Senne und Historische Stadtkerne (Warendorf et al.) – Juni 2004

Eine selbstorganisierte Radtour mit Start und Ziel in Paderborn, einzige Verkehrsmittel waren Rad und Füße, übernachtet wurde in Hotels

Schloss Holte

o Teilnehmer: Michaela, Otto, Susanne, Hans-Günter, Reinhard, Angelika und Claus

o Vorbereitung:
Einfach, da nur eine Unterkunft (in Rheda-Wiedenbrück) zu buchen war! Hier haben wir mit dem "Hotel am Doktorplatz" auch eine echte Perle erwischt. Für die andere Unterkunft (in Versmold) sorgte Michaela, da Versmold ihre Heimatstadt ist. Sie buchte das beste Hotel der Stadt (Hotel Froböse). Die Fahrtstrecke herauszuarbeiten macht mir selbst den meisten Spaß. Die Teilnehmerliste ergab sich fast von selbst, nur bei den jungen Eltern bedeutet dies etwas Stress.

o Do. 10.6.04 (92 km)
Vor Schloss Holte Angelika bereitete die lange Tagesetappe große Sorgen, so dass sie auf einem Treffen bereits um 7:45 Uhr bei uns in den Nordwiesen bestand. Alle waren pünktlich, nur Vera hatte irgendwie Reinhards Figur angenommen. Aufgrund eines Manövers war der Truppenübungsplatz Senne gesperrt, so dass wir nicht die schöne Durchfahrt zur Emsquelle wählen konnten. Doch das Paderborner Land bietet so viele Alternativen, dass wir auf einer schönen Route über Lippesee und Rand von Hövelhof (u. a. ein völlig zugewachsener Radweg bei Dreihausen) ebenfalls sehr angenehm dieses erste Ziel erreichten.
Bei einer ausgiebigen Rast überzeugten wir uns davon, dass die Ems hier noch nicht schiffbar ist. Wir befanden uns nun auf der TeutoSenne-BahnRadRoute. Vorbei an den Sennepferden (die sich wieder nicht zeigten) ging es nach Stukenbrock-Senne. Im Furlbachtal machten wir den großen Schwenk nach Westen. Bei Krusenotto erreichten wir Liemke. In allen Orten waren umfangreiche Vorkehrungen für die Fronleichnamsprozession zu finden, wir sahen auch viele schnieke Kommunion-Kinder.
Hinter Liemke biegt man in den großen Holter Wald, mittendrin steht das Holter Schloss, und die TeutoSenne-Route führt direkt daran vorbei. Das Schloss ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Als wir vor dem Tor das Schloss bestaunten, sprach uns ein älterer Herr in Turnhose an. Durch hartnäckiges Nachfragen bekamen wir heraus, dass er der Schlossbesitzer (nicht Eigentümer) ist, bis 65 als Physik-Professor gelehrt hatte und nun zusammen mit seiner Frau und Bediensteten Schlosspflege betrieb. Da er uns auch nett fand, ließ er uns ausnahmsweise einen Blick in den Innenhof, auf den Park und den angrenzenden See werfen. Zu allem Überfluss beobachtete uns aus der Schornsteinöffnung eines Schlossturms ein mächtiger Waldkauz.
Hinter dem Holter Wald ist der Einfluss der nahegelegenen Großstädte Bielefeld, Brackwede und Gütersloh zwar nicht zu verleugnen, die Routenführung macht aber das Beste daraus. Im Mühlengrund besichtigten wir eine Wassermühle, in Eckardtheim kommt man durch die Psychiatrie, zwei Autobahnen sind am Autobahnkreuz zu queren, und bei Brackwede gibt es eine hübsche kleine Seenplatte. Über Quelle erreichten wir schließlich Steinhagen, wo Reinhard im umfangreichen Bankenviertel die Ebbe in seiner Börse behob, während wir schon im Eiscafe Ceotto das erste Eis schleckten.
Hinter Steinhagen kamen wir auf ein bereits bekanntes Stück der TeutoSenne-Route, das wir auf Lippe-Teuto-Wellnesstour befahren hatten. Wasserschloss Patthorst war auf diesem Stück erneut nicht zu sehen.
Bei Sandforth verließen wir die TeutoSenne-Route, um Versmold zu erreichen. Als hätten wir es verabredet trafen wir kurz vor Kölkebeck Susannes Schwester, die mit Mann und Kind ebenfalls auf dem Rad unterwegs war. Von ihrem Mann bekamen wir einen guten Tipp fürs Kaffeetrinken: den "Schafstall" im Hof Froböse hinter Kölkebeck. Das Finden erwies sich allerdings als schwerer als versprochen, zumal auch dunkle Wolken aufgezogen waren. Mit den ersten Tropfen fanden wir den Schafstall doch noch und konnten so den Schauer gemütlich bei Kaffee und Kuchen überbrücken.
Mit der Visitenkarte des Schafstalls und Michaelas Hilfe konnten wir das nun nur noch kurze Stück nach Versmold gut finden. Gleich am Ortseingang befindet sich das Haus von Michaelas Bruder, bei dieser Sehenswürdigkeit begann auch Michaelas Stadtführung, die an Rathaus und Schweinebrunnen endete.
Das "Hotel Froböse" ist nicht ganz im Zentrum und daher äußerst ruhig gelegen. Nach Beziehen der Zimmer war schon ein großer Tisch auf der Terrasse für uns gedeckt. Michaelas Eltern und Henning waren inzwischen auch eingetroffen und verwöhnten uns mit einer leckeren Vorspeise. Der Jahreszeit entsprechend wurde überwiegend (Senne-) Spargel gegessen, dazu gab es Köpi und Regenschauer, was aber nichts machte, da wir unter einer wasserdichten Markise saßen. Mit Blick auf den Park-ähnlichen Hotelgarten sahen wir das Tageslicht langsam schwinden ...

o Fr. 11.6.04 (72 km)
Warendorf, Marienkirche Froböses hatten uns ein sehr gutes Frühstück bereitet, so dass wir Schwierigkeiten hatten, uns los zu reißen. Zu allem Überfluss bekamen wir noch zwei Flaschen Sekt überreicht, die zur Begrüßung vergessen worden waren. Was macht man auf einer Radreise mit zwei Flaschen gut gekühltem Sekt am frühen Vormittag? Wenn die Eltern einer Teilnehmerin im gleichen Ort wohnen, ist das kein Problem. Vorbeigebracht, Herr Froböse schenkte uns einen Schnaps ein, Henning wurde begrüßt, und dann ging es ab in der Versmolder Bruch.
Kilometerlang fuhren wir durch Dackmar, ein bereits besuchter Bauernhof wurde aber nicht wiedergefunden. Durch den "Tiergarten" radelten wir ins Zentrum von Sassenberg, das ein schöner Ständebaum schmückte. Jetzt war es nicht mehr weit bis Warendorf, in dessen Zentrum wir über den Emssee einrollten. Im Rathaus wurde kräftig geheiratet. Auf der Rundfahrt durch den schönen alten Stadtkern kehrten wir am Heumarkt ein. Dann besichtigten wir noch die Torpfeiler der Abtei Marienfeld und den mittelalterlichen Glockenturm der Marienkirche, bevor wir das Zentrum wieder durch das Emstor und entlang des Emssees verließen.
An einer Schikane bei einem Bahnübergang machte es laut "ping" und Otto hatte wieder einen Speichenbruch (an seinem Rad). Doch durch Ausrichten des Hinterrads und Öffnen der hinteren Bremse konnte er einigermaßen weiterfahren – sogar ein paar Meter zu viel, denn unglücklicherweise verwechselte ich rechts und links ("Früher war rechts links!"). So sahen wir auch noch das Osttor von Warendorf.
Jetzt ging es ein langes Stück quer durch die Natur bis Westkirchen, wo wir auf einen stillgelegten erhabenen Bahndamm geleitet wurden und auf hohen Brücken Straßen überquerten. Bei einem Werk begann die Bahnstrecke jedoch wieder, aber wir bogen hier links ab, auf Ostenfelde zu. Jetzt wurde die Landschaft ausgesprochen hügelig, Erhebungen bis zu 104 m waren keine Seltenheit, und das Peleton riss weit auseinander. Als wir an einer Abzweigung wieder aufeinander warteten, kam ein verkratzter Reinhard an: er hatte sich bei einer Abfahrt versteuert und im Gebüsch überschlagen. Zum Glück war nichts ernsthaftes passiert!
Ostenfelde (das wir über den Friedhof erreichten) liegt im Tal und auf der anderen Seite geht es steil hoch (Pilatusberg). Hier folgt ein wunderschöner Radweg: erst eine Walddurchfahrt mit Auf und Ab, dann schmale Pättkes durch Felder und schließlich das "Geisterholz", ein großer Forst kurz vor Oelde. Zwei Geister überholten uns. Nach Verlassen des Geisterholz passiert man "Haus Geist", ein Wasserschloss. Nach Überqueren der Bahn ist man schon in Oelde, wo wir diesmal keine Experimente machten und entlang der Stromberger Straße den Ort verließen.
Auch Oelde liegt im Tal, also ging es wieder bergauf. Gleich hinter der Autobahn beginnt ein Wald (Naturschutzgebiet), durch den der Fahrradweg geführt wird. Kurz vor dem höchsten Punkt klingelte Otto laut warnend: auf dem schmalen Weg lag zusammengerollt ein Fuchs, die Ohren aufgerichtet, und rührte sich nicht vom Fleck. Keiner von uns traute sich an ihm vorbei (Tollwut?), so dass wir wieder den Berg runter rollten und auf der Straße diese kritische Stelle umfuhren.
Hinter dem Wald sahen wir schon den "Höhepunkt" des heutigen Tages: Stromberg. Von hinten schlichen wir den Ort an (weil hier die Steigung am geringsten ist). Nachdem alle zusammen waren, fuhren wir durch das Zentrum und Torturm zum Burgberg, von dem die Aussicht immer wieder überwältigend ist. Auch das Rapsfeld-Kreuz war noch gut zu erkennen, obwohl der Raps schon längst nicht mehr blühte.
Jetzt ging's direkt zu Oma Haake (Café Haake), auf deren Terrasse zum Glück der überdachte Tisch frei war. Es gab leckere Torte, Hallo-Wach-Kaffee und einen Regenschauer.
Jetzt ging es auf die letzte Etappe für heute, die leichter als erwartet war: entlang der steilen Kante im Ort zum Fernsehturm, von dort eine lange Abfahrt ins Tal nach Osnienkamp, und im Tal in einer Art Windkanal (Wind von hinten!) in rasender Fahrt nach Rheda (von Rheda-Wiedenbrück). Wir hatten keine Schwierigkeiten, den Doktorplatz zu finden. Das "Hotel am Doktorplatz" war eines der schönsten Häuser an diesem Platz.
Nach Einzug und Duschen machten wir mit Reinhard einen Spaziergang zum Schloss und sichteten die Restaurants. Alle machten einen guten Eindruck, doch "Docter's Restaurant" gefiel uns dann doch am besten. Die Tagesangebote (z. B. gebratener Kabeljau in Wirsingbett) hatten den meisten Zuspruch, dazu gab es Herforder. Hans-Günter musste aufgrund einer Magenverstimmung auf diesen schönen Teil verzichten. Als schließlich alle schon müde waren, machte sich bei mir der Hallo-Wach-Kaffee bemerkbar. Bei einem Gang "rund um den Pudding" entdeckten wir auch Rhedas Altstadt, die wir früher schon mal gesucht, aber nicht gefunden hatten. Man darf eben nicht immer nur der Fußgängerzone folgen!

Altstadt Rheda

o Sa. 12.6.04 (64 km, Susanne ein wenig weniger)
Nach dem wiederum prächtigen Frühstück, bei dem es ein wenig regnete, trafen wir uns zum Ortsrundgang durch Rhedas Altstadt. Nachdem sich endlich die letzten von den schönen Fachwerkhäusern getrennt hatten, fand Hans-Günter seinen Fahrradschlüssel nicht. Sein Rad stand natürlich vor allen anderen Rädern, so dass keiner an sein Rad kam. Nach Auspacken sämtlichen Gepäcks und endloser Suche steckte er dann doch ganz normal in der Jackentasche ...
So war es fast Mittag, als wir auf die Räder kamen. Zuerst besuchten wir noch das Schloss, dann radelten wir durch das ehemalige Landes-Gartenschau-Gelände nach Wiedenbrück, wo wir ebenfalls eine Rundfahrt durch die schöne Altstadt machten. Zuerst ein Stück entlang der Ems, dann lange auf einer stillgelegten Bahnstrecke verließen wir mit Rückenwind diese schöne Stadt.
Auf der Höhe von Rietberg verließen wir die LGS-Route und bogen in den nächsten Historischen Stadtkern, nämlich den von Rietberg. Vor dem schönen Fachwerk-Rathaus stellten wir die Räder ab, denn gegenüber liegt das historische Café Münte mit herausragender Kaffee-, Kuchen- und Eisauswahl.

Rietberg, Rathaus

Auch für Rietberg gibt es einen schönen Stadtrundgang, vorbei an alten Häusern, Ems, Westwall und Umflut sowie durch Omas Gäßchen. Ein Künstler, der Skulpturen aus Metallschrott herstellte, regte unsere Fantasie stark an. Außen herum durch die Vorstadt radelten wir zur LGS-Route zurück, die wir jedoch kurz darauf schon wieder Richtung Steinhorster Becken verließen.
Die, die noch nicht hier gewesen waren, waren sehr beeindruckt, obwohl ein rasender Treckermäher die sonst hier übliche Ruhe stark beeinträchtigte. Wir entschlossen uns, zum Süddamm zu fahren, doch zum Hinsetzen blieb keine Zeit mehr, denn pechschwarze Regenwolken hatten sich direkt hinter uns aufgebaut. In rasender Fahrt radelten wir in den Ort Steinhorst, um in der Kneipe trockenen Unterschlupf zu finden, doch diese Kneipe wird Samstag mittags um 13 Uhr geschlossen. Mit Mühe erreichten wir ein Buswartehäuschen, bevor der große Regen losbrach.
Nach guten 20 Minuten begann die Straße zu dampfen und die Sonne ließ sich wieder blicken, Gelegenheit zum Weiterfahren! Quer durch Lippling fuhren wir auf einen Radweg nach Delbrück (hügelige Ortseinfahrt von Norden). Am schönen Kirchenrundling nahmen wir die falsche Ausfahrt, so dass wir auf einem Radweg entlang einer vielbefahrenen Straße nach Boke radeln mussten. Hier verließen wir die Straße und fuhren im Lippetal zum Künstlergut Winkhausen. Auch hier nahmen wir eine falsche Ausfahrt, so dass wir die Vernaburg erst über einen Umweg erreichten. Von einer Gräfte umgeben ist das Hauptgebäude nur noch eine Ruine, die Nebengebäude und Türme sind aber noch erhalten und bewohnt.
Hier ist man praktisch schon in Verne. Durch ruhige Wohnstraßen pirschten wir uns von hinten zu Rieksmeiers an, wo neben den Hausherren auch schon Fischers auf uns warteten. Zuerst gab es Kaffee mit leckerem Mohnkuchen, dann kamen auch noch Vera und Leo dazu und es wurde gegrillt. Zeitgleich wurde in Portugal die Fußball-EM eröffnet: die Gastgeber verloren gegen Griechenland mit 1:2 und die erste Sensation war perfekt.
Die Rückfahrt mit vollem Bauch Richtung Paderborn war von der Besetzung her ungewöhnlich: Hans-Günter war bereits im Auto mitgefahren (sein Magen drückte immer noch), statt Reinhard radelte Vera mit uns, ja und Susanne war ja schon zu Hause. Mit immer noch kräftigem Rückenwind waren aber die paar Kilometer für keinen ein Problem, und wir kamen mit Einbruch der Dunkelheit in Elsen und Schloss Neuhaus an.

Turm der Vernaburg

o Fazit:
Ausgesprochen schöne Städte (Versmold, Warendorf, Rheda, Wiedenbrück, Rietberg) und Landschaften (Senne, Teutoburger Wald, östliches Münsterland, Emsauen und Steinhorster Becken liegen in Paderborn praktisch vor der Haustür. Man muss sich nur aufs Rad schwingen!


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