterie schwach" war offensichtlich der Rest der Strecke einfach gelöscht worden. Zum Glück hatte ich die Strecken auch auf mein Smartphone geladen!
An einer Autostraße muss nun die Zufahrt zum Stadthafen Gelsenkirchen überquert werden, danach gings wieder runter zum Kanal. Doch schon nach ca. zwei Kilometern beginnt der Nordsternpark (ehemalige Zeche Nordstern), ein großer Park, der sich sowohl südlich des Kanals als auch nördlich der Emscher und auch zwischen den beiden erstreckt. Wir enterten den Park im Kinderland, das im ehemaligen Bundesgartenschau-Gelände entstanden ist. Über die schöne Doppelbogenbrücke überquert man den Kanal, dabei bietet sich ein schöner Blick auf das Amphitheater, in dem am letzten Wochende noch ein Hard-Rock-Festival stattfand. Nördlich der Emscher befinden sich u. a. der Kletterpark, die Pyramide, der Nordstern- und der Förderturm. Wir setzten uns erst mal in den Biergarten, der gerade öffnete.

Nordsternpark mit Nordstern- und der Förderturm

Treppe der Schurenbachhalde Nachdem wir uns gestärkt hatten, verteilten wir uns: einige wollten in den Kletterpark, drei wollten auf den Nordsternturm und andere wollten (zum Glück) auf die Räder aufpassen.
Das Bezwingen des Nordsternturms erwies sich als vollkommen harmlos: ein Aufzug brachte uns bis auf die Aussichtsplattform (18. Etage). Mit uns bestiegen noch zwei weitere Gäste den Aufzug, davon ein ganz bekannter: Claus von Wagner von der "Anstalt", was zu einem lustigen Smalltalk führte.
Oben genießt man natürlich wieder eine herrliche Aussicht (die Schalke-Veltins-Arena ist ganz nah) bis auf eine Richtung, in der man auf den Popo des "Herkules" (Lüperz) schaut. Die netten Leute unten an der Kasse wunderten sich auch über den prominenten Besuch und schenkten uns allen noch eine Fahrradkarte der hiesigen Gegend.
Am Biergarten waren alle wieder eingetroffen, so ging es weiter bzw. zurück über beide Brücken. Näher als ein Kilometer liegt hier die Schurenbachhalde, die wir erstmalig über die angenehme Treppe bestiegen, weil wieder einige auf die Räder aufpassten. Oben ist eine absolute Mondlanschaft, es wächst nichts, während die schrägen Ränder inzwischen komplett bewachsen sind (u. a. mit Walderdbeeren). Die Landmarke auf der Halde ist eine ca. 15 m hohe Bramme.
Auf dem Rückweg von der Halde zur Emscher bemerkten wir, dass die Emscher hier durchaus noch nicht sauber ist, der Gestank war nicht mehr wegzuleugnen. Beim Carbon-Obelisk hielten wir uns deshalb auch nicht lange auf und waren froh, als wir gleich dahinter die Emscher verlassen konnten. Die Prosperstraße, an der wir nun entlang fuhren, bot jedoch keinen Übergang über die B224, so dass wir improvisierten und einen schönen Radweg vorbei am (Ente-) Lippenshof zu unserem Hotel (Chillten) fanden.
Die Zimmer waren bereits bezugsfertig, dabei stellten wir fest, dass jedes Zimmer über fünf oder sechs Betten verfügt (auch das Einzelzimmer).

Fahrt zur Halde Haniel (Route)

Kurze Zeit später trafen wir uns wieder zu unserer Fahrt zur nächsten Halde: der Halde Haniel, mit 189 m eine der höchsten Halden im Ruhrgebiet. Doch zwischendurch wollten wir bei dem schönen Wetter auf jeden Falle in eine Eisdiele einkehren. Als erstes wurden wir jedoch am sogenannten "Alpincenter" entlang geleitet, das u. a. über eine Indoor-Skipiste von 640 m Länge verfügt. Von außen fügt sich die Halle jedoch so gut in die Landschaft ein, dass wir sie zunächst gar nicht bemerkten und erst beim Ausblick vom Tetraeder (am Abend) einen Eindruck der Größenodnung bekamen. Nach dem Alpincenter ging's wieder zurück auf die Prosperstraße, die durch die Bottroper Innenstadt geradewegs zur Halde Haniel führt.
Doch in der Bottroper Innenstadt (Kirchplatz) wurden wir erst einmal fündig: hier gab es eine Eisdiele mit einem unwahrscheinlich breiten Angebot und sehr leckerem Eis. Und Zeit hatten wir ja noch genug.

Zeche Prosper-Haniel

Direkt vor der Halde Haniel liegt die Zeche Prosper-Haniel, die vor vier Monaten als letzte deutsche Steinkohlen-Zeche stillgelegt wurde (vom Bundespräsidenten). An dieser Stelle wichen wir aufgrund eines Wegweisers von unserer Route ab und wurden wieder zum direkten Aufstieg geführt. Zum Glück gab es auch hier einen Serpentinenweg, der zudem hier als Kreuzweg mit 12 Stationen ausgebildet war. An der Spitze dieses Kreuzwegs stand auch tatsächlich ein großes Kreuz, doch bis zum Haldengipfel waren es noch einige Höhenmeter. Doch auch die wurden geschafft und wir wurden mit einem grandiosen Anblick belohnt: auf der erhöhten Südseite befindet sich die Installation "Totems", unzählige geschnitzte und bunt bemalte Totempfähle im Halbrund um das mittig und tiefer gelegene Amphitheater. Den eindrucksvollen Anblick und die Stimmung ließen wir lange auf uns wirken, um dann auf der geteerten Straße mit 50 km/h zu Tal zu brausen.

Halde Haniel mit Totems

Leider war das Ende der Strecke durch die Zeche Prosper-Haniel verbaut, so dass wir ein Stück zurück (bergauf) mussten, um von dort über einen (ebenen) Waldweg zum Kreuzweg zu gelangen. Durch diese Umstände war es bereits sehr spät und wir hatten doch bei "Ente Lippens" einen Tisch bestellt. So fuhren wir ohne anzuhalten den gleichen Weg zurück zum Hotel, um wenigstens noch schnell zu duschen.

"Ich danke Sie" und Tetraeder (Route)

Mit meinem "Einzelzimmer" war ich der schnellste Duscher, so fuhr ich schon mal vor zum Lippenshof "Mitten im Pott" und hielt unseren reservierten Tisch fest. Doch die Eile war unnötig, denn nur ein Drittel des (großen) Lokals war gefüllt – und Willi Lippens zeigte sich auch nicht. Die Spezialität "Willis Zwiebelnest" schmeckte jedoch ausgezeichnet und es gab auch schönes Grevensteiner und Veltins vom Faß.

Restaurant Mitten im Pott

Punkt 21 Uhr starteten wir zur Halde Beckstraße mit der Landmarke Tetraeder, dazu fuhren wir fast bis zum Hotel zurück und dann einen Kilometer auf dem Emscherparkradweg bis zur Brücke über die Bahn, an die sich direkt die Aufstiegstreppe anschließt. Wir nahmen jedoch lieber die gut gepflasterte Straße mit den Rädern, denn selbst wenn die Auffahrt auch sehr anstrengend ist, hat man am Ende doch die leichte und schnelle Abfahrt (zwei zogen trotzdem die Treppen vor, um auch mal andere Muskeln zu strapazieren).
Der Anblick oben war wieder gewaltig: auf einem fast ebenen, großen Hochplateau erhebt sich der riesige Tetraeder (60 m Kantenlänge) gen Himmel! Und das schönste ist: man kann ihn besteigen. Drei verschieden hohe Plattformen bieten eine herrliche Aussicht. Und der Sonnenuntergang stand auch kurz bevor ...

Tetraeder

Als gegen 22 Uhr die Sonne endgültig verschwunden war, ging es wieder talwärts zum Hotel, das um 22:30 Uhr Sperrstunde hatte. Das schafften wir locker. Und bei der "Last Order" wurden noch je ein bis zwei Bierchen und Cocktails bestellt. Da jedes Zimmer von Vorder- bis Rückseite durchgeht, konnte man gut von der ruhigen Seite lüften und kühl schlafen.

Sa. 22.6.19 (26 + 7 km Route)
Das Frühstück war nicht ganz so gut wie im Bergedick, aber es wurde alles geboten, sogar Rührei (ohne Speck). Interessant war das Getränkeangebot: statt O-Saft gab es hier Waldmeistersaft – in der gleichen Farbe und Geschmack wie Waldmeister-Wackelpeter. Dann ging's wieder auf die Räder, mit einem gemütlichen Befahren der kompletten Erzbahntrasse (ca. 11 km) einschließlich Einkehren wollten wir die Tour ausklingen lassen. Dazu mussten wir erst mal vorbei an Lippenshof zurück zu Emscher und Rhein-Herne-Kanal, dort den Duft am Carbon-Obelisk noch einmal einatmen, um dann am Wasserspielplatz im Nordsternpark die erste Pause einzulegen. Mit drei Flößen, eins davon am Seil, konnten man (Kind) sich hier vergnügen, und Kinder waren zum Glück erst zweie da.

Wasserspielplatz im Nordsternpark

Einen guten Kilometer hinter dem Nordsternpark fuhren wir diesmal über die Gelsenkirchener Schleuse. Und wie der Zufall es wollte, wurde sie in dem Moment geöffnet und ein großes Frachtschiff fuhr heraus und auf die Doppebogenbrücke des Nordsternparks zu.
An der nächsten Brücke muss der Radfahrer wieder zurück auf die Südseite. Jetzt waren es auch nur noch drei Kilometer bis zur Grimberger Sichel, an der die Erzbahntrasse beginnt. Vom hier gelegenen Grimberger Hafen des Rhein-Herne-Kanals versorgte die Erzbahn bis in die Sechziger Jahre die Hochöfen des Bochumer Vereins (das ist nicht der VfL Bochum!) mit Eisenerz. Doch erst 2002 - 2008 worde die Trasse zu einem wunderbaren Radweg ausgebaut. Man genießt nämlich den Vorteil, dass beim Bau der Bahn bereits viele Verkehrswege in Ost-West-Richtung vorhanden waren und deshalb die Bahn auf einem ca. 15 m hohen Damm mit insgesamt 15 Brücken verläuft. Dadurch ist er kreuzungsfrei und bietet immer wieder schöne Aussichten.

Pfeilerbrücke der Erzbahntrasse

Ziemlich genau in der Mitte befindet sich die berühmte Bude "Holgers Erzbahnbude". Hier trifft sich das Ruhrgebiet auf dem Fahrrad! Für uns war das die Mittagspause, und ausnahmsweise wurde mal tagsüber ein (Kult-) Bier getrunken. Fiege-Bier, ein herbes Männer-Bier!

Genussradler vor Holgers Erzbahnbude

Da die Sonnenstühle nicht für alle reichten, machten wir uns doch irgendwann auf, die zweite Hälfte der Erzbahntrasse abzustrampeln. Die versprochene Aussicht auf den Malakov-Turm der Zeche Hannover war doch eher dürftig (oder wir hatten die richtige Stelle nicht gefunden), man brauchte schon viel Vorstellungskraft, um unter der erkennbaren Zinne einen ganzen (hohen) Turm zu vermuten. Kurz vor der Jahrhunderthalle überfuhren wir noch eine ganz besondere (neue) Brücke: die Erzbahnschwinge. In S-Form verläuft der Radweg auf der Erzbahnschwinge über Eisenbahn und Straße zugleich und wird durch nur zwei schräg stehende Pylone und Stahlseile gehalten. Die Jahrhunderthalle selbst bewunderten wir von oben, sie ist die ehemalige Gebläsemaschinenhalle für die Hochöfen des Bochumer Vereins. Heute ist sie eine Veranstaltungshalle, u. a. für die Ruhrtriiienale.

Erzbahnschwinge

Nun mussten wir nur noch runter zur Alleestraße, die ziemlich geradewegs auf den Bochumer Hauptbahnhof zuführt (noch ca. ein Kilometer). Von der Zeit her hätten wir den RRX um 13:26 Uhr sogar noch kriegen, doch das Ziehen der Fahrkarten aus den Automaten dauerte etwas, zumal ich der irrigen Ansicht war, dass Bochum (tiefstes Westfalen) mit zum Westfalentarif gehört. Doch auch NRW-Tickets sind nur unwesentlich teurer. Außerdem hatten wir bis 14:26 Uhr noch Zeit, in eine Eisdiele einzukehren.
Der Zug war top in Ordnung sowie äußerst pünktlich. Das einzige, was zu bemängeln war, dass nicht angekündigt wurde, dass die vordere Hälfte in Hamm stehen bleibt. Doch ein freundlicher Rollstuhlfahrer sprang für die Bahn in die Bresche und schickte uns nach hinten.
In Lippstadt verließen uns Susanne und Johannes, da sie abends in Eslohe eingeladen waren. Ob sie das geschafft haben, weiß ich noch nicht, denn das sind ca. 70 km! Alle anderen verließen in Paderborn pünktlich den Zug und steuerten jeweils ihr neues/altes Zuhause an.
Für 19 Uhr hatten wir uns in der Meinolfusstube zur Abschlussfeier verabredet. Im Gegensatz zu den anderen Wochentagen war es hier heute total leer. So störten wir keinen, als wir den nicht Mitgefahrenen lautstark von unseren vielfältigen Erlebnissen berichteten.

Fazit:
Die Fahrt bestand fast nur aus Höhepunkten: fünf Halden, ein Schiffshebewerk sowie ein Zechenturm (mit Aufzug) ließ uns öfter abheben. Die Radwege waren unterschiedlich gut, mitten im Pott muss man auch in Kauf nehmen, ab und zu straßenbegleitende Radwege zu benutzen. Die Ausnahmen waren: Emscher- und Emscherpark-Radweg sowie die Erzbahntrasse. Mit beiden Hotels waren wir durchaus zufrieden. Unvergesslich bleibt sicher allen der Sonnenuntergang am Tetraeder!

Sonnenuntergang am Tetraeder


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