Von Kopenhagen nach Zehdenick – die Tour, bei der alles klappte
August 2023

Radweg Berlin-Kopenhagen in umgekehrter Richtung

Selbstorganisierte Radtour mit Zuganfahrt und -rückreise, übernachtet wurde in Hotels/Pensionen. Gefahren wurde mit einem Faltrad (Brompton) und einem Liegerad (Flux), natürlich ohne Motor.

Die kleine Meerjungfrau

Teilnehmer: Stefanie und Claus

Vorbereitung:
Wie entstand die Idee, den Radweg Berlin-Kopenhagen in umgekehrter Richtung zu fahren: Stefanie hatte ein Camp auf Fünen in Dänemark bis 9. August. Ein weiteres Camp begann in der Ziegelei Mildenberg bei Zehdenick am 15. August. Die Entfernung ist in der Zwischenzeit per Fahrrad zu schaffen. Andererseits ist das eine zeitliche Begrenzung und erfordert eine konsequente Durchfahrt – auch bei eventuellem Regen. Wir buchten also alle Zimmer vor, so dass hiermit unterwegs keine Zeit verloren ging. Und für Kopenhagen planten wir einen kompletten Besichtigungstag ein. Dafür kürzten wir in Dänemark etwas ab: wir ersparten uns den Abstecher auf die Insel Møn.
Die Tagestouren wurden durch die Übernachtungsorte bestimmt und lagen i. d. R. um 60 km, nur die erste Etappe aus Kopenhagen heraus betrug 90 km. Die Touren wurden mit outdooractive erstellt und auf Fahrrad-Navi und Smartphone übertragen. Das Navi hielt bis auf die lange Etappe gut durch, bei dieser wurde es mit einer Powerbank am Leben erhalten. So wurden die Routen auf dem Handy nur zur Übersicht benötigt.

Mo. 7.8.23 (4 km)
Nach den aufregenden Vorbereitungen ging ich heute Abend ein letztes Mal zum Tischtennis. Gut schlafen konnte ich danach nicht. Zwei Umstiege auf der Zugfahrt nach Kopenhagen bergen ein großes Risiko, den Anschluss zu verpassen. Keinen Plan hatte ich für den Fall, dass ich das Fahrrad und das Gepäck schnell die Treppen hoch und runter tragen müsste. Mein Gepäck war ein Rucksack und eine Fahrradtasche, Rucksack kann man aufsetzen, doch was ist mit der Fahrradtasche? Stehen lassen ist zu gefährlich ...
Nachts um halb zwei fiel mir ein, dass bei den Taschen damals doch Tragegurte dabei waren. Nach einiger Suche fand ich die glücklicherweise und konnte noch ein paar Stunden ruhiger schlafen.

Vor Frelsers Kirken Di. 8.8.23 (3 km)
Mein (Zug-) Reisetag.
Nach dem schlechten Wetter der letzten Tage sollte es zumindest trocken bleiben auf dem Weg zum Bahnhof. Die S-Bahn nach Hannover stand bereit und rollte pünktlich los, so dass die erste Zugetappe sowie der erste Umstieg bereits unter einem guten Stern standen. Von Hannover nach Hamburg fuhr ein ICE mit Fahrradmitnahme. Eine Platz- Und Fahrradreservierung hatte ich, was sollte also passieren? Nun, in meinem Waggon gab es gar kein Fahrradabteil. Und ein ICE hält auch in Hannover nur zwei Minuten. So stieg ich ein, stellte mein Rad in die Verbindungs-Ziehharmonika zwischen zwei Waggons und suchte meinen reservierten Platz auf. Als ich gerade saß, kam bereits die Durchsage, dass sich ein herrenloses Rad zwischen Waggon 5 und 6 befinde, der Besitzer solle sich dort einfinden. Die resolute Schaffnerin wollte den ICE, der eigentlich nicht vor Hamburg hält, extra für mich am nächsten Bahnhof anhalten, um mich raus zu werfen. Ich zeigte ihr meine Reservierungen, da beruhigte sie sich. Und bei der Kontrolle derselben stellte sie fest, dass ich die Reservierungen für diesen Zug und den Zug Hamburg-Kopenhagen verwechselt hatte. Durchschieben zu Waggon 1 war nicht möglich (zu schmal). Doch wenn ich die ganze Zeit beim Rad bliebe, könne ich an dieser Stelle bis Hamburg mitreisen. Was ich mit Freuden tat (1,5 Stunden).
Leider hatte der ICE bereits in Hannover Verspätung, die sich unterwegs noch etwas vergrößerte, wodurch die Umsteigezeit in Hamburg (17 Minuten) drastisch zusammenschmolz. Doch mit meinem Gepäcktrick schaffte ich es gut bis zum Gleis des Kopenhagenzugs, der auch etwas Verspätung hatte. Aber natürlich gab es eine geänderte Waggonreihenfolge gegenüber dem Wagenstandsanzeiger, was wieder für Aufregung sorgte. Schließlich war ich im richtigen Wagen und von den sieben Fahrradplätzen waren nur vier belegt. Mein Sitzplatz war sehr schön in Fahrtrichtung am Fenster (mit Tisch). Und es gab auch viel zu sehen: zunächst die große Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal bei Rendsburg, bei der die Höhe auf einer Seite sogar durch eine Bahnschleife erreicht wird. Grenzkontrolle war in Padborg. Zwischen Kolding und Middelfart ging es auf die Insel Fünen, eine gewisse Zeit war ich mit Stefanie auf der gleichen Insel. Am Ende von Fünen (Nyborg) beginnt die Große Beltbrücke. Da wir etwas seitlich anfuhren, hatte man einen guten Blick darauf. Mitten im Belt ist noch eine kleine Insel. Die parallel laufende Autobahn führt ab hier über die großen hohen Bögen, weil auch Fähren und Kreuzfahrtschiffe drunter herfahren. Die Bahn dagegen fährt in einem Tunnel unter Wasser bis zur Kopenhagen-Insel (Sjælland). Diese Insel wird komplett gequert, dann kommt schon Kopenhagen in Sicht.
Ein letztes Mal Gepäck und Fahrrad tragen, dann ging's per Rad zum Hotel (Maritim). Die Fahrrad-Infrastruktur kam mir erst gar nicht so gut vor, aber direkt vor dem Bahnhof war eine Baustelle, dann wurde es besser. Am Kanal Inderhavn fuhr es sich toll. Das Hotel hatte zwar keine Fahrradgarage, aber wenigstens einen abgeschlossenen Innenhof. Eventuellen Regen kann ein Rad schon vertragen. Nach der ganzen Aufregung fiel ich in einen herrlichen (Nach-) Mittagsschlaf.

Rathaus Kopenhagen

Danach der erste Rundgang: zurück zum Kanal mit tollem Blick auf die Vor Frelsers Kirke, die eine goldene Wendeltreppe außen am Kirchturm hat. Danach folgten Christiansbrücke, Alte Börse, Schloss Christiansborg. Die Schlosskirche war allerdings schon geschlossen. Weiter zum Rathausplatz mit dem schönen Rathaus, das herrlich in der Abendsonne lag. Hier beginnt auch eine lange Fußgängerzonenstraße, auf der ich zurück ging. Sie endet an einem sehr schönen Platz, Kongens Nytorv (Kong Christian V). Hier liegt auch Det Kongelige Teater (Königliches Theater) und das Kaufhaus Magasin du Nord. Neben dem Theater führt eine Mosaik-bestückte Unterführung Richtung Hotel. In der Hotelbar trank ich noch ein dänisches Bier und guckte dänischen Fußball, dann lockte das Bett.

Schloss Christiansborg

Hans Christian Andersen Mi. 9.8.23 (0 km)
Stefanies Ankunftstag.
Komischerweise um halb vier wach geworden, gedämmert bis sieben Uhr, geduscht und zum Frühstück, das sehr lecker war. Vor allem die Brötchen und das Brot sind in Dänemark sehr schmackhaft. Draußen regnete es leider, doch für morgen und übermorgen (erster Fahrradtag) war gutes Wetter angesagt. So ging ich zu Fuß zum Bahnhof, weil Stefanie schrieb, dass sie bereits vor 11 Uhr dort ankommt. Ihr Zug (dänisch) war pünktlich. Bei den vielen Ständen im Bahnhof kauften wir uns Sandwiches für das Mittags-Lunch und gingen zu Fuß zum Hotel, der Regen hatte aufgehört. In meinem Zimmer speisten wir und chillten ein wenig. Dann gingen wir zu Fuß los, weil es immer mal wieder tröpfelte. Und unser Hotel lag wirklich schön zentral. Zunächst gingen wir den Kanal nach Norden, dann über eine Fußgänger- und Fahrradbrücke auf die Christiania-Seite. Hier liegt als erstes Broens Gadekøkken, eine Ansammlung von Ess- und Trinkständen. Es sah sehr lecker aus, doch das heutige Wetter lud nicht zum Daußensitzen ein.
So gingen wir weiter am Hafenkanal Christianshavn entlang bis zur Vor Frelsers Kirke (Erlöserkirche). Die goldene Wendeltreppe außen am Kirchturm war wegen des starken Windes geschlossen, doch auch innen lud ein schöner Anblick und eine prächtige Orgel zum Verweilen ein. Und auf der Orgel spielte sogar jemand.

Eingang Christiania

Von der Kirche aus um die Ecke beginnt die autonome Freistadt Christiania. Hier findet man neben vielen Baracken, Buden und Bühnen auch normale Wohnhäuser und Geschäfte (z. B. Fahrrad- mit Pedersonrädern). Wir gingen auch durch die berüchtigte Pusher Street, in der an Buden öffentlich Cannabis verkauft wird. Uns ging es aber auch so schon gut genug. In Christiania sind außer für den Warentransport keine Autos zugelassen. Wir sahen auch eine eigene Feuerwehr. Im Café Nemoland tranken wir Kaffee. In der Nähe der Grå Hal (Große Halle) verließen wir die Freistadt und wechselten über zwei Fahrradbrücken (je eine Klapp- und eine Schiebebrücke, beide in Aktion gesehen) wieder auf die westliche Kanalseite. Von den Brücken guckt man genau in den schönen Nyhavn mit vielen Segeljachten, bunten Häusern und viel Außengastronomie. Das Wetter war inzwischen sonnig, so dass hier ein großes Gedränge herrschte.

Nyhavn

Am Ende von Nyhavn ist der schöne Kongens Nytorv, also waren wir dicht beim Hotel. Stefanie konnte einchecken und ich hatte Zeit für einen Mittagsschlaf.

Rundetårn

Obwohl der Regen ganz aufgehört hatte, zogen wir auch am frühen Abend zu Fuß los. Wir wollten in der Tivoli Food Hall essen, doch vorher steuerten wir noch eine besondere Sehenswürdigkeit an: den Rundetårn (Runder Turm). Das ist eigentlich der Kirchturm der Trinitatis-Kirche und begehbar (keine Stufen!). Von oben hat man durch seine zentrale Lage eine tolle Aussicht über die ganze Stadt und sogar bis zur Öresundbrücke nach Malmö.

Aussicht vom Rundetårn

In der Tivoli Food Hall aßen wir Smørrebrød mit Krabben und Kaviar, dazu gab es ein kleines Glas Wein. Steffi gönnte sich als Nachtisch noch ein Stück Kuchen.
Auf dem Rückweg gingen wir rund um den Tivoli, an einigen Stellen sieht man die spektakulären Fahrgeschäfte. Jetzt lag direkt vor uns Schloss Christiansborg, das zwar schon geschlossen war, aber durch dessen Innenhof man immer gehen kann. Auch die Alte Börse lag am Weg. Auf der Christian IV's bro (Brücke) traf Stefanie überraschend einen Teilnehmer des Camps auf Fünen, die Welt ist klein. Im Hotel gingen wir noch in die gemütliche Bar, tranken etwas und erzählten viel.

Do. 10.8.23 (10 km)
Heute war der eigentliche Kopenhagen-Tag!
Viel besser geschlafen. Um acht Uhr trafen wir uns zum Frühstück, auch Stefanie schmeckte es sehr gut. Danach besserten wir unser Schritte-Konto auf, indem wir einen unnützen Gang zum Hauptbahnhof machten. Steffi wollte ihr Zelt und Schlafsack zum Camp in Mildenberg vorausschicken, doch auf dem ganzen Weg dorthin fanden wir keine Post. Und selbst im Bahnhof war nur ein kleiner GLS-Stand, der keine Pakethüllen hatte. So beschlossen wir, die Sachen doch auf den Rädern mitzunehmen, zumal sie auch eine Ultraleicht-Ausrüstung hatte. Selbst die Helligåndskirken (Heiliggeistkirche) hatte noch zu, so dass wir völlig unverrichteter Dinge zurück kehrten.
Vom Hotel aus fuhren wir dann mit den Rädern auf unserer Seite am Kanal entlang nach Norden, passierten das Skuespilhuset (Schauspielhaus) und de kongelige pavilioner (königliche Pavillions). Und plötzlich standen wir (zusammen mit vielen anderen) vor Den Lille Havfrue (Die Kleine Meerjungfrau) – ein Muss für Kopenhagenbesucher. Die Steine am Ufer davor waren dermaßen abgetreten, dass ich darauf ausrutschte (zum Glück nichts passiert).
Direkt daneben (westlich) liegt das Kastell von Kopenhagen, eine Zitadelle mit fünf Bastionen. Wir fuhren von Norden mit den Rädern rein und umrundeten sie zu Fuß auf dem Bastionenwall. Neben Militärunterkünften gehört auch eine Kirche und eine Windmühle zur Zitadelle.

Windmühle der Zitadelle Marmorkirche

Nun hatten wir aber Hunger und wir suchten etwas, um den zu stillen. Nach einem vergeblichen Anlauf fanden wir das Madbaren Marmorkirken, ein kleines italienisches Lokal. Wenn man draußen sitzt (wie wir), guckt man genau auf die Frederiks Kirke (Marmorkirche), die nur 30 Meter entfernt liegt.
Frisch gestärkt besuchten wir dann das Innere der Kirche und gingen dann weiter zum nahegelegenen Schloss Amalienborg, in dem die dänische Königsfamilie wohnt. Den achteckigen Aufbau des Ensembles erkennt man allerdings im Legoland in Billund viel besser.

Schloss Rosenborg

Per Rad fuhren wir dann weiter zum schönen Schloss Rosenborg mit einem riesigen Schlosspark und natürlich einem Rosengarten. Der Schlosseingang ist schwer zu finden, vom Park gelangt man nicht ins Schloss. Danach fuhren wir weiter nach Nordwesten, bis wir den Sortedams Sø überquert hatten. 500 Meter nach rechts lag hier das Café April, das uns ganz erlesenen Kaffee bot (eigene Röstung). Die Betreiberin setzte sich zu uns und erläuterte uns unsere jeweilige Kaffeewahl. April stellt ebenfalls erlesene Kleidung her.
Für den Rückweg wählten wir den Radweg am gesamten Sortedams Sø (See) entlang, er war wunderschön und stark befahren.
Das Ende ist dicht hinter dem Hauptbahnhof, wir überquerten die Schienen und fuhren dann am Kanal entlang zu unserem Hotel (wie ich bei der Ankunft in Kopenhagen). Jetzt war Ausruhen angesagt.
Heute war das Wetter gut genug, um bei Broens Gadekøkken draußen zu essen, den kurzen Weg dorthin gingen wir zu Fuß. Stefanie entschied sich heute für ein Nudelgericht, während ich ein weiteres Smørrebrød verspeiste. Dazu gab es ein sehr leckeres IPA-Bier, frisch gezapft. Und das alles im strahlenden Sonnenschein!

Hafen in der Abendsonne

Auf dieser (östlichen) Kanalseite gingen wir dann in der Abendsonne bis zu der Radlerbrücke, über die wir bei unserer morgigen Etappe die Innenstadt verlassen (Lille Langebro). Im Hotel packten wir unsere (wenigen) Sachen schon etwas zusammen, denn morgen sollte es früh losgehen – auf unsere Königsetappe!

Fr. 11.8.23 (90,5 km Route)
Erster Fahrradtag und gleich die längste Etappe!
Bei bestem Wetter waren wir bereits um 7:30 Uhr zum Frühstück verabredet. Und schon vor 9 Uhr saßen wir auf dem Rad. Die Strecke war wunderschön: über die Radlerbrücke ging es zunächst auf die andere (östliche) Kanalseite. Auf der Brücke sowie auf den Radwegen herrschte riesiger Radverkehr, man hatte das Gefühl, halb Kopenhagen ist auf dem Rad unterwegs.

Radverkehr Kopenhagen

Je weiter wir nach Süden kamen, desto mehr ließ dies nach, die Radwege waren aber nach wie vor sehr gut. Erst bei der allerletzten Möglichkeit fuhren wir über eine Autobahnbrücke (mit Radweg) auf die große Insel Sjælland zurück. Doch die Route war weiterhin ausgezeichnet: durch den Mågeparken radelten wir zu einer Seenkette, die die Insel auf der südlichen Seite zur Ostsee abgrenzt. Hier legten wir auch die erste Trinkpause ein.

Trinkpause am Holmesø

Am Jægersø besuchten wir auch einen direkten Ostseezugang (Deich). Die Ostsee glitzerte immer noch in der Morgensonne.
Nach dem letzten See der Seenkette mussten wir etwas von der Ostsee weg zur nächsten Hauptstraße (Hundige Strandvejen) fahren. Sie hat zwar einen Radweg, ist aber sehr stark von Autos befahren (laut). Und lang (ca. 8 km). Am Südrand von Karlslunde ging es endlich wieder in die Natur. In Lille Skensved kehrten wir ein (Milas Pizzabar), weil sich der Hunger meldete. Steffi aß Pizza, ich Fish and Chips. Bereits hier war klar: wir hatten beide ein harmonisches zügiges Tempo. Wenn nicht noch ein Unglück geschieht, schaffen wir die längste Etappe bis zur spätesten Eincheckzeit um 18 Uhr ohne jegliche Probleme.
Im kleinen Ort Hjølse ist die Dorfkirche sehenswert, doch das Innere war verschlossen. Am nächsten Knick wartete aber schon eine schöne Windmühle auf uns. Bei dem netten Ort Køge (Marktrundgang) kommt man wieder an die Ostsee. Vorher am Ortsende liegt Kjøge Miniby, eine Miniaturstadt, an der wir kurz anhielten.

Kjøge Miniby

In Vallø stand die Besichtigung des Schloss Vallø an, ein schön gelegenes Gräften-Schloss im Wald.

Schloss Vallø

Die nächste Trinkpause machten wir in Strøby, hier ist ebenfalls eine schöne (verschlossene) Kirche. Der letzte Höhepunkt während dieser langen Etappe war die Kirche St. Katharina in Store Heddinge, eine außergewöhnliche achteckige Kirche (wie der Aachener Dom) mit interessantem Interieur und vier Segelschiffen. Und sie war offen. Der Umweg von ca. 300 Metern lohnt sich auf jedem Fall.
Nun waren es nur noch ca. 10 km bis zum Ziel in Rødvig, doch die fielen auch wirklich schwer. Gleich am Anfang von Rødvig war ein Wikingerlager, das wir auch noch besuchten. Da es nur noch 25 Minuten geöffnet war, brauchten wir keinen Eintritt zu bezahlen. Alles was man im Mittelalter und davor schon herstellen konnte, gab es hier. Danach brauchten wir fast nur noch nach Rødvig hinunter zu rollen. Doch da man gerade die Ostsee so schön sehen konnte, rollten wir einmal bis zur Ostsee vor. Und siehe da: östlich von Rødvig wird die Bucht durch eine Steilküste begrenzt.
Jetzt noch schnell durch den Ort hindurch bis zu unserem Feriendorf – und schon war die Königsetappe geschafft. Das Feriendorf war eine wunderschöne Anlage mit ca. 25 Ferienhäusern, einem Gebäude mit 10 Übernachtungszimmern und weiteren Gemeinschaftsgebäuden. Die Rezeption mit Kiosk lag genau in der Mitte. Wir feierten unsere glückliche Ankunft mit kühlen Getränken, dann bezogen wir unsere Zimmer. Frisch geduscht spazierten wir durch ein Wohngebiet zum (Ostsee-) Strand. Erst oberhalb des Strands, dann auf dem Sand gingen wir zum Hafen zurück, um etwas Nettes zum Essen zu finden. Klintens Sandwichproviant lag wunderbar in der Abendsonne, so setzten wir uns davor und ließen uns leckere Lachs-Sandwiches bringen. Der Verdauungsspaziergang führte uns noch bis zum Flintofen, dann wieder den gesamten Hafen entlang (mit Sonnenuntergang) zum Strand.

Flintofen Rødvig

Wir nahmen den selben Weg zurück, weil er so schön war. In den Zimmern gab es sogar Fernseher, so habe ich noch ein wenig Pokal geguckt und dann wunderbar geschlafen.

Sa. 12.8.23 (57,6 km Route)
Auch das Frühstück in einem Gemeinschaftsgebäude war sehr gut, hierbei lernten wir zwei junge Frauen kennen, die den Radweg genau umgekehrt fuhren, also heute nach Kopenhagen. Sie hatten sich allerdings eine Abkürzung herausgesucht, so dass sie nur etwa 70 km benötigen würden. Wir fuhren heute ebenfalls eine Abkürzung: wir ersparten uns die Insel Møn. Ob das gut war oder nicht, wissen wir nicht, denn wir waren nicht dort.
Unsere Etappe begann ganz ruhig und leicht hügelig zwischen Feldern. Erster Tageshöhepunkt war das Kloster von Vemmetofte: eine riesige symmetrische Anlage, das eigentliche Kloster mit Klosterkirche liegt innerhalb einer Gräfte. Die Klosterkirche war geöffnet.

Kloster Vemmetofte

Kurz danach gab es auch den ersten Ostseekontakt für heute, Faxe Ladeplads wurde durchquert und danach fuhren wir wieder ca. einen Kilometer direkt am Strand entlang (Strandvejen). Hier suchten wir uns ein schönes Plätzchen im weichen Sand für eine Trinkpause.

Strand Faxe Ladeplads

Danach bewegten wir uns etwas von der See weg und radelten durch eine angenehme, leicht hügelige Landschaft. Die mehrfach verzeichneten Gutshöfe fügten sich hier gut ein. Hinter Strandhuse bekamen wir wieder Ostseekontakt und bei uns meldete sich der Hunger. So planten wir nach Prestø hinein zu fahren, hier gab es schöne Hafenlokale. Vorher stand aber noch unser heutiges Schloss auf dem Programm: Schloss Nisø. Auch dieses ist ein Wasserschloss mit Gräfte, davor liegen viele große Vorgebäude.

Schloss Nisø

Nun war es nur noch ein Kilometer bis zur Speisung und das "Café Mocca" zog uns magisch an. Natürlich saßen wir draußen, doch nach und nach verdunkelte sich der Himmel und es gab ein paar Tropfen. Kein Problem in Dänemark: eine automatische Markise wurde ausgefahren. Gesättigt und ausgeruht fuhren wir noch einen Hafenkai entlang und dann zurück auf unsere Route, der Regen hatte aufgehört. Es folgte die Bergetappe nach Vordingborg, teilweise waren wir über 70 Meter hoch. Belohnt wurden wir durch eine lange Abfahrt in die Stadt hinein. Die Vordingborger Sehenswürdigkeit, die Slotsruin (Burgruine) mit Gåsetårnet (Gänseturm) wollten wir gleich bei der Stadtdurchfahrt besuchen, denn unsere Unterkunft lag etwas außerhalb. Doch noch einladender war das Café Klint, das sich direkt davor befand. Hier gab es leckere Schoko- und Möhrentorte – genau das richtige zur jetzigen Kaffeezeit!
Die Burgruine liegt auf einem Hügel und ist von einer Gräfte umgeben. Vom ehemaligen Standort der Burg konnte man den ganzen Hafen kontrollieren. Der Gänseturm ist zwar besteigbar, aber nur in Verbindung mit dem Museumseintritt. Uns reichte die Aussicht vom erhöhten Burgstandort.
Nun radelten wir zur Unterkunft. Sie war nichts Besonderes, wahrscheinlich eine dänische Jugendherberge. Frühstück für morgen früh zu bestellen war auch nicht mehr möglich, weil morgen Sonntag war (das erste Mal störte uns ein Wochentag). Doch dieses Problem konnte Stefanie blitzschnell lösen: sie fand eine Bäckerei in Vordingborg, die bereits um 6:30 Uhr (sonntags!) öffnete und auch Frühstück anbot. Nach dieser beruhigenden Erkenntnis konnten wir prima duschen und ruhen ...
Das Wetter war inzwischen wechselhaft geworden, immer wieder kamen Schauer, so dass wir überlegten, zu Fuß in die Stadt zum Essen zu gehen. Dann fuhren wir aber doch mit den Rädern los, denn so schlimm war es auch nicht. Und wozu gibt es Regenjacken? Vorher hatten wir bereits das italienische Restaurant "Roma" ausgeguckt, es hatte eine gute, breit gefächerte Speisekarte. Leider waren drinnen alle Plätze besetzt oder reserviert. Doch der nette Kellner hatte für uns ein fast trockenes Plätzchen draußen unter einem Sims-Vorsprung.

Restaurant Roma Vordingborg

Das Essen war sehr gut (Bruschetta, Pasta und Pizza), dazu gab es Wein und IPA-Bier. Störend waren nur die lauten Geräusche vom Nachbartisch, an dem sich eine größere Gruppe komplett zutrank. So blieben wir nicht mehr allzu lange, sondern radelten (trocken) zurück und unterhielten uns lieber noch in Stefanies Zimmer.

So. 13.8.23 (66,6 km Route 1, Route 2)
Brücken- und Fährentag!
Ein weiterer aufregender Tag lag vor uns, an dem alles klappen musste: zuerst über die lange Brücke nach Falster, und dann dort bis zur südlichsten Spitze zu fahren, um die Fähre Gedser-Rostock möglichst früh zu erreichen. Aber vorher noch frühstücken!
Zum Glück war wieder bestes Wetter und wir rollten relativ früh (ca. 8:15 Uhr) mit den Rädern in die Stadt zu dem ausgeguckten Bäcker. Alles klappte prima – außer dass die beiden Bedienungen kein Wort Englisch sprachen und verstanden. So begnügten wir uns mit je zwei mit Käse belegten Brötchenhälften und einem großen Kaffee. Nun konnte unser Radl-Abenteuer beginnen. Zuerst ging es über eine kleine kombinierte Auto-, Bahn- und Radbrücke zu der Vordingborg vorgelagerten Insel Masnedø. Doch kaum hatten wir Land unter den Rädern begann eine Baustelle und auch die Räder wurden umgeleitet. Wir folgten der Umleitung und standen plötzlich an einem Kreisverkehr, von dem aus es in keiner Richtung weiter ging – außer der, wo wir hergekommen waren. Panik kam auf. Wir fuhren ein Stück zurück und bemerkten dabei, dass wir eine unscheinbare Landstraße überquert hatten. Dies war tatsächlich die alte Brückenstraße, viel schmaler als die Straße über die eben befahrene kurze Brücke. Am Ende war alles halb so wild und wir waren wieder auf der richtigen Route!

Storstrømsbroen

So langsam ging es bergauf, denn die lange Brücke (Storstrømsbroen) hat auch eine enorme Höhe, damit große Schiffe drunter her passen. Die Brücke ist schon sehr alt (1933) und rostig, direkt nebenan wird gerade eine neue gebaut. Zum Glück war der Wind uns gnädig, denn auf dem schmalen Fahrradweg neben der Auto- und Eisenbahnspur wird man bei Sturm wohl schieben müssen. Und das kann lang werden (3,2 km). Wir konnten jedoch problemlos fahren und hielten nur für Fotos an.

Stefanie auf der Storstrømsbroen

Wasserturm Nykøbing Auf Falster führte der Radweg noch ein Stück an der wenig befahrenen Hauptstraße entlang, schließlich war heute Sonntag. Dann bogen wir auf eine Landstraße (mit Radweg) nach Nykøbing. Am Ortsanfang sahen wir schon von weitem eine schöne Windmühle, zu der wir einen kleinen Abstecher fuhren. Von der Slotsruin von Nykøbing war wirklich nichts mehr zu sehen, dafür konnten wir über eine Radlerbrücke sehr gut den Jachthafen überqueren. Auf der Hafenstraße fuhren wir bis auf Höhe der Ortsmitte, hier bogen wir hoch zum Marktplatz (Torvet). Gegenüber vom Zarenhaus legten wir eine Trinkpause ein, aber so langsam meldete sich auch der Hunger. So fuhren wir weiter über Wasserturm zur Klosterkirken, diese war zu besichtigen und ist sehr sehenswert.
Ein gutes Lokal hatten wir dabei nicht gefunden, so fuhren wir zum nächsten Supermarkt (die haben in Dänemark auch sonntags geöffnet) und deckten uns mit Sandwiches, Obst und Getränken ein. Zufällig waren wir auch wieder richtig auf unserer Route, so fuhren wir aus dem Ort heraus und suchten uns am Sund-Ufer eine schöne Bank für unser Mittags-Lunch. Über kleine Straßen (nahezu ohne Verkehr) ging es immer mal wieder am Sund entlang, ehe wir zur Haptstraße (E 55) zurück mussten. Doch nur ein kurzes Stück (mit Radweg), dann führte unsere Route wieder auf einer ganz einsamen Straße in der Nähe des Westufers bis Gedesby.

Windmühle Gedesby

Die sehr gut restaurierte Windmühle von Gedesby ist auch schon von weitem zu sehen, hier war ein Foto unerlässlich. Beim Fotografieren hörten wir plötzlich einen ganz tiefen Signalton: die letzte Fähre vor unserer hatte abgelegt. Uns blieben jetzt noch zwei Stunden und 15 Minuten für die letzten sechs/sieben Kilometer, also alles im grünen Bereich. Der Radweg führt jetzt auf der linken Seite der E 55 bis kurz vor Gedser und ließ sich locker befahren. Nicht stutzig gemacht hatte mich der merkwürdige Schlenker, den die Route im Ort auf dem Weg zum Terminal macht. Dazu später mehr.
Wir kamen am ehemaligen Wasserturm von Gedser (heute Aussichtsturm) vorbei. Da wir noch so viel Zeit hatten, stiegen wir hoch – und konnten erstmals wieder mit Euro bezahlen. Die Aussicht ist nett, aber nicht überwältigend. Jetzt hatten wir noch Lust auf ein letztes dänisches Eis, der Turmwärter empfahl uns ein Lokal um die Ecke an der Terminalzufahrt. Hier aßen wir Eis und tranken auch noch einen Kaffee.
Da wir nun direkt an der Zufahrt waren, fuhren wir gleich auf sie drauf. Doch komischerweise war sie für Fahrräder verboten. Wir fuhren ein wenig verbotenerweise hin und her, ein anderer Radler gesellte sich zu uns, da kam endlich jemand aus einem Häuschen und erklärte uns, dass der Fahrradzugang ganz woanders wäre: wir müssten die Dorfstraße ganz runter fahren und erst hinter der Kirche von der Seite den Hafen anfahren (unsere vorgesehene Route, s. o.). Zum Glück hatten wir genügend Zeit. Hier war dann auch die Gedser Station und es warteten auch schon viele Räder mit ihren Besitzern. Fahrkarten gab es am Automaten. Und auch eine Toilette war vorhanden. Kurz bevor unsere Fähre anlegte wurde ein Tor für die Radler geöffnet und es bildete sich eine lange Fahrradschlange. Das pünktliche Anlegen konnte von hier prima verfolgt werden. Nachdem alle Fährgäste und Fahrzeuge der Hinfahrt das Schiff verlassen hatten, durften wir sogar als erste reinfahren. Es gab sichere Fahrradbügel zwischen den Autoreihen. Hier schlossen wir unsere Räder fest, schnappten unser Gepäck und sicherten uns einen gemütlichen Sofaplatz mit Sicht nach vorne. Nicht damit gerechnet hatten wir, dass die Fähre nach der (pünktlichen) Hafenausfahrt wendete und wir nach hinten rausguckten.

Hafenausfahrt Gedser

Doch auch diese Aussicht war sehr beeindruckend, so dass wir hier fast die ganze Zeit blieben. Denn auf den beiden geschlossenen Besucherdecks war ein ziemliches Gerenne und Gedränge. Und auf dem Außendeck war es eindeutig zu windig. Während der Fahrt kreuzten wir auch die Ost-West-Linien riesiger Frachtschiffe. Kurz vor Rostock nahm der Schiffsverkehr stark zu. Vor allem fiel uns auf, dass auch viele historische Segler unterwegs waren, eins sah aus wie ein Piratenschiff. Und am Hafen von Warnemünde lag plötzlich die "Gorch Fock". Alles extra für uns?

Gorch Fock

Beim Anlegen in Rostock mussten wir warten, bis sämtliche Autos das Schiff verlassen hatten. Zum Glück geht das schnell. Und auch im Rostocker Überseehafen ist die Fahrradführung sehr ungewöhnlich. Wir fanden aber alles, weil ich zum Glück auch die Route von hier zum Hotel im Clausigator hatte. Nachdem wir die Autobahnschleifen hinter uns gelassen hatten, wurden wir ab Krummendorf bis Dierkow mit einer sehr schönen Strecke auf einem geteerten Feldweg belohnt. Am Dierkower Damm befand sich auch unser Hotel, hier hatten wir ein Zwillingszimmer. Das ist ein Zimmer mit zwei Schlafräumen. Sehr praktisch, nur Duschen muss man nacheinander.
Dann ging's rasch zum Essen (zu Fuß), einmal über die Petribrücke (nur Straßenbahn und Fahrrad). Hier liegt die Holzhalbinsel, auf der wir das asiatische Lokal "Golden Bay" ausgeguckt hatten. Das Lokal war riesig und gut besucht, wir fanden aber noch schöne Plätze auf der Außenterrasse. Spezialität war hier Buffet, wo es alles gab und was uns auch der nette Ober empfahl. Doch als ich einmal den Begriff "Knusprige Ente" fallen ließ, schwenkte auch Stefanie sofort um und wir bestellten beide dieselbe. Und es kamen Riesenportionen, zum Glück auch mit viel Gemüse (Sojasprossen), so dass wir den Reis fast unangetastet ließen. Dazu viel Wasser und Krombacher, alles schmeckte sehr lecker!
Von unseren Plätzen aus schimmerte zwischen den Häusern etwas vom Stadthafen durch, nämlich das "Piratenschiff", das wir schon von der Fähre aus gesehen hatten. Beim Verdauungsspaziergang wollten wir uns das mal näher angucken. Vorher gingen wir aber zur Petrikirche hoch, deren Apsis von innen beleuchtet war, so dass uns die schönen Glasfenster anlockten. Dann gingen wir Richtung Stadthafen. Und hier lag nicht unser "Piratenschiff", sondern eine große Anzahl alter Koggen und historischer Segelschiffe. Da auch gerade viele Ess- und Trinkbuden abgebaut wurden, vermuteten wir, dass hier wohl am Wochenende ein Fest stattgefunden habe. Erst viel später erfuhren wir, dass es sich um die bekannte "Hanse Sail" gehandelt hatte. Deshalb war auch die Gorch Fock vor Ort.

Sonnenuntergang beim Stadthafen

Wir beobachteten noch den wunderschönen Sonnenuntergang am Stadthafen und gingen im Dunkeln zum Hotel zurück. Zur Aufarbeitung der vielen Eindrücke und zum Sortieren der Bilder holte ich mir noch ein Bier an der Hotelbar. Prima eingeschlafen.

Kröpeliner Tor Mo. 14.8.23 (56,3 km Route)
Ganz so gut schlief es sich auf der stark gummierten Matratze doch nicht, obwohl ein ganz entspannter Tag vor uns lag. Stefanie weckte ich fünf Minuten vor ihrem Wecker zum Frühstück. Es war eigentlich ganz gut, nur die Brötchen waren sehr einfach. Und schon ca. 9:15 Uhr hatten wir alles gepackt und waren auf den Rädern. Zuerst machten wir eine kleine Stadtrundfahrt durch das immer schöner werdende Rostock: vorbei an Petrikirche zum Rathaus mit dem schönen Neuen Markt. Die größte Kirche, St. Marien, würde erst in einer Stunde öffnen, das wollten wir nicht abwarten, so fuhren wir langsam durch die Fußgängerzone (erlaubt) bis zum Universitätsplatz, der wie der Neue Markt von sehr schönen Gebäuden umstanden ist. Gearadeaus weiter kommt man zum Kröpeliner Tor, an dem man die Innenstadt verlässt. Über den Südring verließen wir die Stadt und bogen dann Richtung Biestow ab, alles aber immer noch dicht bebaut. Hinter Biestow ist man dann aber richtig auf dem Land, ab und zu ein kleiner Ort, ein gemütliches Auf und Ab. Erst Schwaan an der Warnow ist etwas größer. Der Nebenfluss, der hier in die Warnow fließt, heißt übrigens Beke. Jetzt fuhren wir längere Zeit auf einer Landstraße, aber viel befahren ist hier nichts. Kurz vor Passin legten wir eine Trinkpause (mit Toilette) ein. Hinter Passin ging es wieder auf eine gänzlich autofreie Straße Richtung Bützow (Bützower Landweg). Erst direkt vor Bützow kommt man wieder auf die Landstraße und rollt neben ihr auf dem Radweg in die Stadt. Unsere Route führte direkt am Rathaus entlang, eine kühle Schönheit im Tudor-Stil.

Rathaus Bützow

Ab hier guckten wir nach einem Lokal um etwas zu Mittag zu essen. Was wir entdeckten, war eine Bäckerei mit Außengastronomie und ein Pizza-Service nebeneinander am zentralen Platz an der Schlossstraße. Vorher fuhren wir aber noch die kleine Schleife zum Schlossplatz mit Schloss Bützow und "Krummem Haus". Das Schloss ist ganz nett und ziemlich hoch, origineller ist aber noch das Krumme Haus, das ein Museum und die Stadtbibliothek beherbergt.

Krummes Haus Bützow

Nur ging's aber schnell zum Essen, wir entschieden uns für die Bäckerei, die auch fertig belegte Brötchen und Sandwiches sowie gekühlte Getränke (Limo, Wasser und Erdbeermilch) anbot. Und auf dem kleinen dreieckigen Platz davor saßen wir prima unter einem Sonnenschirm. Beim Weiterfahren machten wir noch einen kurzen Stopp bei der Bützower Stiftskirche, bevor wir die Stadt in östlicher Richtung verließen. Entgegen unserer Route konnten wir bis zum Bahnübergang auf der Bahnhofstr. fahren. Sie ist zwar zum Teil Einbahnstraße, aber für Radfahrer freigegeben. Danach ging es richtig in die Natur: über einen Bogen radelten wir über das Flüsschen Nebel zu Bützow-Güstrow-Kanal. Hier führt der Radweg sehr lange auf dem Kanaldeich entlang, eine wunderschöne Strecke. Nicht mehr so weit von Güstrow entfernt kommt noch eine doppelte Sehenswürdigkeit: eine Klappbrücke und eine Fischtreppe zwischen dem Flüsschen Nebel und dem Kanal.

Klappbrücke am Bützow-Güstrow-Kanal

Kurz vor Güstrow muss man auf die Straße zurück und die ist hier noch nicht besonders gut. Bevor die Fußgängerzone beginnt, bogen wir nach rechts ab, um die Gertrudenkapelle zu besuchen, die viele Skulpturen von Ernst Barlach enthält (auch im Garten), doch ein zweites Mal machte uns der aktuelle Wochentag einen Strich durch die Rechnung: heute war Montag und somit alle Museen geschlossen. Nicht einmal in den Garten konnten wir hinein.
Nun ging es durch die Fußgängerzone vorbei am schönen Postgebäude zum Hotel. Die Fußgängerzone ist zwar befahrbar, hat aber so ein fürchterliches Kopfsteinpflaster, dass man lieber schiebt oder auf den ehemaligen Bürgersteigen fährt. Im Hotel wollten wir eigentlich nur unser Gepäck abgeben, um dann per Rad die Stadt zu erkunden. Doch unsere Zimmer waren fertig und so zogen wir gleich ein und nahmen auch noch eine schnelle Dusche. Nach einigem Hin und Her bei den Rädern entschlossen wir uns, diese auch gleich hier zu lassen und zu Fuß durch die Stadt zu gehen. So groß ist Güstrow schließlich auch nicht!
Google Maps verrät meistens sehr gut die Öffnungszeiten der Gebäude, so konnten wir uns mit dem Dom ruhig noch Zeit lassen. Als erstes gingen wir um zwei Ecken auf den autofreien Marktplatz, den das leicht rosafarbene Rathaus beherrscht. An der Seite auffällig in dunkelgrün der Ratskeller, hier würden wir heute Abend köstlich speisen. Rücken an Rücken zum Rathaus steht die Kirche St. Marien, die wir als nächstes besichtigten. Von früher wusste ich noch, dass der Turm besteigbar ist und einen Ausblick über die ganze Stadt und darüber hinaus bietet. Stufen beanspruchen ganz andere Muskeln als Fahrrad fahren, also stiegen wir flott hinauf. Oben sahen wir aber gleich die Bescherung: das schöne Schloss von Güstrow war komplett eingerüstet und Baustelle; die Besichtigung war nicht möglich. Den Dom, die Seen im Süden, aber auch den Kanal, an dem wir lang gefahren waren, konnten wir gut erkennen, ebenso den Bahnhof, von dem es morgen erst mal mit dem Zug weiter gehen sollte.
Nach dem Abstieg gingen wir durch kleine Gassen Richtung Dom, passierten die Domschule sowie den ausgehöhlten Baum und standen schließlich in dem ehrfürchtigen Gebäude. Im Dom hängt Ernst Barlachs berühmtestes Werk "Die Schwebende" im Original, so konnten wir wenigstens ein Werk Barlachs bewundern.

Barlachs Die Schwebende

Nun lenkten wir unsere Schritte Richtung Schloss, das aber tatsächlich komplett verrammelt war. Immerhin sah der Schlossgarten sehr viel besser gepflegt aus als 2014. Um trotz Baustelle hinein zu gelangen, mussten wir ihn einmal komplett umrunden. Doch es lohnte sich: rund um den Garten geht ein geschlossener Laubengang und im mittleren Teil gepflegte geometrische Beete. Und ganz in der Mitte ein großes Herz als Beet.

Herz im Schlossgarten

Inzwischen waren wir sehr durstig. So gingen wir zurück zum Marktplatz und setzten uns gleich vor den Ratskeller unter einen Sonnenschirm. Auch der Hunger ließ nicht lange auf sich warten, in den neuen Bundesländern wird früh gegessen, was uns sehr entgegen kam. Mit Bruschetta, Forelle und Zander wurden wir köstlich bewirtet, Steffi gönnte sich dazu ein Glas Grauburgunder. Noch vor richtiger Dunkelheit kehrten wir zurück zum Hotel und arbeiteten den Tag noch etwas auf.

Di. 15.8.23 (37,5 km Route 1, Route 2)
Tag der Hindernisse!
Heute beginnt das Camp in der Ziegelei Mildenberg. Damit Stefanie dort einigermaßen rechtzeitig erscheint und da wir beide die Gegend um die Müritz sehr gut kennen, fuhren wir mit dem Zug von Güstrow nach Fürstenberg an der Havel. Der Zug fährt alle zwei Stunden und wir einigten uns darauf, bereits den um 8:56 Uhr zu erreichen. Frühstück gab es bereits ab 6:30 Uhr, also stand dem nichts im Wege. Eine Viertelstunde vor der vereinbarten Zeit befand ich mich schon im Frühstücksraum, Stefanie kam zwar später, war aber trotzdem vor mir fertig. Das Müsli war sehr gut, alles andere war okay. Um 8:20 Uhr fuhren wir los zum Bahnhof, da waren wir dann noch viel zu früh und bekamen auch problemlos Fahrkarten. Der Regionalexpress nach Fürstenberg über Waren und Neustrelitz war sehr angenehm.

Unsere Räder im Zug

Kanalbrücke Fürstenberg Als wir in Fürstenberg aus dem Bahnhof rauskamen, ging es aber gleich mit den Hindernissen los: eine Kanalüberquerung über eine enorm hohe und lange Brücke über einen Treppenaufgang mit zwei Fahrrad-/Kinderwagenrinnen. Doch die Treppe war so steil, dass alleine hochschieben nicht gelang und wir beide jeweils ein Rad (mit Gepäck) hochschieben mussten. Als dies glücklich geschafft war, ging es keineswegs (wie bisher) auf geteerten Fahrradwegen weiter, sondern auf holprigen und sandigen Wald- und Feldwegen entlang der Siggelhavel bis hin zum großen Stolpsee. Wir kamen nicht richtig vorwärts. Als dann der Weg ein Stück Richtung Kreisstraße führte, fuhren wir durch bis zur Straße, um auf der voran zu kommen. Und oh Wunder: auf der Straße fuhr kein einziges Auto! Die Erklärung kam nach einigen Kilometern im Ort Bredereiche: ab hier war die Straße Baustelle und wurde weiträumig erneuert. In Bredereiche fuhren wir eine Umleitung, doch hinter dem Ort mogelten wir uns wieder auf die Straße, die allerdings keine Oberfläche mehr hatte, sondern eine Sandpiste mit Schotter war. Erst hinter Blumenow war die Baustelle zu Ende und wir hatten noch ein paar Kilometer gute Fahrt bis hinter Tornow (mit etwas Verkehr).
Doch das größte Hindernis lag noch vor uns: nachträglich besehen hätten wir in Marienthal auf die Landstraße biegen müssen, um komfortabel zur Ziegelei Mildenberg zu gelangen. Doch das ahnten wir hier noch nicht. Dabei hatte Stefanie schon mal vor den Brandenburger Radwegen gewarnt. Jedenfalls hinter Marienthal bog unsere Route scharf links von der Kreisstraße ab, doch der Weg war so sandig, dass Stefanie mit dem Brompton überhaupt nicht fahren konnte. Die Alternativen waren sehr unübersichtlich, dementsprechend reagierten wir unüberlegt: wir fuhren an der Straße weiter über Zabelsdorf und Ribbeck, um dort auf dem Ziegeleiweg zur Ziegelei zu gelangen. Der Weg wurde jedoch auch immer schlechter, viele Stellen waren nur durch Schieben zu bewältigen. Obendrein begann es jetzt auch noch zu regnen. An der nächsten Wegekreuzung stellten wir fest, dass wir genau einen Kilometer von der Stelle entfernt waren, an der wir das erste Mal nicht weiter gekommen waren. Puh!
Doch nun ging es wie mit Corona: der Regen hörte langsam auf, nach ca. 300 Metern Schieben wurde der Weg nach und nach besser, wir konnten fast immer fahren und nach anderthalb Kilometern begann eine geteerte Straße, von der aus man das Camp auch schon sehen konnte. Viele waren hier zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs, also eine große Sache. An einem Parkplatz fragten wir, welchen Eingang wir nehmen sollten. Den fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein hinein.

Stefanie am Camp-Eingang

Und hier war auch ein großer Bereich öffentlich, es gab nur eine Kernzone für Kartenbesitzer. Zuerst machten wir eine kleine Rundfahrt über diesen Bereich, bewunderten die selbstfahrende Bahn, "Bits und Bäume" und den Alten Hafen. Hier war auch ein relativ ruhiger Campingbereich. Ein Bäckerstand bot Kirschstreusel mit Kaffee an, das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Und er war superlecker.
Die drei großen Ziegeleiöfen gehörten leider zur Kernzone, ansonsten hätte ich hier auch gerne einen Vergleich zu unserer Tour 1994 gezogen.
Nun wurde es Zeit sich zu verabschieden nach diesen erlebnireichen gemeinsamen Tagen. Unter dem geschmückten Eingangstor ließen wir noch ein Abschlussbild von uns beiden aufnehmen.

Abschiedsfoto

Waldmops Aber nachdem ich um die Ecke auf eine sehr schönen Radweg nach Zehdenik eingebogen war, fiel mir ein, dass sich Stefanies Schlafsack immer noch in meinem Rucksack befand. Doch im Handy-Zeitalter ist das kein großes Problem: wir trafen uns noch ein allerletztes Mal am Tor zur Übergabe.
Der nachfolgende Radweg führte auf einer schmalen Landzunge zwischen zwei Seen entlang, auch 1994 waren wir schon hier mit Genuss entlang gefahren. Danach folgten angenehme Fahradstraßen bis Zehdenick. Hier fuhr ich zwar den Bahnhof von der falschen Seite an, doch es blieb genügend Zeit das zu korrigieren. Nach netten Unterhaltungen im (vollen) Zug nach Berlin klappte auch das Umsteigen am Ostkreuz ohne Probleme, der RE1 nach Brandenburg an der Havel war pünktlich und nicht sonderlich voll. Beim Ausstieg war ich fast alleine, aber ein netter junger Mann half mir sogar noch beim Gepäck.
Im (City-) Hotel bekam ich das Zimmer neben Rapunzel, also ganz oben (ohne Fahrstuhl). Es war ein Doppelzimmer und nett eingerichtet. Nach dem Duschen brach ich gleich (zu Fuß) auf zur Stadtbesichtigung, zumal sich am Himmel finstere Wolken zusammen fanden. Hunger hatte ich aber inzwischen auch. Gleich im Steintor befindet sich ein netter Imbiss mit Außengastronomie, der Soljanka anbot. Die wollte ich mir genehmigen. Leider war die letzte Portion gerade über den Tresen gegangen, so gab es für mich heute Currywurst, perfekt zubereitet, mit Krombacher Bier. Bei mir am Tisch saß ein historisch interessierter, zugewanderter Einheimischer, der mir viel über die Stadt erzählte. Inzwischen waren die Wolken erheblich dunkler geworden und ich musste ja noch über die komplette Neustadt-Insel zur schönen Dom-Insel und von dort zur Altstadt-Insel. Und noch zum Hotel zurück. Die Inseln sind durch diverse Havelbrücken verbunden.

Havelbrücke

Nachdem ich viel gesehen hatte, u. a. das schöne alte Rathaus und viele Waldmöpse, ging's über die Neustadt zurück. hier musste ich mich wg. eines ersten Schauers kurz unterstellen, doch dann ging's trocken weiter – fast im Dunkeln. Direkt vor dem Steintor ist noch ein Späti, hier nahm ich mir noch ein weiteres kühles Krombacher mit.
Als ich gerade in meinem Zimmer angekommen war, brach das Gewitter los: es stürmte und regnete so heftig, dass die andere Straßenseite nicht mehr zu sehen war. Recht bald danach ließ das Gewitter nach und ich erkundigte mich bei Steffi, ob ihr Camp auch davon betroffen war. Ja, es sei auch bei ihnen durchgezogen, aber ohne Schäden anzurichten. Ganz anders war dies in Brandenburg: erst am kommenden Tag erfuhr ich aus der Tagesschau, dass Brandenburg das Zentrum des Gewitters war, wohl auch ein kleiner Tornado im Spiel war und große Schäden hinterlassen hatte. Z. B. die Dom-Insel war am nächsten Tag komplett gesperrt.

Gewitterschäden in Brandenburg

Doch davon wusste ich noch nichts und schlief angenehm ruhig.

Mi. 16.8.23 (1 km)
Zugfahrt nach Hause!
Obwohl es das gute Frühstück erst ab 7 Uhr gab, schaffte ich den Zug nach Magdeburg um 7:55 Uhr – allerdings ohne Fahrrad-Fahrschein. Im Reisezentrum war Systemabsturz und der einzige Automat war auch nicht an. Ein netter Schaffner konnte mir aber das Gewünschte verkaufen. Die Bummelbahn von Magdeburg nach Braunschweig hatte geringfügig Verspätung, die sich aber weiter vergrößerte, weil Regionalbahnen dann schnellere Züge vorlassen müssen. So war in Braunschweig mein RE nach Hannover gerade weg, doch auf dem selben Gleis fuhr 20 Minuten später ein RE nach Bielefeld, das ist doch für Paderborn schon sehr günstig. Durch Recherche fand ich heraus, dass ich für Paderborn besser schon in Herford in eine Regionalbahn nach Paderborn umstieg. Und so war ich am Ende nur wenige Minuten später in meiner Heimatstadt als geplant.
Angelika holte mich am Bahnhof ab, es gab Kaffee und Kuchen. Nach Duschen und Auspacken ging es gleich auf eine Kulturveranstaltung des Riemekefests im Clarissenkloster.

Sa. 19.8.23
Heute war der Höhepunkt des Riemekefests mit einer wunderbaren Musikveranstaltung (Got2Blues). Ohne lange zu überlegen hatte ich mein altes Puhdys-Tshirt angezogen. Als wir wg. der starken Sonne zunächst noch unter einem Zeltdach saßen, nahm ich hinter mir stark angesäuselten Gesang wahr. Es handelte sich um eine gesellige Gruppe aus den neuen Bundesländern, denen mein Hemd aufgefallen war und die mir zu Ehren "Alt wie ein Baum" angestimmt hatten. Es war mir zwar peinlich, dass ich es nicht erkannt hatte, aber so kam zu den netten Begegnungen in MeckPomm und Brandenburg eine weitere mit Einwohnern des Osten Deutschlands dazu.

So. 20.8.23
Auf die Nachfrage, ob Steffi das Camp und die Heimfahrt gut überstanden habe, teilte sie mit, dass sie auch noch die restliche Strecke von Zehdenick/Mildenberg bis Berlin mit ihrem Rad zurück gefahren sei. Somit hat sie den kompletten Radweg Berlin-Kopenhagen bis auf eine kurze Zugfahrt per Rad gemeistert!

Fazit:
Eine tolle und abwechselungsreiche Tour! Höhepunkt in Dänemark ist natürlich Kopenhagen, das an Sehenswürdigkeiten kaum zu übertreffen ist. Aber auch mal ein schöner Badeort wie Rødvig oder die Fahrradfahrt über eine Hochseebrücke sind sehr reizvoll. Glück hatten wir mit der "Hanse Sail" in Rostock. Trotz Rostock wirken Mecklenburg und Brandenburg irgendwie ländlicher als Dänemark.
Das Fahrradfahren selbst war bei uns ganz unspektakulär, auf geteerten Wegen sind 16- oder 20-Zoll-Räder kein Nachteil gegenüber 28 Zoll. Wir hatten beide ein harmonisches und zügiges Tempo, kamen immer gut voran und erreichten die selbst gesteckten Ziele mühelos. Beide freuen wir uns schon auf eine nächste gemeinsame Tour, selbst wenn bei der mal nicht alles klappt.

Christiania Wonderland


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